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Essen & Trinken Alkoholfreie Spirituosen

„Wir richten uns an Menschen, die ihren Alkoholkonsum reduzieren wollen“

Ressortleitung Stil, Leben und Reise
Ben Branson, Gründer von Seedlip Ben Branson, Gründer von Seedlip
Seine Mutter ist stolz auf ihn: Ben Branson mixt einen alkoholfreien Drink
Quelle: Seedlip
Schnaps ohne Promille? Ja, das geht. Der Brite Ben Branson hat eine alkoholfreie Spirituose entwickelt, die nicht nur von Barkeepern und Spitzenköchen geschätzt wird, sondern auch bei Royals und Topmodels gut ankommt.

Er ist ein Pionier auf dem Gebiet der alkoholfreien Spirituosen, seine Marke Seedlip wird weltweit in mehr als 6000 edlen Bars und Restaurants ausgeschenkt. Wir erreichen Ben Branson per Videocall auf seiner Farm in Buckinghamshire im Nordwesten von London. „Ich bin ein Junge vom Land“, sagt er zur Begrüßung. „Von meinem Fenster aus sehe ich nur Bäume und Pferde.“ Er sitzt vor einer grünen Tapete mit großflächigen Blumenmustern, vor ihm liegt ein Buch mit einem vergilbten Einband.

ICONIST: Herr Branson, Sie behaupten von sich, dass Sie die Trinkgewohnheiten der Welt verändern wollen. Sind Sie auf einem Kreuzzug gegen den Alkohol?

Ben Branson: Ich will die Leute nicht daran hindern, Alkohol zu trinken. Ich will nur dafür sorgen, dass angemessene Alternativen endlich zur Selbstverständlichkeit werden, und zwar überall auf der Welt. Bei jeder geselligen Zusammenkunft sollte es alkoholfreie Optionen geben, ohne dass man dafür belächelt wird oder mit einem Saft vorliebnehmen muss. Saft ist einfach nicht das passende Getränk für eine schicke Bar oder einen festlichen Anlass.

ICONIST: Eine Spirituose ohne Alkohol und ohne Zucker klingt auch nicht gerade stimmungsvoll. Wie sind Sie darauf gekommen?

Branson: Es hat damit angefangen, dass ich in meinem Garten Kräuter für den eigenen Bedarf angebaut habe, Rosmarin, Thymian, dazu ein bisschen Gemüse. Ich war auf der Suche nach neuen Sorten und Anwendungen, deshalb habe ich ein paar Nachforschungen angestellt. Dabei bin ich auf ein Buch aus dem Jahr 1651 gestoßen, „The Art of Destillation“ von einem Arzt namens John French. Es versammelt Rezepte für Heiltränke auf Basis von mehr als 200 verschiedenen Kräutern und Gewürzen. Manche enthalten Alkohol und manche nicht.

Von Neu-Gärtner-Sorgen

ICONIST: Welche Krankheiten sollten damit behandelt werden?

Branson: Alles von Kopfschmerzen bis hin zu Fieber. Es ist schon irre, was der Autor alles ausprobiert hat. Es gibt sogar Rezepte, die das ewige Leben versprechen. Das Buch beinhaltet auch viele Zeichnungen, zum Beispiel von einer Kupferdestille (hält das aufgeschlagene Buch in die Kamera). So ein Gerät habe ich mir dann zugelegt, um einige der Rezepturen auszuprobieren. Ich habe alles destilliert, was mir in die Finger kam, von Nüssen über Samen bis hin zu Blumen.

ICONIST: Dabei ging es Ihnen vermutlich weniger um die heilsame Wirkung als um den Geschmack.

Branson: Genau. Dazu muss ich erzählen, dass ich zu dieser Zeit ein Restaurant in London besucht habe. Ich musste noch fahren und habe deshalb nach einem alkoholfreien Drink gefragt. Ich bekam eine pinkfarbene Zuckerbombe, mit der man vielleicht einem Kind eine Freude gemacht hätte, aber sicher keinem Erwachsenen. Der Drink hat weder zum Anlass gepasst noch zum Essen. Allmählich dämmerte mir, dass meine Versuche mit der Kupferdestille ein gewisses Potenzial haben. Ich dachte, ich könnte vielleicht ein paar Flaschen abfüllen und auf Wochenmärkten verkaufen. Nach zwei Jahren war das Projekt zu meinem Lebensinhalt geworden.

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ICONIST: Wann kamen die Erbsen und das Heu ins Spiel, die man auf der Zutatenliste der Sorte Seedlip Garden findet?

