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Städtereisen Südafrika

Warum es Johannesburg gar nicht geben dürfte

Wer Südafrika jenseits des herausgeputzten Kapstadt und der Safari-Nationalparks erleben will, kommt um Johannesburg nicht herum – der schwierigen Sicherheitslage zum Trotz. Die Metropole bietet Besuchern einen Crashkurs in Kunst, Kulinarik und Geschichte.
Die Stadt verdankt ihre Existenz und das einst schnelle Wachstum der Entdeckung von Gold in der Gegend Die Stadt verdankt ihre Existenz und das einst schnelle Wachstum der Entdeckung von Gold in der Gegend
Johannesburg – die Stadt verdankt ihre Existenz und das einst schnelle Wachstum der Entdeckung von Gold in der Gegend
Quelle: Tobias Sauer
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Alle paar Monate öffnet das August House im Stadtzentrum von Johannesburg seine Tore. Besucher können im Kunsthaus dann einen Blick auf neue Gemälde, Skulpturen und Installationen erhaschen und den Künstlern bei der Arbeit zusehen.

Black Mabutho etwa, der ausdrucksstarke Frauenköpfe im Stil von Street-Art malt. Oder der Bildhauerin Nthati Machesa, die Persönlichkeiten der südafrikanischen Geschichte als Vorlagen für Spielfiguren eines Schachspiels nutzt – ein doppelbödiger Ansatz, historisches Wissen zu vermitteln und die Realitäten globaler Machtpolitik zu kritisieren.

Fällt der Blick aus den Fenstern des einstigen Industriegebäudes, fühlen sich Besucher indes zwangsläufig in die harsche Realität Johannesburgs im 21. Jahrhundert versetzt: Müllhaufen an vielen Straßenecken sind zu sehen, etwas weiter entfernt sitzen Obdachlose auf Holzpaletten um ein Lagerfeuer.

Quelle: Infografik WELT

Das Stadtzentrum von Johannesburg ist alles andere als ein Touristenmagnet. Es steht im begründeten Ruf, zwar spannend, aber eben auch heruntergekommen und gefährlich zu sein. Eine Realität, die dazu führt, dass viele Südafrika-Besucher lieber einen großen Bogen um die größte Metropole des Landes machen. Sie fliegen direkt ins schmucke Kapstadt, reisen entlang der Südküsten-Panoramastrecke Garden Route oder besuchen die Nationalparks, um dort auf Safari die beeindruckende Tierwelt des Landes zu entdecken.

Selbst Nelson Mandela war eingeschüchtert, als er zum ersten Mal nach Johannesburg kam. In seinen Memoiren „Der lange Weg zur Freiheit“ charakterisiert der 1994 gewählte erste Präsident des freien Südafrika die Stadt als Ort von „danger and opportunity“, von „Gefahren und Möglichkeiten“.

Der beste Weg, mit dieser Lage umzugehen, besteht darin, beides abzuwägen. Wer auf Nummer sicher gehen will, bucht zum Beispiel eine geführte Tour und ist offen für die vielen Möglichkeiten. Schließlich ist die Stadt ein Hotspot für Kunst, Kulinarik und Geschichte, das Herz Südafrikas.

„Um unser Land zu verstehen, muss man erst einmal Johannesburg verstehen“, sagt Charlie Moyo. Seit Jahren führt der Guide seine Gäste quer durch das Stadtzentrum. Dorthin, wo Johannesburg und damit das moderne Südafrika entstanden ist.

Lesotho liefert Johannesburg Wasser

„Johannesburg ist eine Stadt, die es gar nicht geben dürfte“, erklärt Moyo gleich zu Beginn seiner Tour. Weil die Stadt auf einer trockenen Hochebene liegt, rund 1800 Meter über dem Meer. Fernab von Flüssen und Seen fehlt es an Trinkwasserquellen, nicht einmal Bäume wachsen hier normalerweise – kaum zu glauben, angesichts des üppigen Straßengrüns und der unzähligen Jacaranda-Bäume, die die Stadt alljährlich in ein lila leuchtendes Blütenmeer tauchen. Das sei alles angepflanzt worden, versichert Moyo. Das Wasser für Johannesburg werde über Hunderte Kilometer aus dem Nachbarland Lesotho eingeführt.

Ein lila leuchtendes Blütenmeer: Johannesburg und seine unzähligen Jacaranda-Bäume
Unzählige Jacaranda-Bäume verwandeln die Stadt alljährlich in ein lila leuchtendes Blütenmeer
Quelle: Martin Harvey/The Image Bank/Getty Images

Sowohl die blühenden Jacarandas als auch das Hochhausmeer der Innenstadt, das ein wenig an die Skyline von Manhattan erinnert, verdanken ihre Existenz einigen Glücksrittern, die 1886 am Witwatersrand eine sagenhafte Entdeckung machten: Gold und noch mehr Gold.

