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Wirtschaft Großbritannien

Die Flucht der schlecht bezahlten Pflegekräfte

Quelle: Getty Images/Maskot
Großbritannien zahlt wie Deutschland nur mittelmäßige Löhne in der Krankenpflege. Das führt nun dazu, dass viele Pfleger aus dem Ausland nach kurzer Zeit weiterziehen – in Länder, die viel höhere Löhne zahlen. Drei sind besonders attraktiv.
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Seit Jahren gehören medizinische Pflegekräfte aus dem Ausland zu den wichtigen Stützen des staatlichen britischen Gesundheitsdienstes NHS. Doch längst nicht alle dieser Krankenpflegekräfte bleiben dauerhaft im Land. Und die Abwanderung nimmt rasch zu, vor allem in Staaten mit deutlich höheren Gehältern.

Im Fiskaljahr 2022/23 haben 12.400 Pflegerinnen und Pfleger die nötigen Unterlagen beantragt, um ihre Qualifikation im Ausland nachzuweisen. Das waren mehr als doppelt so viele wie im Vorjahr und eine Vervierfachung gegenüber 2018/19, dem letzten vollen Jahr vor der Pandemie.

Am deutlichsten zeigte sich der Anstieg bei Pflegern, die im Ausland ausgebildet worden sind und bisher maximal drei Jahre in Großbritannien gearbeitet haben. Das „lässt vermuten, dass Großbritannien für eine wachsende Zahl ausländischer Pflegekräfte zu einem Sprungbrett wird, um zu anderen Zielen aufzubrechen“, schreiben die Autoren der Denkfabrik „Health Foundation“ in einer aktuellen Studie.

Auffällig sei, dass vier von fünf Bewerbungen auf drei Staaten entfallen: Australien, Neuseeland und die Vereinigten Staaten. Dort wird das Personal in der Pflege deutlich besser bezahlt als in Großbritannien.

Im Land genießt der NHS sehr hohe Zustimmung, das steuerfinanzierte Gesundheitssystem gilt als eine der großen Errungenschaften. Doch die Sparpolitik in der Folge der Finanzkrise, eine alternde Gesellschaft und ein hoher Anteil an Übergewichtigen haben dem System in den letzten Jahren zugesetzt.

Dazu kamen noch die erheblichen Anforderungen an medizinisches Personal während der Pandemie. Viele Menschen müssen Monate auf Behandlungstermine warten. Seit Jahren sind viele Stellen für Ärzte, aber vor allem auch das Pflegepersonal schwer zu besetzen.

Immer stärker hat der NHS daher auf Anwerbung im Ausland gesetzt. Für medizinische Kräfte gelten vereinfachte Visa-Bestimmungen und geringere Gehaltsschwellen als für viele andere Berufe.

„Es sieht fast so aus, als würde der NHS auf den Ranglisten der beliebtesten Standorte für internationale Pflegekräfte abrutschen“, sagte Anne Marie Rafferty, Professor für Krankenpflege am King’s College in London dem „Guardian“.

„Besonders besorgniserregend ist, dass Großbritannien bei der Entlohnung nicht mehr als Hochlohnland, sondern nur noch als mittlerer Anbieter gesehen wird und als Zwischenstation, in der sich ausländische Pfleger an westliche Gesundheitssystem gewöhnen, um sich dann auf die Suche zu machen, nach besserer Bezahlung und Bedingungen.“

Auch Deutschland wirbt aktiv um Pflegepersonal im Ausland

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Großbritannien ist mit seinen Sorgen nicht allein. In vielen westlichen Industrienationen fehlen in zahlreichen Bereichen der Gesundheitsversorgung Fachkräfte. Der demografische Wandel dürfte die Lage in den kommenden Jahren noch deutlich verschärfen.

Auch Deutschland wirbt seit einigen Jahren medizinisches Pflegepersonal aktiv im Ausland an. In Großbritannien hat dieses Vorgehen schon länger Tradition, hier ist der Anteil der im Ausland ausgebildeten Pflegekräfte daher hoch. Bei 18 Prozent lag er laut Daten der OECD bereits 2021 und damit höher als in anderen Staaten in Westeuropa.

Von den 2022/23 im Land neu registrierten Krankenpflegern hatten 24.000 ihre Ausbildung im Ausland abgeschlossen – laut Daten der Branchenaufsicht Nursing and Midwifery Council waren das fast die Hälfte aller Neuzugänge.

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Doch weitverbreitete Engpässe in vielen Staaten führen dazu, dass der Wettbewerb zwischen einzelnen Staaten immer weiter zulegt. Arbeitsbedingungen und die Bezahlung gewinnen dabei immer mehr an Bedeutung, scheinen die britischen Daten zu belegen. Grundlage sind die Certificate of Current Professional Status (CCPS), die nötig sind, um in anderen Staaten bei einer Bewerbung eine Beschäftigung in Großbritannien nachzuweisen.

In den drei beliebtesten Zielländern verdienen Krankenpflegerinnen und -pfleger deutlich besser als in Großbritannien. Angepasst um die Kaufkraftparität liegt das durchschnittliche Jahresgehalt laut den jüngsten OECD-Daten auf der Insel bei umgerechnet 46.000 US-Dollar (42.566 Euro). In Neuseeland sind es 57.000 US-Dollar, in Australien 71.000 US-Dollar und in den USA 84.900 US-Dollar.

Zum Vergleich: Fachkräfte in der Gesundheitspflege verdienen in Deutschland nach Angaben der Bundesagentur für Arbeit im Mittel 3928 Euro, das entspricht mindestens 47.136 Euro im Jahr.

Die drei beliebtesten Destinationen haben jüngst Maßnahmen bekannt gegeben, um mehr medizinisches Pflegepersonal aus dem Ausland anzuziehen. Einfacher wird ein Wechsel auch dank der englischen Sprache. Fast die Hälfte der Bewerber für die USA sind vor ihrer Zeit in Großbritannien in Indien ausgebildet worden, ein weiteres Fünftel auf den Philippinen.

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Beide Staaten zeichnen sich durch gute Englisch-Kenntnisse aus. Von dort kommen grundsätzlich die meisten Pflegerinnen und Pfleger ins Land, 2022/23 waren es fast 80 Prozent.

Großbritannien schneidet bei der Bezahlung aber nicht nur im internationalen Vergleich schlecht ab. Die Pflege-Beschäftigten haben in den vergangenen Jahren auch nur wenige Lohnerhöhungen gesehen. Nominal hat sich das Salär von 2010 bis 2020 um neun Prozent verbessert.

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In Deutschland waren es 21 Prozent. Unter dem Strich stand für Pflegepersonal in diesem Zeitraum eine reale Einbuße von sechs Prozent. Die vergangenen drei Jahre haben die Situation angesichts der hohen Inflation weiter verschärft. Viele unbesetzte Stellen führen zudem zu einer erheblichen Arbeitsbelastung.

Verschiedene Gruppen von Beschäftigten im NHS treten daher seit Monaten immer wieder in den Streik. In der Krankenpflege sind aktuell keine Arbeitsniederlegungen geplant, die großen Gewerkschaften der Branche drohen aber weiter mit Ausständen, sollten sich die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung nicht verbessern.

Die Beschäftigten hätten natürlich das Recht, in Staaten zu arbeiten, in denen ihr Fähigkeiten und ihr Wissen besonders geschätzt würden, sagte Pat Cullen, Generalsekretärin der Gewerkschaft Royal College of Nursing. Doch für das Land werde das zum großen Problem, da schon heute die Bedürfnisse der Patienten nicht mehr versorgt werden könnten.

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