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  3. Psychologie: Nie Zeit? – Die Wahrheit hinter dieser häufigen Ausrede

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Das steckt wirklich hinter der Ausrede, nie Zeit zu haben

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Quelle: Getty Images/Maryna Terletska
Eigentlich würde man gerne regelmäßig Sport machen, den Job wechseln, endlich mehr Freizeit haben… Aber man ist ja immer so beschäftigt! Eine US-Expertin verrät: Es gibt drei Gründe, warum wir nie Zeit haben – schuld sind aber immer wir selbst.

Manchmal fühlt sich das Leben an wie ein Hamsterrad. Termin reiht sich an Termin, ständig ploppen Textnachrichten und E-Mails auf, abends fällt man ins Bett und fragt sich: Wo ist der heutige Tag eigentlich schon wieder geblieben? Wir haben das Gefühl, ständig unter Zeitdruck zu stehen, mit der Fülle an Aufgaben überfordert zu sein und vor allem: Keine Zeit für das zu finden, was wir eigentlich glauben, machen zu wollen. Sei es, ein neues Hobby anzufangen, sich mehr Zeit für sich selbst zu nehmen oder im Job neue, spannende Projekte anzupacken.

Dorie Clark, Professorin an der Duke University in Durham (US-Bundesstaat North Carolina), sagt: „Wir treffen Entscheidungen, die uns ständig beschäftigt halten, obwohl wir selbst sagen, dass wir das gar nicht wollen.“ Ihrer Ansicht nach gibt es drei Gründe, warum das so ist – und warum es uns so schwerfällt, aus diesem Kreislauf der Überlastung auszubrechen, wie sie in einem „TEDxTalk“ in Boston (US-Bundesstaates Massachusetts) erklärte.

Die renommierte Autorin, die von der „New York Times“ als „Expertin für Selbsterneuerung“ betitelt wurde, berät Kunden wie Google und Microsoft und schreibt regelmäßig für „Harvard Business Review“. Clark fokussiert sich in ihrer Arbeit vor allem auf Effizienz im Berufsleben. Dass ein alleinerziehender Elternteil mit Vollzeitjob natürlich deutlich weniger Zeit zur Verfügung hat als eine Person ohne familiäre Verpflichtungen, sollte jedem klar sein.

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Wir glauben, nie Zeit zu haben mache uns wichtiger

Wer immer beschäftigt ist, der muss doch wichtig sein – oder? Laut Clark ist es für viele Menschen ein Statussymbol, wenig Zeit zu haben. Diese These stützt sie unter anderem auf eine Studie der Columbia University aus dem Jahr 2016. Die hat gezeigt, dass – zumindest in den USA – Menschen mit vollen Terminkalendern durchweg einen höheren Status und ein erstrebenswertes Image zugeschrieben wird. Anders als noch im 19. Jahrhundert, in dem nicht arbeiten müssen als schick galt, gehören Überstunden und ständige Erreichbarkeit heute zum guten Ton.

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Die Leiterin der besagten Studie, Silvia Bellezza, Assistenzprofessorin für Marketing an der Columbia Business School, vergleicht die Verknappung von Zeit mit der Knappheit an Luxusgütern in den Generationen unserer Großeltern: „Die wohlhabende Mittelschicht hat die Nachfrage nach Luxusgütern erhöht, und aufgrund der Massenproduktion gibt es ein größeres Angebot an diesen Gütern. Wenn jeder Zugang zu diesen Luxusgütern hat, senden sie keine Signale mehr aus“, erklärt sie in einem Artikel der Columbia Business School. Infolgedessen, so Bellezza, sind wir selbst – und vor allem unsere Zeit – der Luxus. Und wie bei traditionellen Luxusgütern wie Designer-Handtaschen oder wertvollem Schmuck hängt unser wahrgenommener Wert von der Verknappung ab.

Wer heute also sagt „Ich bin total beschäftigt”, sagt eigentlich „Ich bin so wichtig, so gefragt”. Deshalb fällt es vielen schwer, dieses Gefühl aufzugeben. Es kratzt am Ego und unserem Selbstwert. Denn wer will sich schon gerne unnütz fühlen?

