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  4. Ohne Alkohol, ohne Kater: Ein Abend in Berlins erster Sober-Bar

Essen & Trinken Katerlos berauscht

Eine Bar ohne Alkohol. Ist das überhaupt noch eine Bar?

Freie Redakteurin
So sieht das nüchterne Nachtvergnügen im „Zeroliq“ in Berlin aus: Es gibt Cocktails mit Karottensaft und Haselnuss und Gemälde von lokalen Künstlern So sieht das nüchterne Nachtvergnügen im „Zeroliq“ in Berlin aus: Es gibt Cocktails mit Karottensaft und Haselnuss und Gemälde von lokalen Künstlern
So sieht das nüchterne Nachtvergnügen im „Zeroliq“ in Berlin aus: Es gibt Cocktails mit Karottensaft und Haselnuss und Gemälde von lokalen Künstlern
Quelle: ZEROLIQ BAR
Nüchtern am Tresen: Macht das überhaupt noch Spaß? Neue Bars wollen beweisen, dass Drinks auch ohne Alkohol berauschen. Ein Besuch in Berlin. Plus drei alkoholfreie Rezept-Ideen zum Nachmixen.

An einem sommerlichen Freitagabend sind in der „Zeroliq“-Bar in Berlin-Friedrichshain alle Plätze besetzt. Draußen wie drinnen, man sieht Paare, kleine Gruppen und Solotrinker, die Tische stehen Corona-konform weit auseinander. Der einzige Unterschied zu den vielen Lokalen im Kiez um die Boxhagener Straße: Hier wird kein Alkohol serviert.

Beliebt scheint „Zeroliq“, dessen Name aus der Kombination von „Zero“ mit „Liquor“ – null Schnaps sozusagen – entstanden ist, dennoch zu sein. Die Bar feierte bereits am 12. März ihre Eröffnungsparty, musste nach nur zwei Tagen pandemiebedingt schließen und darf nun seit dem 28. Mai wieder Gäste empfangen – etwas früher als andere Bars, weil man auch Tapas serviert und damit als Gaststätte gilt. Das Geschäft sei trotz der langen Pause gut angelaufen, so die Mitbegründerin der Bar, Slavena Korsun. „Wir haben schon erste Stammgäste“, sagt sie und zeigt auf einen Außentisch, an dem ein Paar mit einem Jungen im Kleinkindalter sitzt. „Sie sind Lehrer und trinken grundsätzlich wenig Alkohol. Auch das Kind hat schon einen Schluck vom Cocktail der Eltern probiert.“

Andere würden dazu „Mocktail“ sagen. Aber dieses Wort ist verpönt in einer Szene, die alkoholfreie Mixgetränke, Biere oder Weine von ihrem Fußnotendasein in den Barkarten dieser Welt befreien und als gleichwertige Genussmittel zu ihren hochprozentigen Pendants etablieren will. Sie gibt sich nicht mit Limonaden, Säften und Sprudelwasser zufrieden, sondern mixt sich ein Repertoire aus anspruchsvollen Drinks, serviert sie in kelchförmigen Gläsern vor Instagram-tauglichem Barambiente und schafft so Zufluchtsorte für all jene Menschen, die den wachen Geist am Abend dem dumpfen Kopf am morgen vorziehen. Mit Begriffen wie „Sober curious“ (auf Deutsch „nüchtern, aber neugierig“) oder „Sober Lifestyle“ beschreiben diese einen Lebensstil, für den man sich bewusst gegen das tägliche Feierabendbier und Sauftouren am Wochenende entscheidet. Und zwar nicht aus religiösen Gründen oder wegen früherer Suchtkrankheiten, sondern weil man sich so gesunder, fitter und leistungsfähiger fühlt.

Gerade im angelsächsischen Raum hat dieser Trend einige „Sober Bars“ hervorgebracht, die das nüchterne Nachtvergnügen mit ihren Cocktails auf ein anderes Niveau heben. Das „Getaway“ in Brooklyn, New York, gehört dazu, außerdem das „Redemption“ in London oder das „Virgin Mary“ in Dublin. Mit dem „Zeroliq“ hat nun auch in Deutschland die erste Bar eröffnet, die ausschließlich alkoholfreie Getränke serviert und das ausgerechnet in Friedrichshain, traditionell eine beliebte Adresse bei trinkwütigen Partygruppen. Aber dieses Viertel sei eben auch sehr vielfältig und dynamisch, sagt Slavena Korsun. „Wo, wenn nicht in Berlin würde man eine solche Bar eröffnen? Hier sind die Menschen offen für Neues, zudem gibt es eine aktive Start-up-Szene, viele Akademiker, also Menschen, die mit dem Kopf arbeiten und generell einen gesunden Lebensstil führen“, sagt sie.

