Der Anfang des Junis bedeutet im Apple-Universum traditionell: Zeit für die World Wide Developers Conference (WWDC). Apples hauseigene Entwicklerkonferenz richtet sich in erster Linie an Softwareentwicklerinnen. Doch die Eröffnung ist auch für Nutzer interessant: Apple zeigt nicht nur die neueste Software des iPhones, iPads und Macs, sondern seit ein paar Jahren auch vermehrt neue Apple-Geräte. So auch in diesem Jahr. Die wichtigsten Neuerungen im Überblick:

Was muss ich wissen?

Zum ersten Mal seit Beginn der Covid-19-Pandemie kamen wieder Besucherinnen und Besucher für eine Keynote in den Apple Park in Cupertino. Trotzdem blieb Apple bei einer vorproduzierten Produktvorstellung. Die hatte es in sich: In knapp zwei Stunden ging es mit rasanten Kamerafahrten einmal durch das komplette Apple-Ökosystem. Dabei zog sich eine Linie durch den Abend: Apple will in alle Bereiche des Alltags seiner Nutzerinnen und Nutzer hineinreichen.

Die wichtigsten Ankündigungen bei der Software waren der nun individualisierbare Sperrbildschirm des iPhones, das stärker an Desktoprechner angelehnte Fenstermanagement auf dem iPad und Google-Docs-artig geteilte Dokumente über alle Plattformen. Als Hardware wurden zwei neue Notebooks, ein neues Macbook Air und ein neues Macbook Pro, angekündigt – mit einem neuen Chip aus Apples Eigenproduktion. Außerdem will das Unternehmen jetzt die Medikamente seiner Nutzerinnen kennenlernen, die Kontrolle über ihre Autos übernehmen und Passwörter gleich ganz abschaffen. Die meisten Softwareneuerungen will Apple im Herbst veröffentlichen.

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Was kann mein iPhone bald Neues?

Die größten Veränderungen werden iPhone-Nutzer bald direkt sehen, wenn sie ihr Smartphone anschalten: iOS 16 kommt mit einem neu gestalteten Sperrbildschirm. Der erinnert mit seinen Anpassungsmöglichkeiten ein wenig an die Ziffernblätter der Apple Watch: Künftig lassen sich hier direkt Widgets wie Kalendereinträge oder der eigene Fitnessfortschritt anzeigen, zudem sind alle Anzeigen in Größe, Form und Farbe individualisierbar. Neue Nachrichten fliegen künftig statt von oben von unten in den Bildschirm (warum auch immer), eigene Fotos können als Hintergründe direkt mit Filtern versehen oder – das wirkte in der Präsentation beeindruckend einfach – freigestellt werden. So soll das iPhone künftig erkennen, was auf einem Foto Mensch oder Tier ist und was der Hintergrund.

Obwohl sie sonst oft wichtigster Punkt der Präsentation sind, spielten Kamerafeatures darüber hinaus kaum eine Rolle. Nur die im vergangenen Jahr veröffentlichte Live-Text-Funktion, mit der Text aus Bildern herauskopiert werden kann, soll nun auch für Videos und als Liveübersetzer durch die Kamera funktionieren.

Freuen dürfen sich Schnelltipper: Über iMessage versendete Nachrichten können sie bald auch nachträglich bearbeiten oder, im schlimmsten Fall, gar zurückziehen. Außerdem soll es einfacher werden, Nachrichten teils zu tippen und teils zu diktieren.

Nicht nur ein Diktiergerät, auch ein Kartenleser ist das iPhone demnächst: Mit iOS 16 sollen Privatpersonen sowie Händlerinnen kontaktlose Bezahlungen akzeptieren können. Kleinere Neuigkeiten gab es auch für die weiterhin Google Maps hinterherhinkende Karten-App, die Familienfreigabe von Fotos und die Smart-Home-Zentrale der Home-App.

Bemerkenswert war ein ungewöhnlich ernster Moment in der sonst durchgängig fröhlich-begeisterten Präsentation: Katie Skinner, Senior Managerin für Datenschutz in Software, sprach über häusliche Gewalt und missbräuchliche Beziehungen. Wer in einer Beziehung Daten wie Passwörter oder Standort mit dem Partner teilt, soll künftig mithilfe eines Notfallresets jede Erlaubnis zurücksetzen und alle Geräte aus der Cloud abmelden können. Das soll verhindern, dass jemand weiter mitbekommt, was man fotografiert oder wo man sich aufhält. Solche Funktionen sind nötig, denn Apple verbindet seine Userinnen in der Software immer stärker miteinander. Geteilte Fotos und Dokumente mögen praktisch sein, können aber ein echtes Sicherheitsrisiko darstellen. Das zeigten schon Apples Standorttracker AirTags, die sich leicht für Stalking missbrauchen lassen.

