In einem Positionspapier schlägt der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) vor, ein milliardenschweres Investitionsprogramm als Sondervermögen im Haushalt einzurichten. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) erteilte diesem Vorschlag eine Absage. "Die Schaffung von schuldenfinanzierten Sondervermögen ist kein Zaubertrick, der fiskalische und rechtliche Probleme löst", sagte Lindner in Berlin. Der Vorschlag könnte die Debatte um die Einhaltung der Schuldenbremse in der Ampel weiter anheizen.

Die fälligen Zinsen dürften zukünftige Steuerzahler nicht belasten, sagte Lindner. Zudem gelte auch für Sondervermögen die Einhaltung europäischer Fiskalregeln. Dem Finanzminister zufolge verfügt der Bund über hinreichende Einnahmen für Investitionen bis 2023. Diese könnten in den kommenden Jahren verstärkt werden – wenn Prioritäten im Haushalt verschoben werden würden.  

Großteil der Investitionen laut BDI in Infrastruktur und Wohnen nötig

Dem BDI zufolge braucht es in den kommenden Jahren Investitionen und Förderprogramme von fast 400 Milliarden Euro, um den Standort in der Zukunft konkurrenzfähig zu halten und den Umbau hin zu einer klimafreundlichen Industrie zu beschleunigen. Drei Viertel davon müssten aus öffentlichen Investitionstätigkeiten erfolgen, ein Viertel aus privaten.

Ein Großteil der Investitionen betrifft laut dem Lobbyverband die Bereiche Infrastruktur, Gebäude und Wohnen, für die schätzungsweise 315 Milliarden Euro nötig sind. Die grüne Transformation sollte mit weiteren 41 Milliarden Euro an Investitionsanreizen bis 2030 vorangetrieben werden. Darüber hinaus seien Anreize von schätzungsweise 20 bis 40 Milliarden für die Erfüllung der Resilienz-Ziele Deutschlands und der Europäischen Union nötig. Damit sollen unter anderem Importabhängigkeiten vermindert werden. Schwerpunkte sieht der BDI hierbei in den Bereichen Mikroelektronik und Batterietechnologien.

Dafür sei es vertretbar, präzise zweckgebundene und zeitlich klar definierte Sondervermögen einzurichten. "Das Industrieland Deutschland hat über Jahrzehnte zu wenig investiert, und jetzt kommen neue Investitionsbedarfe hinzu", sagte BDI-Präsident Siegfried Russwurm. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse sollte aber nicht – als vermeintlich einfachste Lösung – abgeschafft oder aufgeweicht werden.

SPD und Grüne sehen sich im Streit über den Bundeshaushalt bestärkt

In der Debatte über den Bundeshaushalt, bei der die Einhaltung der Schuldenbremse ein Knackpunkt ist, sehen sich Lindners Koalitionspartner in den BDI-Forderungen bestärkt. Es sei absolut richtig, dass die Industrie Investitionen für Klimaschutz und den Aufbau von Zukunftstechnologien fordere, sagte Grünenvizefraktionschef Andreas Audretsch. Der Lobbyverband sei damit nicht allein. "Die Schuldenbremse darf nicht zur Zukunftsbremse werden." Ein "Sparhaushalt" und zu niedrige öffentliche Investitionen gefährdeten den wirtschaftlichen Aufschwung und Arbeitsplätze, sagte auch SPD-Finanzpolitiker Michael Schrodi.

Dagegen weist die Union den BDI-Vorstoß zurück. "Sondervermögen lösen die Probleme nicht", sagte deren haushaltspolitischer Sprecher Christian Haase der Rheinischen Post. Ständig neue Sondervermögen und "schuldenfinanzierte" Kassen außerhalb des Bundeshaushalts können nicht Lösung jedes politischen Problems sein.