Wenn man in Barcelona nicht unbedingt in ein Sterne-Restaurant gehen möchte, führt laut diverser Bewertungsportale und Rezessionen am „LAB“ kein Weg vorbei. Der Weg ins Restaurant führt mich quer durch die Stadt und so ist man vom Zentrum gute 25 Minuten unterwegs, was Sie bei einer Anreise bedenken sollten.
Restaurantleiterin und, wie sich später herausstellen sollte, einzige Servicekraft Natalia Puente begrüßt mich recht herzlich und führt mich durch den sehr kleinen, aber dennoch gemütlichen Gastraum zu meinem Tisch. Insgesamt befinden sich 8 Gäste im Restaurant und so ist man „fully booked“, wie Natalia mir mitteilt.
Im Lab, welches nun seit 3 Jahren geöffnet hat, kocht Oscar Ferré und zwar komplett alleine in der Küche. Dies und noch einige andere Anekdoten erzählt er mir beim Digestif am Tresen in der Küche am Ende des Abends.
Trotz Aperitif im Vorfeld im Hotel, ist der Blick in die Champagnerkarte ernüchternd. Auf der Seite der Espumosos und Champagner befinden sich drei Cavas und ein Champagner. Hierbei handelt es sich um Krug, was natürlich in Anbetracht des Prestiges ein tolles Haus ist, aber man meiner Meinung nach definitiv ein paar kleinere Winzer aus der Champagne auf die Karte nehmen sollte. So entscheide ich mich für einen Weißwein Los Les Fites dem Priorat, sowie einen Fina Gravonia. Später im Menü gibt es einen Rotwein aus dem Rioja Gran Reserva Cosecha 2011 aus dem Hause Rioja Alta und einen „Venus La Universal 2017“ aus dem Hause Sara Pérez. Alle Weine begleiten das Menü hervorragend, wobei der Cosecha besonders zu begeistern weiß.
Das 13 gängige Menü schlägt mit 59 Euro zu buche, was ich preislich sonst nur von Adrian Quétglas (1 Stern, Palma de Mallorca) kenne.
Die Küche startet in den Abend mit einem dünnen Waffelröllchen, welches mit einer leicht aufgeschlagenen Foie Gras Creme gefüllt wurde. Dazu gibt es ein durchsichtiges „Blatt Papier“ aus Schinken. Hier kann man schon leicht erkennen, wo an diesem Abend die Reise hingeht. Das „Blatt“ wurde aus dem Fett vom Schinken hergestellt und fängt den Iberico Geschmack hervorragend ein. Das Röllchen mit Foie Gras könnte nicht besser gemacht sein und ist trotz seines intensiven Aromas herrlich leicht.
Im nächsten Gang serviert Oscar einen Flan von Mais, welcher mit einem Schaum vom Seeigel bedeckt wurde. Der starke Geschmack des Seeigels ist normalerweise nicht meine Sache; hier allerdings ist er nur ganz subtil eingesetzt und durch die Süße des Mais eine echte Bereicherung.
Im vierten Gang wird es rauchig. Dieser Gang polarisiert und wird nicht jedermanns Geschmack treffen, da die Raucharomen sehr intensiv sind. Es gibt einen sehr frischen Sud von Erbsen, welcher gut einreduziert wurde. En top befindet sich ein gerauchtes Eis, bei welchem die Milch im Smoker geräuchert wurde. Darüber wurden kleine Krümel von getrockneten Oliven gestreut.
Nun zu einem Gang, bei dem man sich in einem Restaurant von Dani Garcia (ehemaliger und vielleicht bald auch wieder Sternekoch) befinden könnte. Es gibt einen Ensalada Verde, bei welchem sich in der Mitte eine rekonstruierte Tomate befindet, wie man sie aus Dani Garcias Küche (Nitro Tomate) kennt. Über einem sehr essiglastigen Gelee befinden sich klein geschnittene Äpfel, Peperonis, Frühlingszwiebeln und kleine Gürkchen. Dieser Gang soll den Mund wieder „reinigen“ nach den starken Raucharomen und dies funktioniert ganz wunderbar und schmeckt auch noch dazu.