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Die Vorkommen unterhalb der Stadt gelten bis heute als das größte Goldrevier der Welt. In kürzester Zeit habe sich aus einer bescheidenen Hüttensiedlung die größte Stadt Südafrikas entwickelt, geprägt von Bergbauunternehmen und Banken, erklärt der Stadtführer: „Unter dem Turm der Standard Bank führt ein Schacht 1000 Meter tief in den Fels, direkt zu einer Goldader.“

Moyo begleitet seine Gruppe in die ehemalige Börse von Johannesburg, ein leer stehendes Gebäude aus den 1970er-Jahren, das an eine dem Kapitalismus geweihte Kathedrale erinnert. Buntglasfenster rufen den Gott des Handels an, „Commerce“ ist dort zu lesen. Während der Zeit der Apartheid zwischen den 1940ern und 1980ern floss der ungeheure Reichtum des Landes an weiße Unternehmer – die großzügigen Villenvororte Johannesburgs zeugen davon.

Schwarze hingegen wurden für Hungerlöhne in den Minen und Fabriken ausgebeutet. Sie durften nur in den Townships wie Alexandria und Soweto leben. Hoffnungslos überbevölkert, bauten die Bewohner dort provisorische Häuser und Hütten. Armut und Perspektivlosigkeit waren in den Townships allgegenwärtig, Kriminalität bald die Folge. Schon in den 1950ern hatte Johannesburg deshalb den Ruf einer gefährlichen Großstadt, nachzulesen in Alan Patons Literaturklassiker „Denn sie sollen getröstet werden“.

Die Absurdität der Apartheid im Museum

Wie die Zeit der Rassentrennung von 1948 bis 1994 Südafrika geprägt hat, welches schreiende Unrecht sie allein auf Basis der Hautfarbe schuf und wie es am Ende friedlich – unter Führung von Nelson Mandela – überwunden wurde: All das beschreibt eindrucksvoll das Apartheid-Museum, nicht weit vom Stadtzentrum.

Besucher erleben bereits beim Betreten die Absurdität und den grausamen Geist der Apartheid am eigenen Leib: Das Museum hat zwei Drehtüren, die linke mit der Aufschrift „Weiße“, die rechte ist nur für „Schwarze“. Durch welchen Eingang man das Haus betreten darf, hängt davon ab, ob eine „weiße“ oder „schwarze“ Eintrittskarte ausgestellt wurde.

Viele der damals geschaffenen Probleme wurden nach dem Ende der Apartheid nicht gelöst und belasten Südafrika bis heute – Statuen wie der kraftvollen Skulptur „Democracy is Dialogue“ vor den Treppen der City Library im Stadtzentrum zum Trotz. Sozialer Aufstieg bleibt bis heute oft ein Traum, die mit Armut und Massenarbeitslosigkeit verbundene Kriminalität ein dauernder Albtraum.

Vor den Treppen der City Library im Stadtzentrum: die Skulptur „Democracy is Dialogue“
„Democracy is Dialogue“: So heißt die Skulptur vor den Treppen der City Library im Stadtzentrum
Quelle: Tobias Sauer

Um im Sinne von Mandela die Möglichkeiten der Stadt zu erleben, sollten Johannesburg-Besucher ein paar Vorsichtsmaßnahmen ergreifen, rät Moyo. Die wichtigste: den gesunden Menschenverstand einsetzen. Keine Wertgegenstände offen zur Schau tragen. Am besten bargeldlos zahlen und wenig Bargeld mitführen. Nachts und im Dunkeln einsame Orte meiden und ein Auto mit Chauffeur über Fahrdienstleister wie Uber bestellen.

Keine komplette No-go-Area

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Zugleich warnt der Stadtführer vor übertriebener Angst. Auf seinen Touren, versichert er, sei noch niemandem auch nur etwas gestohlen worden, von Überfällen ganz zu schweigen. Die Stadt sei schließlich keine komplette No-go-Area. Und sie ist übrigens auch kein Ort, für den das Auswärtige Amt eine Reisewarnung ausgegeben hat.

Trotz aller Probleme ist das Stadtzentrum weiterhin ein Kaleidoskop der Möglichkeiten, ein Magnet für kreative Menschen. Wer die Augen aufhält, entdeckt eine Stadt, die regelrecht zu brodeln scheint. Erstklassige Techno-DJs aus aller Welt etwa legen an den Wochenenden bei der Partyreihe „Toy Toy“ auf, die im „&Club“ zu Hause ist – in einer etwas einschüchternden Straße zwischen einem alten Getreidesilo und einer Autobahn.

Nicht weit entfernt öffnen beim „Playground“ an Samstagen auf einer Dachterrasse ein kleiner Markt und Streetfood-Läden, während Musik für entspannte Stimmung sorgt. Und abends trifft sich im „Shakers“ die queere Community zum Feiern. Überhaupt haben sich Schwule und Lesben in der Metropole eine einmalige Subkultur geschaffen. Der Johannesburg Pride ist die größte Demonstration für Gleichberechtigung in ganz Afrika. Anders als etwa in Uganda müssen Homosexuelle in Johannesburg nicht um ihr Leben fürchten.

Die Vielfalt Johannesburgs spiegelt sich auch in den Küchen der Stadt wider. In Yeoville, nahe am Stadtzentrum, öffnet Sanza Sandile regelmäßig die Zimmer eines kleinen Stadthauses zum „Yeoville Dinner Club“. Einst war Yeoville ein vor allem jüdisches Viertel. Heute leben hier Menschen aus allen Ecken und Enden Afrikas, auch Sandile.

