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Ausland Europawahl

Die großen Gewinner heißen Giorgia Meloni und Manfred Weber

Korrespondent in Brüssel
AfD zweitstärkste Kraft und das Frankreich-Beben – Der Tag nach der Europawahl

Wer bisher dachte, Europawahlen könne man sich schenken, weil das Europäische Parlament eh nicht viel zu melden habe, wurde nun eines Besseren belehrt. Die AfD ist in Deutschland zweitstärkste Kraft – und in Frankreich gibt es Neuwahlen.

Quelle: WELT TV

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Der ganz große Rechtsruck ist bei der Europawahl ausgeblieben, Europas Christdemokraten sind künftig mächtiger als zuvor. Das ist für Ursula von der Leyen aber nicht nur eine gute Nachricht – denn nach den Klatschen für Scholz und Macron hat Europa nun noch eine weitere starke Frau an seiner Spitze.
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Vor der Europäischen Union liegen höchstwahrscheinlich die schwierigsten Jahre in ihrer Geschichte: In Europa herrscht Krieg und niemand weiß, wie weit Russlands Präsident Wladimir Putin mit seiner Aggressionspolitik noch gehen wird. Neun Länder klopfen mit aller Macht an die Haustür der EU und wollen schnellstmöglich reingelassen werden. Um neue Mitglieder verkraften zu können, müsste die EU sich aber zuerst selbst reformieren, beispielsweise bei Aufstellung und Verteilung der Haushaltsmittel, aber auch bei den Entscheidungsregeln. Das wird ein großer Kraftakt werden – mit ungewissem Ausgang.

Außerdem gibt es in den kommenden Jahren einen riesigen Finanzbedarf, der alles bisher Dagewesene übertreffen wird. Das Geld wird benötigt für die digitale und klimapolitische Transformation, eine deutliche Steigerung der Verteidigungsausgaben, den Wiederaufbau von Gaza und der Ukraine und für die milliardenschweren Migrationsabkommen mit Drittstaaten. Die Forderung nach neuen Schuldenfonds – gemeinschaftlich finanziert durch eine Art Eurobonds, die Deutschland bisher immer abgelehnt hatte – dürfte spätestens 2025 kommen.

Und: Die EU ist weiter nicht krisenfest, falls eine neue Migrationswelle kommen sollte. Das neue EU-Asylpaket wird erst in zwei Jahren umgesetzt und es ist unklar, ob die vereinbarten Maßnahmen von den Mitgliedstaaten auch wirklich umgesetzt und die geplanten schnellen Abschiebungen illegaler Migranten funktionieren werden.

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Bei der Lösung dieser Probleme spielt das neu gewählte EU-Parlament eine wichtige Rolle. Das Abgeordnetenhaus, das in Brüssel und Straßburg einen Sitz hat, ist heute mächtiger als jemals zuvor. Darum war diese Europawahl besonders wichtig. Was aber sind nun die fünf wichtigsten Lehren aus dem Wahlergebnis?

Erstens: Der befürchtete Rechtsruck im Europaparlament ist nicht eingetreten. Die rechtsextremen und rechtspopulistischen Fraktionen ID (Identität und Demokratie) und EKR (Europäische Konservative und Reformer) haben zusammen nur rund zwölf Sitze dazugewonnen und verfügen nicht einmal über 20 Prozent der insgesamt 720 Sitze. Allerdings sind dabei auch die Sitze der AfD weggefallen, die aus der ID-Fraktion ausgeschlossen wurden.

Demgegenüber verbuchen die Mitte-Parteien aus europäischen Christdemokraten (EVP), Sozialdemokraten, Liberalen (Renew) und Grünen über eine solide Mehrheit von knapp 450 Stimmen. Allerdings gibt es im EU-Parlament keine formalen Koalitionen und auch keinen Fraktionszwang. Das macht eine Mehrheitsfindung so unberechenbar. Hinzu kommt, dass die einzelnen Fraktionen schon seit vielen Jahren keine homogene Gruppe mehr darstellen, sondern häufig untereinander uneins sind und unterschiedlich abstimmen. Dabei ist Einigkeit im Parlament so wichtig.

