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Fernreisen Namibia

Die Wüste weist den Menschen in seine Schranken

In Namibia kann man einen der extremsten Lebensräume der Erde erleben: die Wüste Namib. Sie fasziniert mit ihrer Anmut, ihrer überraschenden Artenvielfalt – und ihrer Unberechenbarkeit. Den Besucher lehrt sie Demut, und das eigene Dasein neu zu hinterfragen.
Namibia: Touristen wandern durch den Sesriem Canyon; er ist das Tor zur Landschaft von Sossusvlei mit ihren bis zu 385 Meter hohen Dünen Namibia: Touristen wandern durch den Sesriem Canyon; er ist das Tor zur Landschaft von Sossusvlei mit ihren bis zu 385 Meter hohen Dünen
Touristen wandern durch den Sesriem Canyon. Er ist das Tor zur Landschaft von Sossusvlei mit ihren bis zu 385 Meter hohen Dünen
Quelle: picture alliance/zb/Matthias Tödt

Das ungeschulte Auge verkennt die Gefahr. Dort drüben, vielleicht 200 Meter entfernt vom Campingplatz am Sesriem Canyon, wirbelt der Wind ein wenig Sand auf. Kein Grund für die Reisegruppe, in der Mittagshitze aktiv zu werden. Was sich fünf Minuten später als schwerer Fehler erweist. Ein Sturm fegt über das Lager. Alles springt auf, zu spät natürlich, und klammert sich an den Zelten fest, damit die Behausung für die Nacht nicht davonfliegt. Das gelingt mit Ach und Krach, doch viele Zeltstangen brechen. Nach einer Viertelstunde ist der Spuk vorbei. Und das Lager verwüstet.

Sand steckt in Nasen und Ohren, unter der Kleidung, im Gepäck, überall. Es gilt, neue Zelte zu organisieren, weil sich die alten nicht mehr aufstellen lassen. Und das war nicht einmal ein richtiger Sandsturm, mehr ein forsches Lüftchen, ein kurzes Aufbrausen. Doch es hat gereicht, um gehörigen Respekt vor der Wüste zu erzeugen.

Die berühmte Namib mit ihren anmutigen Dünen ist eben nicht nur eine schöne Kulisse, sondern auch eine Bedrohung, eine unwirtliche Landschaft voller Gefahren: Hitze, Durst, Desorientierung – und Sandstürme. Zum Glück war der folgenreiche Wind eine einmalige Erfahrung, die weiteren Tage vergehen ohne Turbulenzen.

Namibia
Quelle: Infografik WELT

Die Wüste sehen und in sie eintauchen: Das ist für viele Reisende ein wesentlicher Grund, um Namibia zu besuchen. In dem Land im südlichen Afrika, einst deutsche Kolonie, erstreckt sich die älteste Wüste der Welt, die Namib. Bewahrt wird die einzigartige Natur durch den Namib-Naukluft-Nationalpark, Afrikas größtes Wildschutzgebiet. Ganz Niedersachsen würde hineinpassen, man kann im Urlaub also nur einen Bruchteil davon sehen. Die meisten Touristen kommen zum Sesriem Canyon, dem Tor zur Dünenlandschaft von Sossusvlei mit ihren bis zu 385 Meter hohen Dünen.

Campen unter Kameldornbäumen in der Namib

Die einen quartieren sich in eine der gehobenen Lodges ein, verpassen aber das Wesentliche: die Erfahrung, dass man in der Wüste nur ein geduldeter Gast ist, den Elementen ausgeliefert. Die anderen, die diese Landschaft wirklich erleben möchten, wählen bewusst ein Wüstencamp, etwa die „Sesriem Camp Site“.

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Unter Kameldornbäumen wird hier das Lager aufgeschlagen (sofern kein Sandsturm dazwischen bläst), es gibt Sanitäranlagen und sogar einen kleinen Pool. Abends sitzt man beim Barbecue am Feuer, während hinter der Einfriedung manchmal eine Oryxantilope vorbei schreitet, das Wappentier Namibias.

