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Ostsee Nackt am Strand

FKK ist im Niedergang? Von wegen!

Allen Unkenrufen über Nacktheitstabus zum Trotz kommen FKK-Urlauber an Nord- und Ostsee weiter auf ihre Kosten. An der mecklenburgischen Küste gibt es nun sogar gemeinsame Strandbereiche für Bekleidete und Nackte. Auch der Gesetzgeber toleriert hüllenloses Baden.
Reiseredakteurin
FKK-Liebhaber gehen am Darßer Weststrand zwischen Ahrenshoop und Prerow spazieren FKK-Liebhaber gehen am Darßer Weststrand zwischen Ahrenshoop und Prerow spazieren
FKK-Liebhaber gehen am Darßer Weststrand zwischen Ahrenshoop und Prerow spazieren
Quelle: picture-alliance/ZB/Stefan Sauer
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Seit Jahren wird dem Niedergang der Freikörperkultur (FKK) in Deutschland das Wort geredet. Schlagzeilen machte 2019 ein Interview mit dem renommierten Leipziger Sexualforscher Kurt Starke, der ein neues „Nacktheitstabu“ feststellte und meinte, FKK sei irgendwie „altmodisch“ geworden. Und aktuell klagt der Deutsche Verband für Freikörperkultur (DFK) über Mitgliederschwund. 2024 feiert der DFK den 75. Jahrestag seines Bestehens – und zählt gerade mal 34.000 Mitglieder, wie die Deutsche Presse-Agentur meldet. Zum 50. DFK-Jahrestag seien es noch 65.000 Mitglieder gewesen.

Dieser Rückgang an nackter Vereinsmeierei bedeutet allerdings nicht, dass auch die private Freikörperkultur an Nord- und Ostsee in Bedrängnis kommt – zumindest nicht, was die Zahl der FKK-Strände angeht. So gab es nach einer stichprobenartigen WELT-Erhebung im vorigen und diesem Jahr keine Umwidmung der für Nacktbadende vorgesehenen Bereiche in Textilstrände.

Vielmehr richten immer mehr Urlaubsorte an der Mecklenburger Küste gemischte Strände für Textil- und FKK-Fans ein. Dazu zählen Ahrenshoop und Zingst auf dem Darß, Zempin und Koserow auf Usedom, Juliusruh und Schaabe auf Rügen sowie die Ostseebäder Warnemünde und Boltenhagen.

13 Kilometer FKK-Strand auf dem Darß

„Dit&Dat-Strand“ nennt etwa die Kurverwaltung Koserow jene Bereiche, wo sich Gäste seit 2022 „mit und ohne Textilien mischen können“. Solche Toleranz ist an der westdeutschen Nord- und Ostseeküste noch die Ausnahme. Lediglich Kampen auf Sylt hat eine gemischte Textil- und FKK-Zone ausgewiesen. Die Insulaner fühlen sich offenbar ihrer Geschichte verpflichtet, denn immerhin entstand auf der Nordseeinsel 1920 der erste offizielle FKK-Strand Deutschlands.

Heute gibt es auf Sylt acht Nacktbadestrände (Kap-Horn in Hörnum, Samoa in Rantum, Oase und Nordseeklinik in Westerland, Dünenwall und Campingplatz in Wenningstedt, Buhne 16 in Kampen und der Weststrand in List). Und auch außerhalb dieser offiziellen FKK-Strände ist das Nacktbaden geduldet. Damit führt das schleswig-holsteinische Eiland das – von nordsee24.de ständig aktualisierte – FKK-Strand-Ranking an, zusammen mit Rügen und Usedom in Mecklenburg-Vorpommern.

Das Internetportal listet auch die Länge der Nudistenstrände auf. Hier führen Mecklenburger Ostseestrände wie der Darß mit 13 Kilometern, Schaabe auf Rügen mit zehn und Warnemünde mit fünf Kilometern FKK-Strand.

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Von einer neuen Prüderie beim Baden kann also keine Rede sein. Im Gegenteil, die nach wie vor hohe Affinität vor allem Ostdeutscher zur Nacktheit sei ein Alleinstellungsmerkmal, aus dem sich touristisches Kapital schlagen lasse, meint der Kölner Autor Marc Engelhardt. Er hat 2021 ein Sachbuch über die weltweite Nacktkultur veröffentlicht. Sein Fazit: „So viel touristische Infrastruktur für Nackte“ wie in Meck-Pomm gebe es allenfalls noch in Frankreich.

Hintergrund: In Ostdeutschland war das Nacktbaden an „Orten, zu denen jedermann Zutritt hat“ bereits seit 1956 gesetzlich geregelt und an „gekennzeichneten“ Stellen erlaubt.

Umso erstaunlicher, dass im Vergleich dazu die heute geltende bundesrepublikanische Rechtsprechung noch liberaler ist. Denn sich nackt in der Öffentlichkeit zu bewegen, ist in Deutschland grundsätzlich nicht verboten. Es sei denn, andere Menschen fühlen sich durch den Anblick unbekleideter Menschen gestört und beschweren sich. Dann gilt Nacktheit nach Paragraf 118 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) als „Belästigung der Allgemeinheit“ und kann mit Geldbußen geahndet werden.

Berlin erlaubt Oben-ohne-Baden

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Aber selbst Paragraf 118 greift nicht immer: So ist es Frauen in Berlin seit diesem Jahr erlaubt, oberkörperfrei öffentliche Bäder zu nutzen. Das Kammergericht hatte im Dezember 2023 einer Klägerin recht gegeben, die mit Verweis auf das Berliner Antidiskriminierungsgesetz das Sonnenbaden ohne Oberteil in einer städtischen Planschanlage eingefordert hatte.

Zwar können kommunale Badebetreiber mit Verweis auf die Hausordnung verlangen, dass alle Geschlechter ihre primären Geschlechtsteile bedecken, nicht jedoch die sekundären, wozu die weibliche Brust gehört. Dieser Regelung schließen sich immer mehr Städte an, wie Göttingen, Siegen, Dresden, Hannover, Köln, Frankfurt, Leipzig, München – und vor wenigen Tagen Magdeburg.

Was ergibt sich daraus für die Freikörperkultur an Nord- und Ostsee? „Stehen bestimmte Strandabschnitte unter öffentlicher Kontrolle, hat man sich der jeweiligen Strandordnung zu beugen und muss dort zumindest eine Bade- oder Bikinihose tragen“, sagt Rechtsanwalt Swen Walentowski, Sprecher von anwaltauskunft.de.

Tipp: Die bis zum 1. September 2024 laufende Ausstellung „Unter Nackten“ im Museum Schloss Herrenhausen beschäftigt sich mit der Geschichte der Freikörperkultur, hannover.de/Herrenhausen/Museum-Schloss-Herrenhausen/.

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