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Schlechte Erfahrungen mit den Grünen

Für die kommenden fünf Jahre gilt: Je mehr die großen Parteien untereinander uneinig sind, desto größer wird im Parlament der Einfluss der Rechtsparteien. Aus diesem Grund will auch EVP-Partei- und Fraktionschef Manfred Weber (CSU) vorsorgen und seine Partei in Richtung der rechtspopulistischen EKR öffnen für eine partielle Zusammenarbeit mit den „Fratelli d’Italia“ und der ODS von Tschechiens Ministerpräsident Fiala – eine Koalition mit der EKR will er aber ausdrücklich nicht.

Damit will Weber einerseits den Rechtsblock im Parlament schwächen. Aber zugleich sieht Weber die Gefahr, dass die Liberalen nach der schweren Wahlschlappe ihres Zugpferds, Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron und seiner Parteienbewegung Renaissance, auf die Dauer zerbröseln und damit unkalkulierbar für die Herstellung bürgerlicher Mehrheiten im Parlament werden könnten.

Und Weber hat in den vergangenen Jahren die Erfahrung gemacht, dass er sich auf die Grünen nicht verlassen kann. Die öffentliche Hinwendung der christdemokratischen Mehrheitsfraktion in dem neu gewählten EU-Parlament zu Teilen der rechtspopulistischen Parteien ist sicherlich ein Novum in der Parlamentsgeschichte. Der Grund dafür ist aber, dass es schwerer als jemals zuvor werden dürfte, im politischen Alltag einen Konsens der Parteien der Mitte herzustellen.

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Zweitens: Vor dem Hintergrund, dass die Zugewinne der Rechts-Parteien bei Weitem nicht so groß ausgefallen sind wie erwartet, ist der heimliche Wahlgewinner dieser Europawahl die EVP. Die Partei konnte ihr Ergebnis klar verbessern, während alle anderen Parteien der Mitte zum Teil starke Verluste hinnehmen mussten.

Die Sozialdemokraten bleiben zweitstärkste Kraft im Parlament, sie mussten leichte Verluste verkraften. EVP und Sozialdemokraten bilden den Kern der bürgerlichen Mitte im EU-Parlament. Beide zusammen sind das Bollwerk gegen rechte Parteien – wenn sie sich einig sind.

Die Notwendigkeit für EVP und Sozialdemokraten, eng zu kooperieren, ist in den kommenden Jahren viel größer als in der Vergangenheit. Grund: Liberale und Grüne dürften noch unberechenbarer werden in der Vergangenheit, weil ihre Fraktionen fragiler und sie untereinander mehr zerstritten sein dürften.

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Drittens: Die Frage, welche Partei in Brüssel die größte Macht hat, ist heute viel klarer zu beantworten als noch vor fünf oder zehn Jahren: Es ist die EVP. Sie hat gegenüber den zweitplatzierten Sozialdemokraten eine Mehrheit von 45 Stimmen im neuen Parlament. Vor diesem Hintergrund ist umso bemerkenswerter, dass die europäischen Christdemokraten auch im Europäischen Rat, dem Entscheidungsgremium der 27 EU-Staats- und Regierungschefs, mit 13 Ministerpräsidenten mittlerweile klar die Mehrheit haben. Die Sozialdemokraten stellen dagegen nur vier Regierungschefs.

Dementsprechend verfügt die EVP auch in der der neuen EU-Kommission ab dem 1. November über 13 Kommissare, und die Sozialdemokraten stellen voraussichtlich nur drei Kommissare. Weber ist als EVP-Partei- und Fraktionschef nun der starke Mann in Brüssel: Er koordiniert künftig die 13 christdemokratischen Regierungschefs und die 13 EU-Kommissare. Gleichzeitig ist er klarer Mehrheitsführer im EU-Parlament.

Die Folge: Von der Leyen befindet sich an der Leine von Weber. Sie kann künftig längst nicht mehr so frei agieren wie in den vergangenen fünf Jahren. Weber hat ihr zusammen mit CDU-Parteichef Merz und Griechenlands Regierungschef Mitsotakis bereits eine Agenda verordnet: Sie muss sich deutlich mehr um Wettbewerbsfähigkeit, Bürokratieabbau und Sicherheitsthemen kümmern. Andererseits wird die EVP schon bald damit beginnen, von der Leyens ‚Green Deal‘ sukzessive zu rupfen.

