Debatte über Wachstumspaket

Die Ampel verspricht den Wirtschaftsturbo, Ökonomen bleiben skeptisch

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kurz vor der Präsentation von Haushalt und Entlastungspaket: Einstieg in die Wirtschaftswende.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) kurz vor der Präsentation von Haushalt und Entlastungspaket: Einstieg in die Wirtschaftswende.

Für die Ampelparteien gibt es zwei große Hürden auf dem Weg zur Bundestagswahl 2025. Die Aufstellung des Haushalts war die eine – ohne die würde es das Regierungsbündnis gar nicht erst bis ins Wahljahr schaffen. Die andere Hürde ist das Wirtschaftswachstum. Wenn die Konjunktur bis zum Sommer nicht anspringt, können sich SPD, FDP und Grüne den Wahlkampf im Prinzip sparen.

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Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) sind schon länger der Meinung, dass die Regierung der Wirtschaft unter die Arme greifen muss. Inzwischen hat sich auch der lange widerspenstige Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) überzeugen lassen. Parallel zu den Haushaltsverhandlungen haben die drei ein Dynamisierungsprogramm für die Wirtschaft erarbeitet, das sie am Freitag der Öffentlichkeit präsentierten. „Wir werden eine Wachstumsinitiative auf den Weg bringen, um dem Wirtschaftswachstum einen zusätzlichen Impuls zu verleihen“, sagte Scholz. Das Wachstumsprogramm sei nicht weniger als der „Einstieg in die Wirtschaftswende“, sagte Lindner.

Die wichtigsten Maßnahmen im Überblick

Auf 49 Einzelmaßnahmen zur Entlastung der Wirtschaft haben sich die Koalitionäre verständigt. Sie wollen unter anderem:

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  • Investitionsanreize erhöhen: Kauft ein Unternehmen eine neue Maschine, soll diese schneller steuerlich geltend gemacht werden können. Die bereits jetzt geltende vereinfachte Abschreibung wird bis 2028 verlängert und von 20 auf 25 Prozent erhöht. Auch sollen Forschungszulagen ausgeweitet und mehr zinsverbilligte Darlehen durch die Staatsbank KfW ausgegeben werden. Außerdem ist eine Sonderabschreibung für Elektroautos geplant. Dadurch werde die Automobilindustrie „einen Push“ bekommen, sagte Habeck.
  • Bürokratie abbauen: Künftig soll es ein jährliches Gesetz zum Abbau überflüssiger Regeln gegeben. Regelmäßige Praxischecks sollen klären, welche Vorschriften sich bewährt haben und welche nicht. Vereinfachungen sind auch beim Vergaberecht und dem Datenschutz geplant. Außerdem sollen Exportkontrollen beschleunigt werden.
  • Das Lieferkettengesetz schleifen: Die Regierung will die europäischen Standards beim Lieferkettenschutz schnell implementieren. Dadurch werden zwei Drittel der Unternehmen, die bislang von der deutschen Regelung betroffen sind, aus der Berichtspflicht herausfallen. Jene europäischen Bestimmungen, die strenger als die deutschen sind, sollen erst zum spätestmöglichen Zeitpunkt umgesetzt werden.
  • Energiepreise dämpfen: Die bislang nur vorübergehende Senkung der Stromsteuer auf das europäische Minimum wird entfristet, die Strompreiskompensationen für die Wirtschaft bis 2030 verlängert. Die frühere EEG-Umlage soll nicht mehr durch den Klima- und Transformationsfonds (KTF), sondern im regulären Haushalt finanziert werden. Außerdem will die Regierung die zuletzt stark gestiegenen Netzentgelte senken.

Das Gesamtpaket soll nach Berechnungen der Bundesregierung das Potenzial haben, ein zusätzliches Wirtschaftswachstum von mehr als einem halben Prozent auszulösen.

Doch ist das realistisch? Der Direktor des gewerkschaftsnahen Instituts für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK), Sebastian Dullien, ist skeptisch. „Die Initiative für Wachstum enthält viele sinnvolle Elemente, die das Wachstum steigern könnten, allerdings auch Elemente, die vor allem den Staat Geld kosten, ohne einen großen Wachstumseffekt zu bringen“, sagte Dullien dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Sinnvoll und klar wachstumsfördernd“ seien beispielsweise die Verbesserungen von Abschreibungsbedingungen und Forschungszulagen, so der Ökonom. Die angekündigten Maßnahmen zum Bürokratieabbau seien dagegen zwar ebenfalls sinnvoll, dürften aber nach seiner Einschätzung kurzfristig kaum Wachstum bringen.

Der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Clemens Fuest, lobte die Initiative, mahnte aber weitere Reformen an. „Das Paket ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber weitere müssen folgen���, sagte Fuest dem RND. „Richtig ist, dass nicht nur auf Strohfeuereffekte abgezielt wird, sondern auf bessere Bedingungen für private und mehr öffentliche Investitionen“, so der Ökonom. „Die Richtung stimmt, was die Größe der Effekte angeht, muss man sehen, wie die Details sind und ob die Bundesländer bei zustimmungspflichtigen Gesetzen mitmachen.“

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Da der Bundeshaushalt insgesamt leicht schrumpfe, Investitionen aber steigen, müssten die eher konsumtiven Ausgaben spürbar sinken. „Das wird kurzfristig den positiven Wachstumseffekten des Dynamisierungspakets entgegenwirken“, so Fuest weiter. Wichtiger als kurzfristige Wachstumseffekte sei aber die langfristige Steigerung der Produktivität. In dieser Hinsicht sieht der Ifo-Chef noch Luft nach oben. „Wenn die Politik mehr Wachstum will, brauchen wir grundlegende Reformen für mehr Arbeitsangebot, mehr private und öffentliche Investitionen sowie mehr Innovationen und Unternehmensgründungen“, betonte er.

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