Im sechsten Gang gibt es einen Ravioli, welcher aus dünnen Calamaretti-Scheiben hergestellt wurde. Hierzu wurde der Calamaretti ausgekocht und dann mit einer Form ausgestochen. Gefüllt wurde dieser ebenfalls mit Calamar und befindet sich auf einer sehr stark einreduzierten Consommé vom Hühnchen. Dazu gibt es Croûtons für den Crunch und zwei Anisblüten, welche noch etwas Leichtigkeit ins Gericht bringt. Mitunter der stärkste Gang des Abends.
Oscar serviert nun ein Eigelb, welches von Spargel, Calamarbeinen und Mandarinenblätter begleitet wird. Auch hier ein äußerst innovativer Gang welcher durch das Eigelb eine schöne Geschmeidigkeit erlangt und vor allen Dingen mit dem Geschmack der Mandarinenblätter punktet, bei denen man ursprünglich vermutet hätte, dass es sich um Minze handelt. Stark!
Nun zum Gewinner des Abends. Es gibt ein Ragout von Gambas, welches in zwei halben Bällchen serviert wird. Hierzu gibt es einen stark einreduzierten Fond von Krustentieren. Als Beilage dienen knackige Perlzwiebeln, frische Ananas und Kaviar. Gerade in Kombination mit der leichten Säure der Ananas und den knackigen Perlzwiebeln, ist diese Komposition eine Aromenexplosion am Gaumen.
Ich komme zum ersten Fleischgang und es wird rustikal. Es gibt einen ausgebackenen Donut, welcher mit Pulled Ochsenschwanz gefüllt wurde. Dazu eine stark einreduzierte Jus vom Ochsenschwanz. Man kann festhalten; Saucen und Jus kann Oscar…..;-)
Als Fingerfood nimmt man den Donut und tunkt ihn in die sehr kräftige Jus. Ein Gang, der wirklich sehr viel Freude bereitet.
Im letzten Fleischgang wird ein knuspriges Stück vom Spanferkel serviert. Dieses ist kross gebraten und dennoch durch den Fettanteil sehr saftig. Dazu gibt es ein Püree vom Apfel, was den Gang etwas frischer erscheinen lässt. Puristisch und dennoch gut.
Im ersten Dessert wird es direkt experimentell. Dazu hat Oscar kleine Blumenkohlstücke in Schokolade mariniert. Passionsfrucht in kleinen Klecksen, weiße Schokolade la Sauce und Mandeln schaffen es ebenfalls auf den Teller. Ein sehr starker Auftakt in die süße Abteilung des Menüs.
Im nächsten Dessert gibt es eine feste, bisquitähnliche Schnitte gefüllt mit einem fermentierten Erdbeermousse. Obenauf gibt es noch einen Klecks vom schwarzen Knoblauch. Eine sehr leichte Komposition, welche das Aroma der Erdbeere gut einfängt.
Im letzten Gang des Abends gibt es die süßeste Zwiebel. Hierzu wurden kleine Zwiebeln gekocht und kommen in einem süßen Sud auf den Teller. Hierzu gesellen sich Erdnüsse und Schokoladenaromen, welche noch einen schönen Crunch geben. Ein perfekter Abschluss des 13. gängigen Menüs.
Insgesamt ein sehr starker Abend, durch den Natalia, welche übrigens sehr gut englisch spricht, charmant und versiert führt. Beim Digestif am Tresen der Küche suche ich vergeblich einen Thermomix oder Pacojet, welche mittlerweile in keiner gehobenen Küche mehr fehlen. Oscar kocht mit Leidenschaft und den Gerätschaften, die in der winzigen Küche Platz finden. Ich bin begeistert, kann die durchweg positiven Rezessionen verstehen und komme ganz sicher wieder.
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