Namibia: In einfachen Zelten erleben Gäste die Magie der Wüste Namib
In einfachen Zelten erleben Gäste die Magie der Wüste
Quelle: Philipp Laage

In dieser Ursprünglichkeit liegt der Reiz einer Reise in die Namib. Wer sich dorthin aufmacht, sucht nicht Luxus, sondern heilsame Entbehrung. Eine Fluchtmöglichkeit vor der Zivilisation und ihren Annehmlichkeiten, auch vor ihrer routinebedingten Langeweile, um sich wieder existenziell zu spüren. Dieses Reiseziel ist ein geradezu spiritueller Ort: Der Mensch wird von der Wüste in die Schranken gewiesen, die eigene – oft nur angenommene – Wichtigkeit zurechtgestutzt. Manchmal von Sandstürmen, garantiert in den endlosen Dünen.

Direkt neben dem Campingplatz liegt das Haupteingangstor zum Nationalpark. Um zum Sonnenaufgang im Park zu sein, muss man früh aufstehen und gleich nach Öffnung der Pforte hineinfahren. Bis zu den weltbekannten Sossusvlei-Dünen sind es noch einmal 65 Kilometer. Die Straße führt entlang des ausgetrockneten Tsauchab-Flusses. Der Geländebus mit Campingtisch, Stühlen und Verpflegung braust dahin, durch die Dämmerung. Das Ziel: Düne 45, teilweise 170 Meter hoch.

Meer aus Sand: Ein Tourist steht auf einer Dünenspitze in der endlosen Namib
Meer aus Sand: Ein Tourist steht auf einer Dünenspitze in der endlosen Namib
Quelle: Getty Images

Über die Dünenkante stapft die Gruppe hinauf, um den Anbruch des neuen Tages angemessen auf sich wirken lassen zu können. Im weichen Sand sinken die Füße bei jedem Schritt ein und rutschen etwas zurück. Der Aufstieg dauert länger als gedacht, doch irgendwann ist es geschafft.

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Die Sonne wartet noch hinter dem Horizont, doch plötzlich, als habe jemand einen geheimen Befehl gegeben, verstummen alle Gespräche. Denn die ersten Strahlen blitzen auf. Die Gratlinien der Dünen weiter südlich werfen einsame Schatten, der Sand nimmt eine rötliche Farbe an, erst zart, dann immer kräftiger. Ein grandioses Farbenspiel. Kein Laut ist zu hören. Die Gruppe hockt im Sand, als würde sie einer spirituellen Zeremonie beiwohnen.

Heilsame Stille in der Wüste fern des Alltags

Wer den französischen Soziologen Jean Baudrillard kennt, denkt jetzt vielleicht an das, was er über die Wüste gesagt hat: Hier müsse man die Einsamkeit nicht erst suchen, man sei ein Teil davon – „die Wüste ist für mich die klarste, schönste, hellste, stärkste Form der Abwesenheit.“

Tatsächlich, im Idealfall verschwindet auf dem stillen Dünenkamm nicht nur der hörbare Lärm der Welt da draußen, sondern auch der innere Lärm, das andauernde Nachdenken über Wünsche, Hoffnungen, Zweifel, Ängste. In der Leere der Wüste erscheint es möglich, auch in sich selbst noch einmal Platz zu schaffen für die Frage aller Fragen: Warum bin ich auf dieser Welt? Was gibt mir wirklich Sinn? Im Grundrauschen des Alltags ist dafür selten Raum.

Namibia: Die Einsamkeit auf dem Kamm der Düne 45 wirft einen ganz auf sich selbst zurück
Die Einsamkeit auf dem Kamm der Düne 45 wirft einen ganz auf sich selbst zurück
Quelle: Getty Images/Gulgun Ulusoy

Hier und heute auf der Düne 45 wird die Sinnfrage bald nach Sonnenaufgang allerdings schnell beiseitegeschoben. Denn leider hält die Stille nicht lange an, es setzt ein allgemeines Plaudern ein. Über den Sandbergen steigen die ersten Heißluftballons mit Touristen auf. Ein junger Weltreisender rennt die Düne hinab und filmt sich dabei – die Wüste als Spektakel für Instagram-Follower. Unten am Bus wartet ein kleines Frühstück.

