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Geschichte Friedensappell

Wie Benedikt XV. den Ersten Weltkrieg beenden wollte

Es war ein verzweifelter Anlauf, die „furchtbare Schlächterei“ zu stoppen: Vor über 100 Jahren versandte der Papst einen Friedensappell. Doch die verfeindeten Staaten ließen ihn abblitzen.
Papst Benedikt XV. Papst Benedikt XV.
Papst Benedikt XV. (1854–1922), bürgerlich Giacomo della Chiesa, bald nach Beginn seines Pontifikats 1914
Quelle: pa/dpa/dpaweb/ansa Felici
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Drei Jahre dauerte das große Morden nun schon. Gerade hatten englische Divisionen die dritte Flandernschlacht eröffnet. In der Trichterwüste östlich von Ypern verschossen ihre deutschen Gegner erstmals Senfgas, um sie aufzuhalten. Es drang durch die Uniformen und hinterließ schreckliche Verätzungen auf Haut und Augen. Die Opfer erblindeten, viele erstickten. Es war der 1. August 1917, der Tag, an dem Papst Benedikt XV. einen glühenden Friedensappell an die kriegführenden Mächte richtete.

„Soll denn die zivilisierte Welt nur noch ein Leichenfeld sein?“, fragte der Papst in seiner Friedensnote. „Soll das ruhmreiche und blühende Europa, wie von einem allgemeinen Wahnsinn fortgerissen, in den Abgrund rennen und Hand an sich selbst anlegen zum Selbstmord?“ Er rufe in vollkommener Unparteilichkeit zum Frieden auf, „wie es jenem ziemt, der als der gemeinsame Vater alle seine Kinder mit der gleichen Liebe umgibt“.

Es war nicht die erste Friedensinitiative des Italieners Giacomo della Chiesa, der den größten Teil seiner kirchlichen Laufbahn im Vatikan verbracht, dann das Erzbistum Bologna übernommen und im September 1914, einen Monat nach Kriegsausbruch, den Stuhl Petri bestiegen hatte. Doch alle vorherigen Aufrufe waren auf taube Ohren gestoßen.

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Quelle: N24

Nur einige humanitäre Appelle hatten gefruchtet, etwa der zugunsten einer menschlichen Behandlung der Kriegsgefangenen. Nun wählte das 62-jährige Kirchenoberhaupt den großen diplomatischen Bahnhof: eine offizielle Note an die Regierungen.

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Die darin unterbreiteten Vorschläge liefen auf eine Wiederherstellung des Status quo der Vorkriegszeit hinaus: Rückgabe aller besetzten Gebiete, insbesondere die Räumung Belgiens durch die Deutschen; Verzicht auf Reparationen, Rückgabe der von den Entente-Mächten eroberten deutschen Kolonien. Alle strittigen Territorialfragen wie zwischen Deutschland und Frankreich um Elsass-Lothringen sollte ein internationales Schiedsgericht entscheiden.

Doch welche Erfolgsaussichten konnte ein solcher Vorstoß bieten – nach drei Jahren Weltenbrand? Nach Millionen Toten und verwüsteten Landstrichen? Welche Regierung würde ihren Bürgern vermitteln wollen, dass all diese Opfer nur einem schnöden Verständigungsfrieden gedient hätten?

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Quelle: Die Welt

„Keine Macht wollte Abstriche bei ihren hochgesteckten Kriegszielen riskieren. Letztlich endete die Note in einem diplomatischen Fiasko“, urteilt der österreichische Historiker Andreas Gottsmann. Entweder gingen im Vatikan erst gar keine Antwortschreiben ein, oder sie beschränkten sich wie im deutschen Fall auf allgemeine Friedensbeteuerungen ohne konkrete Verhandlungsbereitschaft. Nur Österreich-Ungarn, das zusätzlich zu den Lasten des Krieges noch unter Nationalitätenkonflikten litt, hatte vergeblich auf eine Annahme des päpstlichen Vermittlungsvorschlags gedrängt.

Doch für den Vatikan kam es noch schlimmer. Sowohl die Entente wie die Mittelmächte wähnten in der Note ein Komplott und diffamierten Benedikt XV. als „Papst der Gegner“. Für die Franzosen wurde er zum „pape boche“; der deutsche Heerführer Erich Ludendorff dagegen sprach nur noch vom „Franzosenpapst“. Zu den Friedensverhandlungen in Versailles 1919 luden die Sieger den Vatikan erst gar nicht ein.

Am enttäuschendsten dürfte für Benedikt XV. die Reaktion der Bischöfe in den kriegführenden Ländern gewesen sein. Die meisten hatten sich schon 1914 dem allgemeinen Hurrapatriotismus angeschlossen. Statt sich nun hinter ihr übernationales Oberhaupt zu stellen, bliesen viele erst recht ins nationalistische Horn. Der deutsche Episkopat warnte in einem Hirtenbrief vom 1. November 1917 vor einem Frieden „als Judaslohn für Treubruch und Verrat am Kaiser“. So wurde der stets auf strikte Neutralität bedachte Papst, der den Versailler Vertrag als Unrecht verurteilte und 1922 starb, zur tragischen Figur.

Papst Benedikt XV. an seinem Schreibtisch, aufgenommen um 1920. Giacomo della Chiesa, Erzbischof von Bologna, wurde im Jahr 1914 zum Papst gewählt und gab sich den Namen Benedikt XV. +++(c) dpa - Report+++ |
Mit seinen Friedensbemühungen im Ersten Weltkrieg hatte Benedikt XV. keinen Erfolg
Quelle: picture-alliance/ dpa/dpaweb
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Oder doch nicht? Auch wenn der Vatikan sich auf politischer Ebene nicht als moralische Autorität durchsetzen konnte, legte Benedikt XV. den geistigen Grundstein für einen strikten Pazifismus der Päpste. Seine Friedensdoktrin wurde Bestandteil des kirchlichen Lehramts aller seiner Nachfolger. Benedikt XVI. (im Amt 2005–2013) berief sich bei seiner Namenswahl ganz explizit auf den Weltkriegspapst.

Heute sind die Forderungen nach Schiedsgerichtsbarkeit, Abrüstung und letztlich der Ächtung des Krieges als Mittel der Politik, wie vom Zweiten Vatikanischen Konzil (1962–1965) formuliert, aus dem katholischen Weltbild nicht mehr wegzudenken. Inzwischen genießt die Kirche zumindest in Fragen des Weltfriedens jene moralische Autorität, die Benedikt XV. noch versagt blieb. Im Nachhinein wurde so der Gescheiterte doch noch zum „Friedenspapst“.

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Dieser Artikel wurde erstmals im August 2017 veröffentlicht.

KNA/sfk

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