Übrigens: Nicht in allen Kulturen gilt keine Zeit zu haben als schick. Bellezza befragte für die Studie neben US-Amerikanern und US-Amerikanerinnen auch Menschen in Italien. Dort verknüpften die Befragten ständige Beschäftigung und Status weniger stark miteinander.

Smiling female entrepreneur using laptop while talking through smart phone at home office
Quelle: Getty Images/Maskot

Wir haben Angst vor allem Unbekannten und halten uns deshalb lieber mit bekannten Problemen auf

Als zweiten Zeitfresser sieht Clark die Angst vor Ungewissem. Denn die menschliche Psyche tut sich schwer mit Entscheidungen, bei denen wir den Ausgang nicht vorhersagen können. Das gilt zum Beispiel für neue Projekte: Welche der vielen möglichen Herangehensweisen ist die richtige? Wird der gewählte Weg funktionieren oder werden wir scheitern? Bei Aufgaben, die wir schon routiniert machen, können wir Risiken viel eher abschätzen und minimieren – und so bleiben wir oft unbewusst lieber an Positionen, mit denen wir uns auskennen, erklärt die Expertin. Wer sich also einer neuen Herausforderung widmen will, aber nicht genau weiß, wo anfangen, beantwortet, spitz gesagt, lieber erst alle 295 ungelesenen E-Mails im Postfach. So hatte man „keine Zeit mehr“ für das, was man eigentlich machen wollte, hat sich aber auch nichts gewagt, was eventuell hätte schiefgehen können.

Noch schlimmer wird es bei Fragen, die sich nicht nur auf einzelne Projekte beziehen, sondern existenzieller Natur sind. Fragen, die das Potenzial haben, unser vielleicht etwas Schnödes aber dafür komfortables Leben auf den Kopf zu stellen. Etwa: Bin ich überhaupt im richtigen Beruf? Habe ich eine Karriere eingeschlagen, die mich zufriedenstellt oder würde ich eigentlich viel lieber etwas anderes machen wollen? „Wir halten uns beschäftigt, um diese Fragen gar nicht erst beantworten zu müssen”, erklärt Clark.

Wir halten uns beschäftigt, um uns nicht mit uns selbst und unseren Gefühlen auseinandersetzen zu müssen

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Als dritte „Ausrede“ nennt Clark das Verdrängen von Gefühlen. Denn wer sich selbst ständig beschäftigt hält, hat schließlich auch keine Zeit, sich mit sich selbst und seinen Emotionen zu beschäftigen. Der ein oder andere wird das von Liebeskummer oder Trauer kennen: Stürzt man sich in oder nach einer höchst emotionalen Phase in die Arbeit, lässt sich der Schmerz damit gut betäuben.

„Das hilft vielleicht für den Moment, nachhaltig ist es aber nicht“, sagt Clark. Im Gegenteil: Man verfange sich in einem Muster aus Überarbeitung und dem ständigen Drang, beschäftigt zu sein – und brenne dadurch im Zweifel nur weiter aus. Ohne seine Gefühle wirklich verarbeitet zu haben.

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Quelle: Getty Images/Kilito Chan

Wie bricht man aus dem „Keine-Zeit“-Hamsterrad aus?

Alles keine angenehmen Punkte, schließlich lässt sich die Schuld bei keiner der angesprochenen Thematiken auf jemand anderen abwälzen – es gilt, sich selbst kritisch an die Nase zu fassen. Clark rät deshalb, genau hinzuschauen, woher das ständige „beschäftigt sein“ eigentlich kommt. Sind es verdrängte Gefühle, mit denen wir uns nicht auseinandersetzen wollen? Ist es die Angst, etwas zu wagen, bei dem wir scheitern könnten oder bei dem wir nicht vorhersagen können, wie es ausgeht? Oder ist es die Angst, nicht gebraucht zu werden, nicht wichtig zu sein?

„Wir müssen genau hinschauen und hinterfragen, was uns wirklich motiviert, um eine andere Entscheidung zu treffen“ rät Clark. Es ginge darum, sich Raum zum Durchatmen und Denken zu schaffen. Ultimative Freiheit sei es schließlich, sich aussuchen zu können, mit wem und wie wir unsere Zeit verbringen möchten.

Hier erfährst du, wie viel Freizeit pro Tag uns am glücklichsten macht:

Dieser Artikel wurde erstmals im Januar 2022 veröffentlicht.

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