Ein Höhepunkt jeder Namib-Tour ist das rote Sandgebirge von Sossusvlei. Als die Gruppe dort eintrifft, steht die Sonne hoch am Himmel, die Hitze flirrt. Das Wort Sossus kommt aus der Nama-Sprache, es bedeutet „blinder Fluss“. Vlei heißt „Pfanne“, darin endet der Tsauchab-Fluss und versickert im Sand. Gefühlt alle Reisegruppen in der Namib kommen mittags an diesem Ort zusammen. Der Zauber, den die Wüste am Morgen noch entfaltet hat: Hier stellt er sich nicht ein. Leute spazieren im Pulk umher, quatschen, machen Selfies, bei vielen ist der Anflug eines Sonnenstichs schon zu erahnen.

Auf der Suche nach den „Little Five“

Doch die Wüste hält noch eine ganz andere, ergreifende Erfahrung bereit. An der Küste. Nicht unbedingt in Swakopmund, jenem Kolonialort, der für seine Bismarckstraße, das Restaurant „Altstadt“ und das „Brauhaus“ berühmt ist – für die Stadt, die sich als „südlichstes Nordseebad der Welt“ preist, genügt locker ein halber Tag.

Namibia: In Swakopmund sind die Spuren der deutschen Kolonialzeit noch deutlich zu sehen
In Swakopmund sind die Spuren der deutschen Kolonialzeit noch deutlich zu sehen
Quelle: picture alliance/imageBROKER/Oliver Gerhard

Viel spannender ist die Wüste vor den Toren von Swakopmund. Eine der besten Möglichkeiten, diese kennenzulernen, ist ein Ausflug mit Chantelle Bosch und ihrer Agentur Living Desert Tours. Dabei wird nicht die Weite gesucht, nicht die Stille, nicht die innere Einkehr – sondern in den Sand geschaut. Das eröffnet ebenfalls neue Perspektiven.

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Statt den „Big Five“ (Elefant, Löwe, Nashorn, Büffel, Leopard) zeigt Bosch ihren Gästen die „Little Five“, die kleinen Bewohner der Wüste. Sie huscht zum Beispiel zu einem unscheinbaren Brocken Sand, in dem ihre geschulten Augen einen Hinweis auf die Behausung eines winzigen Wüstenbewohners erkennen. Sie fängt an zu buddeln – und zeigt auf einen farbenfrohen Namibgecko. „Da läufst du sonst einfach drüber“, sagt sie und ermahnt die Gruppe: Bitte nur im Gänsemarsch fortbewegen, hinter ihr her.

Eine Oryxantilope in der Namib – sie ist das Wappentier von Namibia
Eine Oryxantilope in der Namib – sie ist das Wappentier von Namibia
Quelle: Guenter Lenz/picture alliance/imageBROKER

„Viele Menschen haben keine Ahnung, wie man die Natur richtig respektiert“, sagt Bosch. „Sie schätzen nur Dinge, die größer sind als sie – oder kleiner und besonders süß.“ Das trifft auf den Gecko zu, aber nicht auf die White Lady. Diese Spinnenart ist, wie der Gecko, endemisch, kommt also weltweit nur hier vor. Allein schon deshalb ist sie eine schützenswerte Besonderheit. Wie die Spinnen miteinander kommunizieren, ist bemerkenswert – durch Trommelsignale: Sie schlagen mit den Vorderbeinen rhythmisch auf die Sandoberfläche, Artgenossen spüren diese Vibrationen meterweit. Wegen dieser „tanzenden“ Bewegungen wird diese Spinnenart auch Dancing White Lady genannt.

Erstaunliche viele Tiere tummeln sich im Sand

Hübsch oder nicht, für Bosch ist das egal, sie achtet jedes Lebewesen. Schon buddelt sie wieder, gräbt diesmal eine Blindschleiche aus: „Schöner blauer Schwanz, fast ausgewachsen.“ Auch dieses Tier hat eindrucksvolle Fähigkeiten: Das Reptil könne seinen Herzschlag aussetzen, um an anderen Tieren unbemerkt vorbeizuschleichen.

