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Meinung Studie mit Fußball-Fans

Am Ende soll immer Chauvinismus rauskommen

Politischer Korrespondent
23.06.2024, Baden-Württemberg, Stuttgart: Fußball: EM, Public Viewing Deutschland - Schweiz. Zahlreiche Deutschland-Fans jubeln während des Public Viewings auf dem Schlossplatz. Foto: Christoph Schmidt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++ 23.06.2024, Baden-Württemberg, Stuttgart: Fußball: EM, Public Viewing Deutschland - Schweiz. Zahlreiche Deutschland-Fans jubeln während des Public Viewings auf dem Schlossplatz. Foto: Christoph Schmidt/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Deutsche Fußball-Fans auf dem Stuttgarter Schlossplatz
Quelle: dpa
Das Institut für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung der Universität Bielefeld will mit einer Umfrage zur EM herausfinden, wie rassistisch deutsche Fußball-Fans sind. Doch die Art der Fragen lässt vermuten, dass für die Forscher das Ergebnis schon feststeht.
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Mit der richtigen Fragestellung kann man sich fast jedes Umfrageergebnis zurechtbasteln, das einem in den Kram passt. Mit einer verschachtelten Fragestellung bog sich zum Beispiel die Bertelsmann-Stiftung vor einigen Jahren eine Bevölkerungsstimmung gegen Steuererhöhungen für Reiche zurecht – obwohl das Ergebnis eigentlich ganz andere Rückschlüsse nahelegte. Doch auch in der vermeintlich linken quantitativen Sozialforschung drückt man Umfrageteilnehmer unsanft in Richtung des Ergebnisses, das man offenbar erzwingen will.

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Andreas Zick, Leiter des Instituts für interdisziplinäre Konflikt- und Gewaltforschung an der Universität Bielefeld, liefert dafür gerade ein Paradebeispiel. Zick bittet bei Twitter darum, an einer „Fan-Umfrage“ teilzunehmen. „Wer wird Europameister? Wie findet Ihr das Turnier?“ Klingt harmlos, oder?

Doch wer an der Umfrage teilnimmt, erkennt schnell, worauf Zick eigentlich hinaus will. Nein, es geht nicht um Ticket-Verfügbarkeit, hohe Bierpreise, die Qualität der Begegnungen oder die schlecht organisierte Nahverkehrsinfrastruktur.

Zick versucht offensichtlich, empirische Anhaltspunkte für Ethno-Nationalismus, Rassismus und autoritäre Einstellungen unter Fußball-Fans zu identifizieren, ohne sein Anliegen transparent zu machen. Dabei geht es vor allem um deutsche Fans, denn die Umfrage lässt sich nur auf Deutsch ausfüllen. Für den etwaigen Rassismus jener, die kein Deutsch sprechen, interessiert man sich offenbar nicht.

Das Anliegen wäre an sich nicht zu kritisieren – wenn die Formulierung der Fragen und Antwortmöglichkeiten die Teilnehmer nicht erkennbar in eine bestimmte Richtung drängen würde.

Doch genau das ist der Fall. Zick fragt zum Beispiel, welche Faktoren für den Turniererfolg der Nationalmannschaft des Landes wichtig seien, die man unterstütze. Zur Auswahl stehen mehrere Antwortmöglichkeiten. „Stolz auf die eigene Nation“, „Abgrenzung von anderen Nationalmannschaften“, „Kultur und Charakter des Landes, für das die Spieler spielen“, „Klare Führung der Spieler“ – also vier Antwortmöglichkeiten, von denen Zick vermutlich auf Nationalismus, Autoritarismus und Chauvinismus schließen wird.

Sport-zentrierte Antwortmöglichkeiten sind dagegen rar. Nur Taktik oder die technischen Fähigkeiten der Spieler stehen zur Auswahl. Wenn man wirklich Fußballfans adressieren wollte, hätte man zum Beispiel auch „Kaderzusammenstellung“ oder „Gegnerstärke“ hinzufügen können – also all das, worüber die Fußball-Welt tatsächlich diskutiert. Andere Faktoren lassen sich aber nur unter „Anderes“ eintragen. Stattdessen wirkt die Verteilung der Antwortmöglichkeiten eher so, als wolle man den Teilnehmern bestimmte Haltungen unterjubeln.

