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  4. EuGH-Urteil: Jetzt wird es für Ungarn und Polen ernst

Ausland Rechtsstaatsmechanismus

„Greift von der Leyen weiter nicht durch, ist das grob fahrlässig“

Ursula von der Leyen (m.), die Regierungschefs Polens Mateusz Morawiecki (l.) und Ungarns Viktor Orbán (r.) Ursula von der Leyen (m.), die Regierungschefs Polens Mateusz Morawiecki (l.) und Ungarns Viktor Orbán (r.)
Ursula von der Leyen (m.), die Regierungschefs Polens Mateusz Morawiecki (l.) und Ungarns Viktor Orbán (r.)
Quelle: picture alliance/dpa/MAXPPP/Nicolas Landemard/Le Pictorium, Getty Images/John MacDougall, REUTERS/Bernadett Szabo; Montage: Info
Der Europäische Gerichtshof weist die Klage Ungarns und Polens gegen die Rechtsstaatsklausel im EU-Haushalt ab. Damit kann die Kommission Rechtsstaatssündern künftig die Gelder kürzen. Doch die Hürden bleiben hoch. Ein Land könnte vorerst gar verschont bleiben.
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Es war ein langer Weg, aber jetzt ist er geschafft: Rechtsstaatssündern können künftig Mittel aus dem EU-Haushalt gekürzt werden. Voraussetzung ist allerdings, dass sich die Verstöße gegen rechtsstaatliche Grundwerte negativ auf die Verwendung von europäischen Geldern in den jeweiligen Mitgliedstaaten auswirken.

Der Beschluss zur Kürzung von Haushaltsmitteln stammt aus dem Jahr 2020, die damalige deutsche Kanzlerin Angela Merkel tat sich schwer damit, weil sie dadurch Unruhe und noch mehr Friktionen im Kreis der EU-Länder fürchtete. Polen und Ungarn hatten damals umgehend gegen den Rechtsstaatsmechanismus geklagt.

Am Mittwoch wies der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Klage nun zurück und urteilte, die Regelung sei auf einer geeigneten Rechtsgrundlage erlassen worden (Az. C-156/21 und C 157/21). Der Rechtsstaatsmechanismus ist eigentlich schon seit Januar 2021 in Kraft, er wurde wegen der anhängigen Klage von der Kommission – sehr zum Ärger des Europäischen Parlaments – aber noch nicht angewendet.

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Der neue Rechtsstaatsmechanismus ist neben den Jahresberichten zur Lage der Rechtsstaatlichkeit und dem sogenannten Rechtsstaatsverfahren nach Artikel 7 der EU-Verträge jetzt ein weiteres Instrument, um gegen Rechtsstaatssünder vorzugehen. Am wirksamsten und am schmerzhaftesten ist aber derzeit die Entscheidung der EU-Kommission, Polen und Ungarn wegen der Rechtsstaatsdefizite keine milliardenschweren Corona-Hilfen auszuzahlen. Die Länder müssten dafür in Rechtsstaatsfragen „Meilensteine“ erfüllen, was bisher nicht der Fall ist. Allein Polen muss darum auf 34 Milliarden Euro verzichten.

EU-Parlament macht Druck

Das EU-Parlament macht jetzt Druck. „Ich erwarte von der Kommission nun ein zeitnahes und konsequentes Handeln“, sagte die Chefin des Haushaltskontrollausschusses im Parlament, Monika Hohlmeier (CSU). „Wer sich nicht an die gemeinsamen Regeln hält, bekommt kein EU-Geld. Greift EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen weiter nicht durch, ist das grob fahrlässig. Der Demokratie-Abbau in Polen und Ungarn würde dann weiter mit EU-Milliarden subventioniert“, erklärte Daniel Freund (Grüne) gegenüber WELT.

Experten betonen allerdings, dass das neue Instrument vorsichtig anzuwenden ist. „Die Kommission dürfte sich gut überlegen, wann genau und vor allem gegen wen sie den Rechtsstaatsmechanismus jetzt einsetzt“, sagt Thu Nguyen, Expertin für EU-Institutionen und vergleichendes Verfassungsrecht am Jacques Delors Centre der Hertie School in Berlin. „Sie wird zu 200 Prozent sichergehen wollen, dass sie ihren ersten Fall gewinnt“, so Nguyen weiter. Die Europarechtsexpertin rechnet deswegen damit, dass zuerst ein Fall gegen Ungarn eröffnet wird, nicht gegen Polen.

Ob das so kommt, ist unklar. Weitere Kandidaten sind etwa Kroatien, die Slowakei, Slowenien und vor allem Tschechien. Dort grassiert laut EU-Kommission neben Ungarn Korruption. In Polen ist die Sachlage dagegen nicht so eindeutig. Die polnische Regierung verstößt nach Ansicht Brüssels wegen ihrer sogenannten Justizreform zwar täglich gegen EU-Recht.

So setzt Warschau eine einstweilige Anordnung des EuGH zur Disziplinarkammer am Obersten Gericht in Warschau nicht um und verweigert die dafür fällige Strafzahlung von einer Million Euro am Tag. Am 7. Oktober 2021 erklärte das polnische Verfassungsgericht zudem, dass Teile der EU-Verträge nicht mit polnischem Recht vereinbar seien, darunter auch Artikel 19, der die Autorität des EuGH festschreibt.

Trotzdem dürfte es schwer werden, Polen eine Veruntreuung von EU-Geldern nachzuweisen. Dafür reichen die eigenwilligen Justizreformen nicht aus. Zudem funktionieren viele Verwaltungsgerichte in Polen weiterhin gut. Die EU-Kommission muss dem betroffenen Land eine „direkte unmittelbare Gefährdung des EU-Haushalts“ nachweisen, wie ein hoher Beamter sagte. Im Falle Ungarns dürfte das relativ leicht sein.

Erste Sanktionen werden dauern

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Seit Anfang 2021 sammelt die EU-Kommission bereits Beweise gegen einzelne Länder. Sie hat die betroffenen Staaten in Einzelfragen auch schon zu internen Stellungnahmen aufgefordert. Trotzdem dürften die ersten Sanktionen noch eine Weile auf sich warten lassen.

Denn die EU-Kommission will sichergehen, dass ihre Empfehlung zur Kürzung von Haushaltsmitteln rechtlich auch wasserdicht ist. Anschließend müssen die 27 Mitgliedsländer die Empfehlung mit einer qualifizierten Mehrheit annehmen. Auch das ist nicht sicher. Denn je mehr Staaten von der Kürzung von EU-Geldern betroffen sind, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass diese mit allen Mitteln versuchen werden, die notwendige Mehrheit zu verhindern.

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Die EU-Kommission muss nun zunächst prüfen, welche zusätzlichen Vorgaben der EuGH Brüssel bei der Anwendung des neuen Mechanismus macht. Viele Fragen sind im Detail noch ungeklärt: Wie hoch darf die Kürzung von EU-Geldern eigentlich ausfallen? Wann genau ist die Schwelle erreicht, um eine Haushaltskürzung durchzusetzen? Es wird noch dauern bis zur ersten Mittelkürzung – und Polen wird sicherlich, wenn überhaupt, erst ganz zum Schluss sanktioniert werden.

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„Machtwechsel“ ist der WELT-Podcast mit Dagmar Rosenfeld und Robin Alexander. Jeden Mittwoch. Abonnieren unter anderem bei Apple Podcasts, Spotify, Amazon Music, Deezer oder per RSS-Feed.

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