Was verbindet eine Physikerin, einen Germanisten und eine Virologin? Antwort: Nicht viel. Dies aber schon: Sie vergraben sich in Themen, konzentrieren sich auf ihren Gegenstand, über Jahre hinweg. Wissenschaftler, das schien lange ein nicht öffentlicher Beruf zu sein. Doch das hat sich verändert. Heute sitzen sie auf den Bühnen der Debattengesellschaft. Wissenschaftlerinnen schreiben Posts in den sozialen Medien, geben Einschätzungen in Talkshows ab, mancher Forscher schafft es auf die Titelseiten großer Zeitschriften.

Diese Veränderung im Berufsbild führt nicht nur zu einem besseren Austausch der Öffentlichkeit mit Expertinnen und Experten, zu mehr faktenbasierter Politik. Wissenschaftler werden auch angefeindet, bedroht, eingeschüchtert, herabgesetzt. Auch sie kennen die Enthemmungen, die in diesen Tagen viele Politikerinnen und Politiker erleben.

Eine neue Studie zeigt nun erstmals, wie verbreitet die Sorge vor solchen Angriffen unter Menschen in Universitäten und Forschungseinrichtungen ist. 70 Prozent der Befragten sagen darin, dass sie eine Zunahme von Wissenschaftsfeindlichkeit beobachten. Und fast die Hälfte berichtet, diese bereits selbst erlebt zu haben.

Die repräsentative Erhebung, durchgeführt vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung (DZHW), ist Teil eines Projektes, das Hassrede gegenüber Forschenden untersucht; es wird von der VolkswagenStiftung finanziert. Die Studie liegt der ZEIT exklusiv vor.

Nun ist "Feindlichkeit" ein scharfes Wort, es klingt nach maximaler Eskalation. Und diese gibt es tatsächlich: Darunter fallen etwa die zielgerichtete Beschädigung von Gegenständen und Vandalismus – etwa wenn Labore angegriffen werden, in denen Tierversuche stattfinden. Dazu gehören auch justiziable Äußerungen wie Todesdrohungen – davon waren vor allem in der Pandemie die besonders exponierten Experten betroffen. Knapp fünf Prozent der Befragten erzählen davon.

Deutlich alltäglicher ist Hassrede, davon berichten sieben Prozent; zwölf Prozent von persönlicher Diskriminierung. Am weitesten verbreitet, bei 35 Prozent der Befragten, sind herablassende Äußerungen und bewusst verletzende Kritik, deren Ziel darin besteht, die Wissenschaftlerin oder den Wissenschaftler in ihrer Kompetenz anzuzweifeln.

Befragte aller Fachbereiche, aller Statusgruppen und aller Geschlechter erzählen von solchen Anfeindungen. Leichte Ausschläge nach oben gibt es in jenen Fächern, die besonders menschennah oder kontrovers erscheinen, dazu gehören die Geschlechter- und die Klimaforschung oder die Medizin. Und von persönlichen Herabsetzungen berichten etwas mehr Frauen. Im Grunde aber zeigt die Studie: Es kann alle treffen. Den arrivierten Professor, die junge Nachwuchsforscherin, die Biologin, den Soziologen.