Diese unterschwellige Beeinflussung zieht sich durch das gesamte Online-Formular. „Was meinen Sie, was macht eine Fußballnationalmannschaft allgemein erfolgreich und was eher nicht?“ – Vermutlich als problematisch zu interpretierende Antwortmöglichkeiten: Nationalstolz, Kulturgemeinschaft, aggressives Spiel, Kampfgeist, Herkunft der Spieler, ähnliche Hautfarbe.

„Unproblematische“ Antwortmöglichkeiten gibt es erneut weniger: Vielfalt, Teamgeist, Trainerteam und Fan-Unterstützung. Viele andere mögliche Faktoren (etwa aktuell den Videobeweis und den Chip im Ball) kann man nicht auswählen.

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Teilweise werden nicht einmal Fragen gestellt, sondern die Haltung zu Statements erfragt, was allein schon einen Zustimmungs-Bias erzeugen kann. Etwa: „Fußball ist Männersache.“ Was genau soll mit dieser banalen Vorgabe ermittelt werden? Was bedeutet sie überhaupt?

Nur Männer sollen Fußball spielen, nur Männer sollen zuschauen dürfen, Spiele kommentieren? Man erfährt es nicht. Vermutlich, um unterbewusste Abwertungsmuster zu identifizieren, obwohl die Art der Frage eher darauf schließen lässt, dass man diese erzeugen will. Vielleicht würde man mit der Frage: „Finden Sie, dass Frauenfußball ebenso eine Daseinsberechtigung hat wie Männer-Fußball?“ ganz andere Antworten bekommen.

Ähnlich aufgeladen ist das Statement: „Homosexualität hat im Fußball nichts verloren!“ Möglicherweise antworten hier Fans mit „stimme eher zu“, die sich von medial breit getretenen Debatten über „One Love“-Kapitänsbinden und Pride-Kampagnen belästigt fühlen, aber ansonsten nichts gegen Homosexuelle haben. Ebenso gut könnte man als Statement vorgeben: „Die sexuelle Orientierung von Spielern ist mir egal.“

Teilweise wiederholen sich Fragestellungen in ähnlicher Form. Etwa, wenn mehrfach in verschiedenen Versionen nach Haltungen zu Vielfalt, nationaler Identität und Beleidigungen im Fußball-Umfeld gestellt werden.

Gefragt wird auch nach Haltungen zu Israel

Vollkommen zusammenhanglos fragen die Forscher zweimal fast wortgleich nach Haltungen zu Israel. Sollte man das Land wegen des Gaza-Kriegs aus der Fifa ausschließen? Finden Sie es falsch, dass Israel nicht aus der Fifa ausgeschlossen wird? Doppelt hält offenbar besser.

Eigentlich gibt es nur ein einziges interessantes vorgegebenes Statement: „Die Fußball-Europameisterschaft 2024 verdeckt, dass mein Land eigentlich tief gespalten ist.“ Hier hätte es aufschlussreich werden können. Hält sich ein sozio-ökonomisch auseinandergedriftetes Deutschland am Fußball als Ersatz für echten gesellschaftlichen Zusammenhalt fest? Leider fragen die Forscher hier nicht nach.

Am Ende der „Fan-Umfrage“ wird endgültig deutlich, welche Zusammenhänge Zick und Co. herausarbeiten wollen. Natürlich fragen sie, ob man sich politisch eher links oder rechts verorte – und welche Partei man wählt. Die nächste AfD-Wähler-Charakterstudie ist offenbar schon in Arbeit. Um noch plakativere Zusammenhänge zu erforschen, hätte man noch nach der Corona-Impfpflicht fragen können oder wie man zu fleischloser Ernährung steht.

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Sorgfalt lassen die Forscher bei der Parteienauflistung übrigens vermissen. Die rechtsradikale NPD steht etwa zur Auswahl, obwohl diese sich mittlerweile „Die Heimat“ nennt. Man kann auch die seit Jahren irrelevante Piratenpartei auswählen, nicht aber Volt, die Freien Wähler oder das BSW, obwohl deren Wahlergebnisse ähnlich oder besser sind als die der Linkspartei, die man auswählen kann, obwohl sie mittlerweile nur noch als irrelevante Kleinpartei bezeichnet werden kann.

Man darf gespannt sein auf die Ergebnisse dieser Erhebung, die vermutlich genau die gewünschte Headline hervorbringt. Mit an Erkenntnisgewinn interessierter, unvoreingenommener empirischer Sozialforschung hat das allerdings nichts zu tun.

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