Viertens: Diese Entwicklung ist dramatisch. Europa fehlt nach dieser Wahl endgültig ein Leader und ein Politiker, der – wie viele Jahre lang Kanzlerin Angela Merkel – in der Lage wäre, als allseits respektierte Persönlichkeit in schwierigen Entscheidungslagen in Brüssel einen Kompromiss zu finden. Dieses Manko dürfte sich bei den großen Herausforderungen der kommenden Jahre als besonders folgenschwer erweisen.

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Kanzler Olaf Scholz hat es in den drei Jahren seiner Kanzlerschaft als Regierungschef des größten EU-Landes bisher in Brüssel nicht geschafft, sich besonderen Respekt zu verdienen. Nach dem Ergebnis für die SPD bei der Europawahl wird seine Stellung geschwächt sein. Zumal seine Kollegen davon ausgehen dürften, dass Scholz im Herbst 2025 nicht wiedergewählt werden wird.

Emmanuel Macron versteht sich dagegen als Leader Europas, aber diese Einschätzung teilen – anders als früher bei Merkel – bei Weitem nicht alle EU-Regierungschefs. Nach der eklatanten Wahlschlappe bei den Europawahlen dürfte Macrons Position in Brüssel erodieren.

Abstimmung im Parlament birgt ein Risiko

Fest im Sattel und durchsetzungsstark im eigenen Land ist unter den Regierungschefs der großen Mitgliedstaaten eigentlich nur Italiens Ministerpräsidentin Meloni – für eine echte Führungsrolle in Europa gehört die Rechtspopulistin aber der falschen Partei an. Dennoch gehört sie nach dieser Wahl in Brüssel zu den Wahlgewinnern. Melonis Gewicht im Europäischen Rat wird steigen, und ihre Partei wird ihren Einfluss im EU-Parlament vergrößern können.

Fünftens: Kommissionschefin von der Leyen hat gute Chancen, in ihrem Amt wiedergewählt zu werden. Es dürfte EVP-Chef Weber gelingen, im Europäischen Rat unter den Regierungschefs eine Mehrheit für sie zu organisieren. Unsicher ist die Unterstützung von Macron, aber nach dieser Wahlniederlage dürfte er größte Schwierigkeiten haben, erneut – wie 2019 zusammen mit Merkel – einen Überraschungskandidaten aus dem Hut zu zaubern, der durchsetzbar ist.

Ein gewisses Risiko stellt für von der Leyen die Abstimmung im Parlament dar. Die Abgeordneten werden im Juli über den Kandidatenvorschlag des Europäischen Rates abstimmen. Vor fünf Jahren hatte von der Leyen nur eine hauchdünne Mehrheit von neun Stimmen erhalten. Rein rechnerisch müsste die Mehrheit der Mitte-Parteien im Parlament dieses Mal locker ausreichen. Aber selbst in der EVP dürfte – wie 2019 – erneut zahlreiche Abgeordnete geben, die von der Leyen aus unterschiedlichen Gründen nicht wählen werden.

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Auf der anderen Seite hat von der Leyen Sozialdemokraten und Grünen zuletzt sehr gute Argumente geliefert, im Parlament gegen ihre Wiederwahl zu stimmen. Sie verkündete in den vergangenen Wochen mehrfach, mit der Rechtspopulistin Meloni zusammenarbeiten zu wollen. Das war ein gravierender strategischer Fauxpas.

„Es war ein unnötiger Fehler“, ätzt ein führendes EVP-Mitglied entnervt. Meloni hatte nach WELT-Informationen intern bereits mehrfach signalisiert, dass ihre Partei von der Leyens Wiederwahl unterstützen würde. Deswegen gab es eigentlich keine Notwendigkeit für die Kommissionschefin, sich öffentlich zu Meloni zu bekennen und sie damit politisch aufzuwerten. Am Ende dürfte der Unmut zahlreicher Abgeordneter der Mitte-Parteien im Parlament nicht ausreichen, um von der Leyen zu verhindern.

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