Damit hat die Berlinerin, die bereits selbst einige Unternehmen im Tech- und Modebereich gegründet hat und auch als selbstständige Beraterin und Coach tätig ist, schon knapp umrissen, wer sich von ihrem neuen Projekt angesprochen fühlen dürfte: Karrieremenschen, Intellektuelle, aber auch Eltern, für die der Alkohol einfach keine so große Rolle mehr im Leben spielt, so wie jeder, der aus gesundheitlichen Gründen vom Alkohol Abstand halten muss – oder einfach neugierig darauf ist, wie sich das so anfühlt in einer „Sober Bar“.

Genuss ohne Kater: Die erste alkoholfreie Bar Deutschlands befindet sich in Berlin
Genuss ohne Kater: Die erste alkoholfreie Bar Deutschlands befindet sich in Berlin
Quelle: ZEROLIQ BAR

Korsun und ihr Geschäftspartner und Mitgründer Peter Kenzelmann, ein ehemaliger Brauereibesitzer, haben dafür gesorgt, dass ihr „Zeroliq“ zumindest optisch das klassische Barerlebnis verspricht. Im Innenraum empfangen schiefergraue Wände und die in Berlin so beliebten Holzmöbel mit Flohmarktcharme, an den Wänden hängen abstrakte Gemälde von lokalen Künstlern und nostalgische Schwarzweißfotografien. Hinter der Bar steht ein Franzose namens Viktor, der sich laut Korsun vor allem mit alkoholfreien Weinen sehr gut auskennt, aber zu beschäftigt ist, um Fragen zu beantworten.

Umso aussagekräftiger ist die großzügige Karte: 20 unterschiedliche Weine und 37 Biersorten stehen darin, statt Limonaden und Schorlen gibt es Longdrinks und Cocktails wie den „Summer in Berlin“, der aus Apfelsaft, Limettensaft, Ingwer, Minze, Ginger Ale und Zimt besteht. Für den „Night Blossom“ wird eine hausgemachte Hibiskus-Infusion mit Vanille und Zitrone gemischt, auch der Cold-Brew-Kaffee im „Chocolate & Coffee“ ist selbst gemacht. Wie viele Mitbewerber aus dem Ausland legt man auch bei „Zeroliq“ nicht nur auf den Alkoholgehalt, sondern auch auf die generelle Qualität der Zutaten viel Wert. Die Tapas sind natürlich vegan.

Mit hausgemachten Infusionen, Kräutern und frisch gepressten Säfte werden die Drinks zum Immunbooster
Mit hausgemachten Infusionen, Kräutern und frisch gepressten Säfte werden die Drinks zum Immunbooster
Quelle: ZEROLIQ BAR

Korsun selbst trinkt schon seit Jahren kaum noch Alkohol, sagt sie. „Ich hatte früher jeden Samstag um neun Uhr morgens Fechtunterricht in Zehlendorf. Da musst du um sieben Uhr aufstehen, eine Stunde fahren und dann fechtest du noch zwei Stunden mit Maske und Ausrüstung. Da überlegt man sich das genau, ob man am Abend vorher viel trinkt.“ Ihre sozialen Kontakte wollte sie dennoch nicht vernachlässigen. Wobei diese ohnehin keine Zeit mit durchzechten Nächten verschwenden. „Viele sind in der Start-up-Szene unterwegs, treiben viel Sport. Das Konzept, stundenlang in einer verrauchten Kneipe zu sitzen und Bier zu trinken ist irgendwie out.“

„In“ ist es dagegen, sich genau zu überlegen, wie man mit seinem Körper umgeht, wie man ihn ernährt und pflegt, wie man ihn vor Industriezucker und Zusatzstoffen verschont – und immer mehr auch vor Alkohol. „Gerade unter Millennials wird es doch immer normaler, dass sie nicht trinken“, sagt Mike Betts, der in der Nachbarschaft wohnt und an diesem Abend mit seiner Frau Yuno Tanaka-Betts vor dem „Zeroliq“ sitzt – er mit einem Glas Weißwein, sie mit einem „Gin & Tonic“. Der „Not-Gin“ in ihrem Drink stammt von der Hamburger Firma Undone, die sich auf nichtalkoholische Spirituosen spezialisiert hat, und von der „Zeroliq“ fast alle Alternativen zu Hochprozentigem bezieht.

