Deutschland – Ungarn: Die Turniermannschaft ist wieder da

 

Neben German Angst und Schadenfreude gehört auch die Turniermannschaft zu den klassischen Begriffen, die etwas so Deutsches meinen, dass man sie unmöglich ins Englische übersetzen kann. Da ist sie also wieder, die deutsche Fähigkeit, nicht perfekt zu sein, aber Ergebnisse zu liefern. Ungarn bot Paroli, legte einige deutsche Schwachstellen mit wenigen Pässen offen und musste sich am Ende doch 0:2 geschlagen geben. Deutschland zieht damit ins Achtelfinale ein und hat sich nach dem Auftaktrausch gegen die überforderten Schotten nun auch ins Turnier reingearbeitet.

 

Es war nicht fehlerfrei: Die Ungarn kamen in der zweiten Halbzeit zwar selten, aber dann gefährlich vors Tor. Varga köpfte nach einer schönen Flanke drüber, und einen kleinen Wackler von Neuer in der 90. Minute musste Joshua Kimmich von der Linie kratzen. Doch Neuer war es auch, der in der ersten Halbzeit zweimal aufgepasst hatte.

Die Führung sah nie ganz sicher aus, die vielen Wechsel verkomplizierten die Angriffe auch eher, als dass sie das Spiel vereinfachten. Und deshalb gab es selten einen besseren Zeitpunkt, das 2:0 zu machen. İlkay Gündoğan hatte das erste Tor schon clever vorbereitet, nun brachte er sich mit seinem geschickten Lauf in so eine gute Position, dass die Ungarn ihn vergaßen. Will man einen Gewinner aus den beiden bisherigen Spielen küren, ist das Gündoğan, der deutsche Kapitän.

Gleich lesen Sie hier noch eine erste Analyse meines Kollegen Tammo Blomberg, morgen früh folgt dann der ausführliche Spielbericht von Oliver Fritsch aus Stuttgart. Wir verabschieden uns und lesen uns am Sonntag wieder. Bis dann und viszontlátásra! 

Deutschland gewinnt das zweite Spiel bei der Heim-EM, in der Ampel finden sie trotzdem zielsicher einen Grund, sich zu zanken.

Spieler der Begegnung ist übrigens – Schweinsteiger wird das schockieren – nicht Manuel Neuer, sondern İlkay Gündoğan. Dafür gibt es von uns nun wirklich keinen Widerspruch.

O.k., Bastian Schweinsteiger sagt in der ARD, wir täten alle gut daran, Manuel Neuer den Rücken zu stärken. Ach so, wenn das unsere Rolle ist, dann nehmen wir im Sinne der Staatsräson natürlich jeden Zweifel zurück.

Wir sind uns übrigens unsicher, ob das Abgefeiere von Manuel Neuer so berechtigt ist. Ja, er hat ein paar Bälle rausgeholt und Kimmichs Fehler in der ersten Minute ausgebügelt. Er hat aber auch zwei Bälle in den Fünfmeterraum plumpsen lassen, einmal war es nur kein Gegentor, weil ein Ungar im Abseits stand.

Wenn ich Gündoğan richtig verstehe, möchte er, dass dieser Song zukünftig auch im Stadion gesungen wird.

Wenn ich Gündoğan richtig verstehe, will er uns sagen, dass Deutschland wieder eine Turniermannschaft ist.

Während sich die Spieler langsam aber sicher vom Platz applaudieren, diskutieren Julian Nagelsmann und Assistenztrainer Benjamin Glück noch auf dem Rasen. Vielleicht eruieren sie schon, auf wen Deutschland möglicherweise im Achtelfinale treffen könnte. Im Moment am wahrscheinlichsten: der Zweitplatzierte aus Gruppe C. Das wäre dann Slowenien, Dänemark, Serbien oder England.

Aus: Zwei Spiele, zwei Siege. Nur mal zur Erinnerung: Das sind so viele Siege wie bei der letzten EM und der letzten WM zusammengenommen. In der ARD verschieben sie sogar die Tagesschau, vermutlich kommt gleich ein Brennpunkt.

Aus: Deutschland also weiter Gruppenerster. Oder wie es Florian Wirtz sagen würde: "Normale Kartoffeln auf die eins."

Aus. Deutschland steht im Achtelfinale. Der Bundestrainer behält seinen Job. Zwei Dinge, die für deutsche Fans noch ungewohnt klingen. Aber sie schaffen das schon.

90. Minute: Manuel Neuer? Manuel Neuer!? Er kommt raus bei einer hohen Flanke, lässt den Ball dann aber im Zweikampf mit Martin Ádám fallen. War wahrscheinlich ein Foul, Ádám geht da schon ganz schön rein in Neuer. Am Ende klären die Deutschen eh.

89. Minute: Deutschland könnte höher führen, aber die gesamte Sturmreihe wurde mittlerweile ausgetauscht, und na ja, wie sagt man das jetzt, man sieht es. Die letzten Pässe, die letzte Idee, der letzte Zunder fehlen. Flanken kommen fast keine, das Spiel über außen ist fast nicht existent. Jeder kennt seine Rolle, heißt es ja über diese Auswahl, aber diese wird es wohl nicht gewesen sein.

87. Minute: Auch die Ungarn wechseln erneut. Dániel Gazdag für Barnabás Varga. Nicht unbedingt ein Wechsel, der sagt, wir machen noch zwei Tore.