Angesichts eines akuten Fachkräftemangels plant die griechische Regierung ab dem 1. Juli eine weitreichende Arbeitsmarktreform. Arbeitnehmer sollen in Zukunft die Möglichkeit einer Sechs-Tage-Woche erhalten. Fällt der sechste Arbeitstag auf einen Samstag, erhalten sie einen Lohnzuschlag von 40 Prozent, an Sonn- und Feiertagen sogar 115 Prozent zusätzliches Gehalt.
Diese Maßnahme soll dazu beitragen, die Arbeitskräfteknappheit zu lindern und die wirtschaftliche Situation im Land zu verbessern. „Ziel ist es, dass vor allem Industrieunternehmen mit rotierender Schichtarbeit und hoch spezialisiertem Personal ihre Abläufe nicht unterbrechen müssen“, zitiert die „Frankfurter Allgemeine Zeitung“ (FAZ) das griechische Arbeitsministerium.
Außerdem soll die Schwarzarbeit eingedämmt werden, da einige Unternehmen längst länger arbeiten lassen. „Nun wird diese Extraarbeit aus der Schatten- in die legale Wirtschaft gebracht“, sagt eine Sprecherin des Ministeriums.
Die neue Regelung gilt jedoch nicht für alle Branchen. Beamte sind ausdrücklich von der Sechs-Tage-Woche ausgenommen. Grundsätzlich steht diese Option allerdings sowohl im öffentlichen als auch im privaten Sektor zur Verfügung, insbesondere in Bereichen wie Banken, Versorgungsunternehmen und der Landwirtschaft.
Griechenland hat mit 2036 Stunden pro Jahr bereits jetzt eine der höchsten durchschnittlichen Arbeitszeiten in Europa, verglichen mit 1386 Stunden in Deutschland. Damit arbeiten die Griechen laut OECD statistisch sogar mehr als die Menschen in den USA. Gewerkschaften lehnen deshalb die neue Regelung ab und beklagen bereits „ausbeuterische Zustände“ durch den Fachkräftemangel.
Söder lobt das griechische Konzept – „Müssen wieder mehr arbeiten“
Trotz der finanziellen Anreize gibt es kritische Stimmen, die bezweifeln, dass die Maßnahme eine langfristige Lösung für die wirtschaftlichen Probleme des Landes darstellt. Jens Bastian, ein Experte für Griechenland, wies im Magazin „Business Punk“ darauf hin, dass hohe Steuer- und Sozialversicherungsabgaben sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber stark belasten. „Aufgrund der geringen Lohnentwicklungen und der hohen Inflation haben viele bereits gezwungenermaßen zwei Jobs“, sagte Bastian.
Zudem bleibt unklar, ob die Einführung der Sechs-Tage-Woche tatsächlich zu einer Erhöhung der Gesamtarbeitsstunden führt, da die EU-Kommission weiterhin eine maximale Wochenarbeitszeit von 48 Stunden vorschreibt. Deshalb sollen laut neuer Regelung maximal acht zusätzliche Stunden möglich sein, berichtet der „Business Insider“.
In Deutschland lobte zuletzt CSU-Chef Markus Söder das griechische Konzept und forderte von den Deutschen mehr Fleiß. „In Griechenland gibt es jetzt zum Beispiel eine Sechs-Tage-Woche, bei uns wird über eine Vier-Tage-Woche diskutiert. So werden wir den Rückstand nicht aufholen. Wir müssen wieder mehr arbeiten, aber mehr Arbeit muss sich dann auch lohnen“, hatte er der „Bild-Zeitung“ gesagt.