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Kommt jetzt das iCar?

Ganz sicher kann man sich da noch nicht sein. Zumindest hat Apple seine Carplay genannte Oberfläche fürs iPhone im Auto aufpoliert. Bisher ist die nicht wirklich hübsch und steht im Funktionsumfang deutlich hinter den Entertainmentsystemen teurerer Autos zurück. Das neue Carplay soll nicht nur schöner, sondern direkt zum Autobetriebssystem werden. Die Apple-Managerin Emily Schubert sprach von einer "tiefen Integration mit der Hardware des Autos". Das iPhone soll Zugriff auf alle wichtigen Daten bekommen und das Armaturenbrett übernehmen, sodass Nutzer die Klimaanlage oder das Radio über Carplay steuern können. Angeblich soll die Kommunikation datenschutzfreundlich zwischen iPhone und Auto bleiben.

Das immer wieder als Gerücht diskutierte Apple Car kommt also – aber nicht als Hardware, sondern durch die Softwarehintertür. Von den ersten Autos soll man Ende kommenden Jahres hören, Apples Präsentation zeigte Marken wie Mercedes, Ford oder Audi unter den Firmen, die das neue Carplay unterstützen wollen.

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Und wenn ich lieber laufe, als Auto zu fahren?

Dann gehören Sie vermutlich zu den Leuten, die eine Apple Watch am Handgelenk tragen. Sie ist die erfolgreichste Smartwatch, in den vergangenen Pandemiejahren gab es Millionen neue Kunden, die sich von der Uhr zum Sport haben antreiben lassen. Hier gab es vergleichsweise wenig Neues: Die Watch hilft ab watchOS 9 auch beim Triathlontraining, merkt sich Streckenzeiten, damit ambitionierte Sportlerinnen gegen die eigene Bestzeit antreten können, und sie erhebt neue Messwerte über das Laufmuster.

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Wird die Apple Watch zum Gesundheitsmonitor?

Neue Messwerte gibt es auch für alle Nichtsportler: Die Apple Watch analysiert künftig die Schlafphasen und die Herzgesundheit, indem sie eventuell vorkommendes Vorhofflimmern trackt und auf Wunsch der eigenen Ärztin übermittelt.

Auch in anderen Gesundheitsdingen will Apple noch mehr in den Alltag seiner Userinnen integriert werden: Apple Watch und iPhone können ab dem Herbst Medikamente verzeichnen, an Einnahmezeiten erinnern und auf kritische Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten hinweisen. Dafür gibt es bisher Apps von Drittanbietern, die nun wohl für viele überflüssig werden.

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Kann man nun endlich auf dem iPad arbeiten?

Seit 2019 laufen iPads nicht mehr auf iOS, sondern auf dem eigenen Betriebssystem iPadOS. Von Beginn an betonte Apple, das iPad damit mehr zu einem vollwertigen Laptopersatz machen zu wollen. Ein Versprechen, das Apple bisher nicht wirklich einlösen konnte – mit iPadOS 16 soll es nun aber wirklich so weit sein.

Apple führt so etwas wie eine Desktopansicht ein, die mehrere Fenster nebeneinander (und nicht nur wie bisher im Splitscreen-Modus) anzeigen kann, Stagemanager nennt Apple das. Zudem sollen es mehr Funktionen vom Mac auch aufs iPad schaffen, etwa anpassbare Werkzeugleisten oder die Suchen-und-ersetzen-Funktion. Ob damit das iPad endlich produktiv nutzbar wird, ist zumindest fraglich.

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Macht Apple auf Microsoft Teams?

Das vielleicht nicht, aber es hat eine neue Kollaborationsfunktion angekündigt. In den neuen Betriebssystemversionen von iPadOS, macOS und iOS können Nutzerinnen verschiedene Dokumente teilen und gemeinsam bearbeiten, eine Art Google Docs im Apple-Kosmos. Zudem wird es ein digitales Whiteboard namens Freeform geben. In Verbindung mit dem Gruppenvideochat von FaceTime geht Apple damit nicht nur in Konkurrenz zu Google, sondern auch zu Microsoft, das mit seiner All-in-one-Produktivitätslösung Teams ganz wesentlich von der Pandemie profitiert hat. Der Ankündigungszeitpunkt scheint in Zeiten der Rückkehr in die Büros seltsam, Apple könnte aber noch nicht zu spät sein. Zum Problem dürfte für das Unternehmen aus Cupertino eher werden, mit den iWork-Apps Pages, Keynote und Numbers am populären Microsoft Office mit Word, PowerPoint und Excel vorbeizukommen.

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Was geht auf dem Mac?