Wenn er auf den Markt geht, hört er von den unterschiedlichsten Geschichten und Rezepten. „Ich bin wie ein Schmuggler“, beschreibt er sich selbst, „ich schmuggle alle diese Geschmäcker und Aromen und bringe sie hier an meinem Tisch zusammen.“ Abends serviert er senegalesische Hähnchen, angemacht mit Essig und Zitronen, scharfen mosambikanischen Fisch, Gerichte aus Äthiopien, Ägypten und Angola.

Südafrika: Die untergehende Sonne lässt ein Bürogebäude in Johannesburg strahlen
Die untergehende Sonne lässt ein Bürogebäude in Johannesburg strahlen
Quelle: picture-alliance/dpa/epa Jon Hrusa

„Das Essen bringt uns zusammen“, sagt er, und platziert seine Gäste aus Südafrika, den USA, Deutschland und vielen anderen Ländern um eine einzige riesige Tafel, an der gut und gern 20 Personen Platz finden. Ein perfekter Ort zur kulinarischen und geistigen Horizonterweiterung.

Günstige Ateliers für Künstler

Die Schwierigkeiten und die Hoffnungen, die sich mit dem Leben in Johannesburg verbinden, inspirieren auch viele Künstler. Mehrere Hundert Musiker, Maler und Bildhauer haben sich im Stadtzentrum niedergelassen. Man sieht es an frisch gemalten Wandbildern, an Galerien und am eingangs erwähnten August House in einem ehemaligen Fabrikgebäude.

Geführt wird das Kunsthaus von der Meta Foundation, die sich für die Förderung der Künste einsetzt. Sara Hallatt arbeitet für die Stiftung und erklärt das Konzept: „Viele Künstler können ihre Ateliers nur dort einrichten, wo die Preise nicht zu hoch sind. Wir bieten günstige Ateliers und helfen mit Fortbildungen, sich eine Existenz aufzubauen.“ Rund 40 Künstler nutzen das Haus, um sich gegenseitig zu unterstützen, mit praktischen Tipps, kollegialem Austausch und als Freunde.

So wie Alpheus Ngoepe. Der 28-Jährige beschäftigt sich mit der Frage, warum und wie die Bewohner Johannesburgs angesichts der Probleme ihrer Stadt zusammenhalten. Für eines seiner Werke hat er auf einen schwarzen Untergrund viele sich überlappende unterschiedlich zerrissene Fetzen aus Pappe geklebt, die er zuvor in allen Farben des Farbkastens angemalt hatte. Grün, lila und rot leuchtet die Collage, oft blitzt es golden auf.

Der Künstler Alpheus Ngoepe vor seinem Werk „eGoli“
„eGoli“ – so hat hat Alpheus Ngoepe das Werk genannt, vor dem er hier steht
Quelle: Tobias Sauer

Weil die Fetzen nur an einer Seite geklebt sind, kann man sie vorsichtig anheben. Unter der chaotischen, farbenfrohen Oberfläche kommt dann der dunkle Untergrund wieder zum Vorschein. Er ist immer da, nur etwas versteckt. „eGoli“ hat Ngoepe das Werk genannt. Auf Zulu, der Sprache, die die meisten Bewohner der Stadt sprechen, ist das der Name Johannesburgs. Übersetzt heißt das „Stadt des Goldes“.

Tipps und Informationen:

Anreise: Von Deutschland aus fliegt Lufthansa nonstop über Nacht nach Johannesburg. Alternativ bestehen zahlreiche Umsteigeverbindungen. Johannesburg ist als Drehkreuz sehr gut international eingebunden.

Unterkunft: Im Stadtzentrum wurden die Ponte Towers, ein zylinderförmiges Hochhaus, spektakulär renoviert (Apartment buchbar über AirBnB, ab 40 Euro pro Nacht), allerdings zählt die Umgebung insbesondere nachts nicht zu den besten Gegenden. Entspannter schläft es sich im Vorort Rosebank im Boutiquehotel „54 on Bath“ (Doppelzimmer ab 170 Euro) oder in Sandton im „Radisson Blu Gautrain Hotel“ (Doppelzimmer ab 100 Euro). In beiden Suburbs betreiben viele weitere internationale Hotelketten Häuser.

Stadterkundung: Am sichersten bewegt man sich in Johannesburg mit Fahrdienstleistern wie Uber. Eine Stadttour zu Fuß bietet Charlie Moyo, er kennt alle Details aus Stadtgeschichte und Gegenwart. An bestimmten Tagen öffnet das Kunsthaus August House für Publikum. Jeweils am ersten Sonntag im Monat präsentieren sich in den Victoria Yards Kunsthandwerker, Designer und Modeschöpfer. Viele Galerien öffnen am ersten Donnerstag im Monat ihre Türen. Zum „Yeoville Dinner Club“ lädt Gastgeber Sanza Sandile, Teilnahme nur mit Reservierung.

Weitere Infos: South African Tourism

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