Was hierzulande einen Hit auf jedem Street-Food-Fest darstellt, ist für mehr als zwei Milliarden Menschen auf der Welt Alltag: Auf ihrem Speiseplan stehen regelmäßig Insekten.
Und die sind wahres Superfood, um es im Marketingjargon zu sagen. Grillen, Mehlwürmer und Co. sind eine nährstoffreiche Quelle für Proteine, Vitamine, Mineralstoffe und gesunde Fette. Darüber hinaus sind Insekten eine gesündere und umweltfreundlichere Alternative zu Fleisch von herkömmlichen Nutztieren wie Kuh, Schwein oder Huhn.
Wegen der zahlreichen Vorteile, die Insekten mit sich bringen, gewinnen sie als alltägliches Lebensmittel immer mehr an Popularität.
Ein Forscherteam aus Ernährungswissenschaftlern und Medizinern des Nelson-Instituts für Umweltwissenschaften an der Universität Wisconsin-Madison untersuchte nun erstmals in einer klinischen Pilotstudie die gesundheitlichen Auswirkungen des Verzehrs von Grillen.
Im Fokus der Studie standen die Effekte auf den Magen-Darm-Trakt und dessen Bakterien. Die Wissenschaftler wählten bewusst diesen Teil des Körpers.
Warum, erklärt uns Prof. Dr. Guido Ritter, Ernährungswissenschaftler an der Fachhochschule Münster, der sich ebenfalls mit Insekten als Ernährungsmittel beschäftigt.
In der Medizin hat sich die Ansicht durchgesetzt, dass die Darmflora einen enorm wichtigen Einfluss auf unser Wohlbefinden hat.
An der Studie nahmen 20 Männer und Frauen im Alter von 18 bis 48 Jahren teil, die in zwei Gruppen geteilt wurden. Die eine Gruppe aß zunächst zwei Wochen lang ein Frühstück mit 25 Gramm Grillenpulver, welches in Muffins oder Shakes verarbeitet wurde. Die Kontrollgruppe frühstückte ohne Insektenzusätze.
Die Wissenschaftler nahmen während dieser ersten Phase Blut- und Stuhlproben. Darüber hinaus mussten die Studienteilnehmer Fragebögen zu ihrem Wohlbefinden beantworten.
Nach den zwei Wochen tauschten die Probanden. Die Kontrollgruppe der ersten Runde aß nun täglich 25 Gramm Grillenpulver, die ursprüngliche Experimentalgruppe ernährte sich wieder ganz normal. Es wurden in dieser zweiten Phase erneut Proben aus Stuhl und Blut entnommen.
Da nun jeder sein eigener Kontrolltyp war, konnten die Forscher die Proben der ersten und zweiten Phase miteinander vergleichen.
Die Wissenschaftler konnten beobachten, dass durch die Einnahme des Grillenpulvers ein Stoffwechselenzym anstieg, das mit der Darmgesundheit in Verbindung steht.
Außerdem erhöhte sich die Anzahl nützlicher Darmbakterien, Bifidobakterien genannt, die mit einer verbesserten Magen-Darm-Funktion einhergehen. Auch ein entzündliches Protein im Blut, der Tumornekrosefaktor (TNF), nahm ab.
Diese Effekte erklären die Ernährungswissenschaftler mit dem Chitin, das in den Insekten enthalten ist. Es zählt zu den unlöslichen Ballaststoffen und wird nicht im Dünndarmbereich verdaut, sondern gelangt bis zu den Darmbakterien. Die unlöslichen Ballaststoffe, die wir zu uns nehmen, sollen zu einer gesunden Darmflora beitragen.
Allerdings: Dass sich Ballaststoffe wirklich positiv auf unsere Darmflora auswirken, ist noch nicht sicher belegt. Zu komplex sind die Zusammensetzungen und die Funktionen verschiedener Bakterien innerhalb des Darms und der Flora.
Und die Studie hat noch einen weiteren Haken:
Da nur das Frühstück kontrolliert wurde, haben die Ergebnisse eine begrenzte Aussagekraft.
Die Menge des Grillenpulvers, das in der Studie verwendet wurde, ist zwar so relevant, dass davon Effekte abgeleitet werden können. Allerdings stellt sich die Frage, ob die positiven Ergebnisse wirklich nur auf die Insekten zurückzuführen sind. Was die Probanden ansonsten den ganzen Tag über aßen, wurde in der Auswertung außer Acht gelassen.
Nun geht es darum, die Ergebnisse zu wiederholen und andere Effekte zu minimieren. Es gibt zu viele äußere Einflüsse, die eine Rolle spielen.
Positiv ist jedoch, dass mit dieser Pilotstudie ein Stein ins Rollen gebracht wurde, sich zukünftig noch intensiver mit dem Thema Ernährung und Insekten und auch ihre Wirkung auf den Darm zu beschäftigen.
Ob in der Zukunft die breite Bevölkerung Grillen, Würmer und Co. als Alternative zu herkömmlichen Nutztierfleisch akzeptiert, bleibt abzuwarten.
Es besteht bisher noch eine Problematik der Akzeptanz. Insekten sind mit Ekel und Unreinheit verbunden.
Diese Einstellung ist nicht genetisch veranlagt, sondern der Gesellschaft und der Erziehung geschuldet. Es dauert im Schnitt 20 Jahre, also ungefähr eine Generation, bis ein neuer Ernährungstrend wie der der Insekten zur Normalität wird.