Homeoffice-Arbeiterinnen können das eigene iPhone bald kabellos als Webcam am Mac nutzen. Das ist für alle besonders praktisch, die ihr Macbook zugeklappt an einen Bildschirm ohne Kamera angeschlossen haben und sich keine eigene Webcam kaufen wollen. Es ist jedoch ebenfalls eine Funktion, über die sich wahrscheinlich viele schon vor zwei Jahren gefreut hätten.

Auch der Stagemanager kommt auf den Mac, was hier etwas seltsam wirkt, weil er nur wie ein zweites Dock aussieht. Zudem sollen die Mail-App und die Suchfunktion Spotlight auf dem Mac smarter werden und umfassendere Suchergebnisse anzeigen. Nur kurz stellte Apple die Funktion Passkeys vor, die künftig Passwörter überflüssig machen soll. Was revolutionär klingt, ist schon länger bekannt, auch Google und Microsoft wollen beim passwortlosen Standard Fido mitmachen, der hinter der Funktion steht. Bald soll dann der Benutzername und eine Identifikation über Gesichts- oder Fingerabdruckerkennung ausreichen, um sich einzuloggen – und das plattform- und anbieterübergreifend.

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Und beim neuen Macbook Air?

Der beliebteste Mac ist schon lange das Macbook Air, es gibt kaum eine Vorlesung oder ein hippes Innenstadtcafé, das ohne mindestens ein aufgeklapptes Air auskommt. Über Jahre und Modelle hinweg blieb das Design ähnlich, mit einem keilförmigen Gehäuse, das sich nach vorn hin verjüngt. Damit ist es nun vorbei, denn Apples Macbook Air bekommt ein neues Format. Es ist nun mit geraden Linien gestaltet und sieht aus, als wären zwei iPads aneinandergeklebt worden. Damit ist es etwas mehr als elf Millimeter dick und 1,2 Kilogramm schwer. Die Displayränder sind schmal, nur an der Oberseite hat das Macbook Air den sogenannten Notch, einen schwarzen Balken, wie ihn auch die aktuellen iPhone-Modelle besitzen. Angetrieben wird der Laptop von der neuesten Version von Apples eigenem Chip, dem M2, dessen Geschwindigkeitsvorzüge Apple in vielen Prozentwerten ausführlich anpreist. Auch ein vom M2 angetriebenes Macbook Pro mit 13-Zoll-Bildschirm bringt Apple auf den Markt.

Wie in jedem Jahr gab es auch große Versprechungen, was die angeblich unglaubliche Gamingperformance der neuen Macs angeht. Ein Entwickler von Resident Evil Village, das nun auch auf den Mac kommt, war dieses Mal der auserkorene Gamingvertreter. Wahrscheinlicher ist aber, dass der Mac auch künftig nicht zu einem Zockertraum wird.

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Moment, und was ist mit Virtual Reality?

Noch bis vor wenigen Tagen hatten viele auf eine andere Hardwareankündigung spekuliert: Auf eine Augmented- oder Virtual-Reality-Brille, also eine Art Headset, das mit einem eingebauten Bildschirm der Nutzerin entweder eine komplette virtuelle Umgebung simuliert (VR, Virtual Reality) oder durch halbtransparentes Glas die reale Welt erweitert (AR, Augmented Reality). An einer solchen Brille arbeitet Apple gerüchteweise schon lange. Nachdem Anfang des Jahres Quellcode für ein Betriebssystem namens realityOS aufgetaucht war, hoffte mancher auf eine Vorstellung bei dieser WWDC.

Selbst für Apples Konkurrenten wäre ein solches Gerät womöglich hilfreich: Facebook-Konzern Meta und Playstation-Mutter Sony haben mit Oculus Quest und Playstation VR bereits ähnliche Headsets im Angebot, Facebook sieht sogar mit seinem Metaverse die Zukunft des Internets (oder gleich der ganzen Welt) durch eine Virtual-Reality-Brille. Dennoch ist der VR-Markt bisher eine Nische. Wie bei Smartphones oder Tablets zuvor könnte Apple durch sein Engagement eine existierende Technik für den breiten Markt interessant und zugänglich machen.

Bereits im Vorfeld der Konferenz hatte sich aber abgezeichnet, dass die Präsentation eines VR- oder AR-Headsets eher unwahrscheinlich sein würde: Laut Berichten der New York Times und von Bloomberg musste Apple die Veröffentlichung auf das kommende Jahr schieben, weil es noch Probleme mit Batterie, Hitzeentwicklung sowie der Software gebe. Von einem Headset war entsprechend nichts zu hören – auch ansonsten hat Apple an diesem Abend überraschend wenig über virtuelle oder erweiterte Realität gesprochen, immerhin war das bei vergangenen Keynotes ein wesentlicher Programmpunkt. Das könnte darauf hindeuten, dass Apple VR- oder AR-Features für künftige Präsentationen aufheben will. Bis das "one more thing" aber kommt, dürfte es noch dauern.

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