Namibia: Chamäleons schnappen sich das Futter, das sie in der Wüste finden, mit ihrer Klebezunge
Kleines Raubtier: Chamäleons schnappen sich das Futter, das sie in der Wüste finden, mit ihrer Klebezunge
Quelle: Dimitri Otis/Getty Images

Dann ein echtes Highlight: ein Namaqua-Chamäleon, das leider oft in Terrarien endet. „In den Pandemie-Jahren, als alle zu Hause saßen, hatten die Wilderer hier ihren Spaß“, erzählt Bosch. Sie hätten vor allem die Chamäleons mitgenommen. Die Echse hat sich an das Leben in der Wüste besonders angepasst: Sie scheidet zum Beispiel Salz aus Drüsen der Nase aus, um Wasser zu sparen, und gräbt sich in Höhlen ein, um die Körperwärme zu regulieren. Wie bestellt schwirrt ein Insekt vorbei, die Zunge des Chamäleons schnellt blitzschnell hervor, packt die Beute und befördert sie in den Schlund.

Einen sicheren Abstand hält die Gruppe zur Zwergpuffotter, und, noch wichtiger, zu ihrer giftigeren Verwandten, die Boschs Kollegen in den Büschen ausfindig machen. Manche Vipernarten sind durchaus gefährlich, aber eben auch faszinierend anzuschauen.

Es ist erstaunlich, was in der Namib auf kleinstem Raum alles kreucht und fleucht, während der ortsfremde Besucher zunächst nur eines sieht: Sand. Die Wüste ist keineswegs tot, sondern ein artenreicher Lebensraum. Der Tag vor den Toren Swakopmunds zeigt: Oft gibt es dort, wo der Besucher bloß Eintönigkeit vermutet, viel Neues zu entdecken – wenn er sich nur die Mühe macht, genau hinzuschauen. Manchmal ist es ein kleines Reptil, manchmal der Sinn des Lebens.

Tipps und Informationen für Namibia:

Anreise: Etwa mit Discover Airlines nonstop von Frankfurt nach Windhuk oder mit Ethiopian Airlines mit Umsteigen in Addis Abeba. Für die Einreise benötigt man einen Reisepass, der mindestens sechs Monate nach der Reise gültig ist und zwei freie Seiten zum Stempeln hat.

Unterkunft: Die „Sesriem Camp Site“ von Namibia Wildlife Resorts ist perfekt für Abenteurer und Budgetbewusste, frühe Reservierung empfehlenswert, eine Nacht im Zelt ab 37,50 Euro pro Person (nwr.com.na/resorts/sesriem-campsite). Im Park selbst liegt die staatliche „Sossusvlei Dune Lodge“, Vorteil: Man kann zum Sonnenuntergang bei den Dünen bleiben, die Tore des Parks werden abends nämlich geschlossen, Doppelzimmer ab 208 Euro pro Person (sossusdunelodge.com). Das „Hansa Hotel“ in der Kleinstadt Swakopmund liegt in einem historischen Gebäude aus dem Jahr 1905, es bietet gemütliches Ambiente und ein eigenes Restaurant, Standard-Doppelzimmer ab 152 Euro (hansahotel.com.na).

Rundreisen: Verschiedene Veranstalter bieten Reisen in Namibias Wüste, zum Beispiel Wikinger Reisen: Wanderreise „Namibias Naturschauspiele“, 18 Tage ab 3858 Euro inklusive Flug (wikinger-reisen.de/namibia.php); Marco Polo hat verschiedene Namibiatouren im Angebot, darunter „Farbenspiele der Wüste“ für Reisende von 20 bis 35 Jahre, 16 Tage ab 2999 Euro inklusive Flug (marco-polo-reisen.com). Bei Studiosus ist „Afrika-Feeling“ buchbar, 13 Tage ab 3190 Euro ohne Flug (studiosus.com/Namibia/). Eine dreitägige Namib-Tour ab/bis Windhuk kostet ab 840 Euro pro Person in der Zweiergruppe bei namibiaexperience.com; Tagesausflüge zu den „Little Five“ der Wüste kosten ab 42 Euro pro Kopf, Anbieter: livingdeserttours.com.na.

Weitere Infos: namibia-tourism.com

Die Teilnahme an der Reise wurde unterstützt von Marco Polo Reisen. Unsere Standards der Transparenz und journalistischen Unabhängigkeit finden Sie unter axelspringer.com/de/werte/downloads.

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