Die gängigsten Spirituosen für alkoholfreie Cocktails sind Not-Gin, Not-Rum oder Not-Vermouth
Die gängigsten Spirituosen für alkoholfreie Cocktails sind Not-Gin, Not-Rum oder Not-Vermouth
Quelle: ZEROLIQ BAR
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Mike Betts trinkt schon seit über zehn Jahren keinen Alkohol mehr, Yuno Tanaka-Betts nur noch selten. „Da er nicht trinkt macht es alleine keinen Spaß. Und irgendwann haben wir einfach gemerkt, wie viele gute Alternativen es gibt“, sagt sie. Auch mit denen lassen sich in den Augen der „Sober Curious“-Bewegung die Vorteile des Ausgehens genießen: „Wir mögen ja die Kultur des Trinkens. Und mit einem raffinierten Cocktail fühlt sich dieses Ritual gleich viel besser an als mit einem Saft“, sagt Tanaka-Betts.

Ob es aber auch ohne Alkohol zu all den besonderen zwischenmenschlichen Begegnungen führt, die man mit versoffenen Barnächten verbindet? Das zu beurteilen fällt Slavena Korsun schwer – wegen der Corona-Einschränkungen müssten zurzeit ohnehin alle Abstand halten, der Tresenflirt zwischen eng beieinander sitzenden Unbekannten geht nicht mehr. Ins Gespräch kämen die Gäste trotzdem miteinander. „Schließlich sitzen sie alle in einer alkoholfreien Bar.“ Und das verbindet.

Barkeeper beobachten vieles - auch das Flirtverhalten ihrer Gäste

Die besten Rezept-Ideen zum Nachmixen:

Die alkoholfreien Cocktails sind nicht nur lecker, sondern auch gesund
Die alkoholfreien Cocktails sind nicht nur lecker, sondern auch gesund
Quelle: ZEROLIQ BAR

Summer Feeling

Saft einer halben Limette, zwei Scheiben frischer Ingwer, 15 ml Zimtsirup, acht bis zwölf Minze-Blätter, 50 ml naturtrüber Apfelsaft, Auffüllen mit Ginger Ale

Und so wird‘s zubereitet:

Zwei Scheiben frischen Ingwer (mit zwei Zentimeter Durchmesser) und den Limettensaft mit einem Stößel im Glas zerdrücken, Zimtsirup (in jedem Supermarkt erhältlich, meistens in der Nähe der Kaffeeabteilung), acht bis zwölf Minze-Blätter anklatschen und ins Glas geben und den Apfelsaft hinzufügen. Mit Eiswürfeln auffüllen und mit einem Barlöffel (oder einem etwas längeren Löffel) gut unterheben, sodass sich alle Zutaten vermischen. Mit Ginger Ale auffüllen und mit zwei Zimtstangen und einem schönen Minze-Zweig garnieren.

Very Berry

Fünf Brombeeren, 20 ml Johannisbeersirup, 100 Gramm frische Wassermelone, 40 ml Maracuja-Saft, Saft einer halben Zitrone, mit Sprudelwasser auffüllen

Und so wird‘s zubereitet:

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Fünf Brombeeren und den Johannisbeersirup mit einem Stößel zerdrücken. Wassermelone, Maracuja-Saft und Zitronensaft mit einer ungefähren Menge von vier Suppenlöffeln Crushed-Eis im Elektromixer aufmixen und als zweite Schicht über die Beeren schütten. Das Glas mit Crushed-Eis füllen und das Sprudelwasser hinzufügen. Somit ergeben sich drei verschieden farbige Schichten. Brombeeren oder eine Beerenauswahl auf einen Spieß piksen und auf das Glas legen.

Dieser Drink ist ein Health-Booster, er enthält Antioxidantien aus dunklen Beeren, die Radikale abwehren und sowohl dem Alterungsprozess als auch Stress entgegenwirken.

Gin & Tonic

Acht bis zwölf frische Basilikum-Blätter, zwei Gurkenscheiben, Saft einer halben Limette, 15 ml Agaven-Nektar, 60 ml Not-Gin, mit Tonicwater auffüllen.

Und so wird‘s zubereitet:

Alle Zutaten in ein hohes, mit Eiswürfeln gefülltes Glas geben, ein schönes Basilikum-Blatt und eine Gurkenrolle (mit einem Kartoffelschäler die Gurke ganz dünn schneiden und auf einer Zange aufrollen) auf einen Spieß piken und auf das Glas legen. Fertig!

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