Branson: Ich liebe Erbsen (er hält die rechte Faust in die Kamera, auf den Fingern ist das Wort „PEAS“ eintätowiert, Englisch für Erbsen), und ich hatte mir vorgenommen, kein Gin-Imitat zu entwickeln, sondern ein eigenständiges Getränk mit einem unverwechselbaren Geschmack. Das Entscheidende dabei ist nicht die einzelne Zutat, sondern das Zusammenspiel der Komponenten. Die Geschmacksrichtung Seedlip Spice enthält Kardamom, amerikanische Eiche, Zitronenschale, Grapefruitschale, die Rinde des Cascerilla-Strauchs von den Bahamas. Die Variante Seedlip Garden basiert auf Erbsen, Heu, Hopfen, Rosmarin und Thymian. All das wird lebendig, wenn man es für Mixgetränke verwendet. Die Kohlensäure bringt den Geschmack erst richtig zur Entfaltung.

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ICONIST: Eine alkoholfreie Spirituose wirkt wie ein Widerspruch in sich. Worin unterscheidet sich Ihr Verfahren von der herkömmlichen Destillation?

Branson: Wir benutzen weitgehend dasselbe Equipment, und wir verwenden auch Alkohol, weil er sich perfekt dazu eignet, Geschmack zu extrahieren. Wir legen die Zutaten für eine bestimmte Zeit in eine Mischung aus Alkohol und Wasser, um die Extraktion in Gang zu setzten. Die Destillation erfolgt dann in zwei Stufen. Alkohol hat einen niedrigeren Siedepunkt als Wasser, deshalb können wir beim Erhitzen zunächst den Alkohol verdunsten lassen. Die verbleibende Flüssigkeit wird auf über 100 Grad erhitzt, und daraus wird dann das Destillat gewonnen. Dieser Vorgang wird für jede einzelne Zutat wiederholt. Bei 18 Zutaten benötigen wir also 36 Destillationsschritte, bevor die Komponenten zusammengemischt werden.

Ein Abend in Berlins erster Sober-Bar

ICONIST: Wann haben Sie gemerkt, dass Sie nicht nur mit Kräutern und Gewürzen herumexperimentieren, sondern ein handfestes Geschäft aufbauen?

Branson: Am Anfang war Seedlip ein Ein-Mann-Unternehmen. Ich habe die Flaschen selbst abgefüllt, die Labels eigenhändig draufgeklebt und auch noch die Lieferungen ausgefahren. Nach dem Launch habe ich gemerkt, dass ich ein Team brauche, eine professionelle Abfüllanlage und ein vernünftiges Büro. Dann ging alles sehr schnell. In den ersten drei Monaten bekam ich Anfragen aus 100 Ländern. Ich weiß noch, wie ich in eine Bar in London gegangen bin und der Barkeeper mir erzählte, dass er Seedlip bei einem Branchenevent in Griechenland kennengelernt habe – dabei war das Produkt zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht in Griechenland erhältlich.

ICONIST: Gab es Reaktionen, durch die Sie sich besonders bestätigt gefühlt haben?

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Branson: Es gab eine Reihe von Schlüsselerlebnissen, etwa als mir der Chefsommelier aus dem „Fat Duck“ (eines der renommiertesten Restaurants in England, Anm. d. Red.) schrieb, dass der Inhaber Heston Blumenthal mein Produkt probiert hatte und mich kennenlernen wollte. Als die Restaurants von Gordon Ramsey und das „Soho House“ Seedlip in ihr Getränkesortiment aufnahmen. Als ich eine E-Mail bekam, dass Kate Moss sich eine privates Tasting mit mir wünscht. Oder als sich der Buckingham Palace bei mir meldete.

ICONIST: Moment mal, im Buckingham Palace wird Seedlip Tonic serviert?

Branson: Ich wurde zu einem Besuch bei Prinz Andrew und seinem Team eingeladen, um meine Geschichte zu erzählen. Später durfte ich dann im St James’s Palace ein Event für die königliche Familie ausrichten, und auch bei der Royal Wedding wurde Seedlip ausgeschenkt. Meine Mutter war wahnsinnig stolz auf mich.

ICONIST: Hat das private Tasting mit Kate Moss jemals stattgefunden?

Branson: Ja, ich habe zwei Stunden mit ihr verbracht und alkoholfreie Cocktails für sie gemixt, es war surreal. Schon zuvor hatte ihr Team kistenweise Seedlip bestellt. Wenn irgendjemand dafür sorgen kann, dass alkoholfreie Drinks cool werden, dann ist es wohl Kate Moss.

ICONIST: Wer trinkt Seedlip? Offenbar hauptsächlich Leute, die schon Erfahrungen mit Alkohol gemacht haben.

Branson: Ja, wir richten uns weniger an Menschen, die grundsätzlich keinen Alkohol trinken, sondern an sogenannte moderators (Deutsch: Mäßiger), also Leute, die ihren Alkoholkonsum reduzieren wollen, sei es dauerhaft oder nur zu einem bestimmten Anlass, ohne dass sie auf den Geschmack oder auf das Ritual verzichten möchten. Vielleicht müssen sie am nächsten Tag früh raus oder sind mit dem Auto unterwegs, vielleicht nehmen sie Medikamente.

