WELT: Der Wissenschaftliche Beirat beim Wirtschaftsministerium fordert, die geplante Stabilisierung des Rentenniveaus nicht für alle Einkommensgruppen vorzusehen. Laufen wir langfristig auf eine Einheitsrente zu?
Kohlstruck: Es gibt in der gesetzlichen Rente das Prinzip der Teilhabeäquivalenz, die besagt, wenn man wenig einzahlt, bekommt man wenig Rente, wenn man viel einzahlt, ist auch die Rente höher. Wir haben innerhalb der GRV also keine Umverteilung wie etwa in der Krankenversicherung. Da zahlt man bei steigenden Löhnen mehr in die Versicherung ein, wird aber nicht unbedingt kränker. Die, die mehr in die GRV eingezahlt haben, von Erhöhungen auszunehmen, wäre insofern ein Bruch mit dieser Teilhabeäquivalenz. Es könnte zu Akzeptanzproblemen des Rentensystems führen, wenn jemand weiß, er zahlt Beiträge, bekommt dafür aber nicht das, was ihm gemäß seiner Beiträge zustünde. Altersarmut zu verhindern, ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die der Steuerzahler über die Sozialhilfe zu leisten hat.
WELT: Nach Deutschland kommen monatlich rund 20.000 Asylsuchende, meist unerlaubt aus unseren sicheren Nachbarländern. Zugleich gibt es weder den politischen Willen, diese Entwicklung zu beenden, noch werden Abgelehnte selten abgeschoben. Unterschätzt die Politik die Gefahr für den sozialen Frieden, wenn diese Menschen am Ende in den deutschen Sozialsystemen landen, in die andere über Jahrzehnte eingezahlt haben?