ICONIST: Sie leben in einem Land, in dem exzessives Trinken als sozial akzeptables Verhalten gilt. Ändert sich der Umgang mit Alkohol?

Branson: In Großbritannien wird sehr viel Alkohol getrunken, aber der Konsum geht insgesamt zurück. Inzwischen gibt es bei uns über 60 verschiedene alkoholfreie Spirituosen, man findet sie in jedem größeren Supermarkt. Das sagt eigentlich schon alles.

ICONIST: Aus Großbritannien stammen auch Initiativen wie „Dry January“ oder „Sober October“, die zur Mäßigung oder zum zeitweiligen Verzicht auf Alkohol aufrufen, in vielen Städten gibt es sogenannte Sober Bars, in denen kein Alkohol ausgeschenkt wird. Sehen Sie sich als Teil einer neuen Nüchternheitsbewegung?

Branson: Ja, ich denke, wir erleben da einen Kulturwandel. Inzwischen beschäftigen sich unzählige Bücher, Podcasts und Festivals mit Alkoholalternativen, es gibt spezielle Hashtags zum Thema, Küchenchefs und Journalisten interessieren sich dafür. Das Ganze ist Teil eines größeren Trends zur bewussteren Ernährung und zu einem reflektierteren Umgang mit der eigenen Gesundheit und den Ressourcen, die uns zur Verfügung stehen. Ich glaube, wir stehen erst am Anfang dieser Entwicklung.

ICONIST: Wird diese Entwicklung auf einen neuen Puritanismus hinauslaufen? Was wird dann aus den Freuden des Rauschs und der Unvernunft?

Branson: Wenn ich sehe, was in unseren Pubs los ist, mache ich mir da keine Sorgen. Es geht nicht um Verzicht, sondern darum, eine neue Normalität herzustellen. Niemand sollte sich mehr dafür rechtfertigen müssen oder sich wie ein Außenseiter vorkommen, wenn er sich für eine alkoholfreie Alternative entscheidet.

ICONIST: Was hat Sie dazu bewogen, die Mehrheit an Ihrem Unternehmen an Diageo abzugeben, den weltgrößten Hersteller von Spirituosen?

Branson: Diageo verkauft seine Produkte in 180 Ländern und hat damit neue Perspektiven für die Marke eröffnet. Wenn ich die Trinkgewohnheiten der Welt ändern will, kann ich das entweder 50 Jahre lang im Alleingang versuchen oder mir einen Partner suchen, der diesen Prozess beschleunigen kann. Letzteres kam mir smarter vor.

ICONIST: Wie halten Sie es mit dem Alkohol? Wann waren Sie zuletzt betrunken?

Branson: Ich trinke sehr wenig. Hinzu kommt, dass ich zwischen 2017 und 2019 an 200 Tagen im Jahr unterwegs war und versucht habe, Barkeepern meine alkoholfreien Cocktails schmackhaft zu machen. Dabei hatte ich kaum Gelegenheit, Alkohol zu trinken, weil es etwas merkwürdig rübergekommen wäre, wenn ich etwas anderes getrunken hätte als mein eigenes Erzeugnis.

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ICONIST: Viele Bars und Restaurants, die Sie mit Ihren Produkten beliefern, entwickeln daraus eigene Kreationen. Welche Rezepturen sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?

Branson: In San Francisco wurde Seedlip dazu benutzt, ein altes Rezept für einen Milch-Punch aufleben zu lassen, der eine unglaublich seidige Textur hat. Manche Abnehmer verwenden Seedlip sogar zum Kuchenbacken. Dan Barber aus dem „Blue Stone Hills Barns“ bei New York hat spezielle Dinner-Pairings entwickelt, darunter einen Cocktail mit sehr intensivem Karottengeschmack. Eins meiner Highlights ist der transparente Lollipop, den der Patisseur aus dem „Eleven Madison Park“ in Manhattan aus Seedlip hergestellt hat.

ICONIST: Welcher Ihrer Drinks hat Kate Moss am besten geschmeckt?

Branson: Besonders gefallen hat ihr der Sour. Dafür mischt man einen Schuss Seedlip mit etwas Zuckersirup, einem Eiweiß und Zitronensaft. Wenn man die Mischung gut durchschüttelt, bildet sich an der Oberfläche ein feiner Schaum, der herrlich sauer schmeckt.

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Zur Person:

Vor acht Jahren gab der Brite Ben Branson, Jahrgang 1983, die Leitung einer Londoner Designagentur auf, um sich ganz der Vermarktung einer alkoholfreien Spirituose zu widmen, die er selbst zusammengebraut hatte. Seedlip ist heute in 37 Ländern erhältlich, 2019 übernahm der Spirituosenmulti Diageo die Mehrheit am Unternehmen. Der Markt mit alkoholfrei destillierten „Spirits“, kurz ADS, boomt weltweit, allein in Deutschland gibt es mehr als 70 Anbieter, darunter Marken wie Siegfried Wonderleaf und Undone.

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