Steven van de Velde ist niederländischer Beachvolleyballer und hat sich für die Olympischen Spiele qualifiziert – mit seiner Nominierung rückt auch seine Vergangenheit in den Fokus. Van de Velde ist verurteilter Vergewaltiger einer Minderjährigen. 2016 wurde er zu vier Jahren Gefängnisstrafe verurteilt, nachdem er im August 2014 die Vergewaltigung eines Kindes zugegeben hatte. Nach zwölf Monaten wurde er aus der Haft entlassen.
Van de Veldes Nominierung stößt auf heftige Kritik. „Kein Pädophiler oder Kindervergewaltiger sollte eine Nation bei den Olympischen Spielen vertreten. Für die Überlebenden ist es ein Schlag ins Gesicht, wenn einem Vergewaltiger applaudiert wird, als wäre nie etwas passiert“, schreibt die Anwältin Charlotte Proudman bei „X“.
Die amerikanisch-britische-Rechtsanwältin Ann Olivarius schreibt: „Ich würde gerne wissen, wie der niederländische Verband glauben kann, dass Steven van de Velde die siebte Anforderung an Olympiateilnehmer erfüllt.“ Olympiateilnehmer müssen eine Erklärung über die Rechte und Pflichten der Athleten unterschreiben. Dort werden sie dazu aufgefordert, als Vorbilder zu agieren.
Auch die britische Wohltätigkeitsorganisation zum Schutz von Kindern „National Society for the Prevention of Cruelty to Children“ äußerte sich zum Fall des Beachvolleyballers: „Van de Veldes Mangel an Reue und Selbstmitleid sind unglaublich.“
„Er demonstrierte seinen Mitmenschen Selbsterkenntnis und Reflexion“
Der Niederländer, der sein Opfer in den sozialen Medien kennengelernt hatte, war damals von Amsterdam nach Großbritannien gereist, um das 12-jährige Mädchen zu treffen. Der zu dem Zeitpunkt 19-Jährige gab dem Mädchen Alkohol und vergewaltigte sie. „Ich kann es nicht rückgängig machen, also werde ich die Konsequenzen tragen müssen. Es war der größte Fehler meines Lebens“, sagte van de Velde damals in Interviews. Er sei ein Teenager gewesen und „versuchte immer noch, die Dinge zu verstehen“.
Bei der Verkündung des Urteils sagte der britische Richter: „Bevor Sie in dieses Land kamen, trainierten Sie als potenzieller Olympionike. Ihre Hoffnungen, Ihr Land zu vertreten, sind nun ein geplatzter Traum.“
Jetzt scheint dies für den Niederländer doch in Erfüllung zu gehen. Nach seiner Freilassung nahm van de Velde seine Volleyballkarriere wieder auf und seit 2018 an internationalen Turnieren teil, „nachdem er einen intensiven, professionell betreuten Weg verfolgt hatte“, so das Niederländische Olympische Komitee (NOC). Das Komitee sagte gegenüber „BBC Sport“: „Nach seiner Freilassung suchte und erhielt van de Velde professionelle Beratung. Er demonstrierte seinen Mitmenschen – privat und beruflich – Selbsterkenntnis und Reflexion.“ Van de Veldes Rückkehr in den Sport entspreche den „Guidelines Integrity Record” des niederländischen Volleyballverbandes, wo die Bedingungen für Athleten festgelegt sind, die nach einer Verurteilung wieder an Wettkämpfen teilnehmen dürfen.
„Wir kennen Stevens Geschichte“
Auch der niederländische Volleyballverband steht hinter van de Veldes Teilnahme in Paris. „Wir kennen Stevens Geschichte“, sagt Generaldirektor Michel Everaert. Man habe sich intensiv mit dem internationalen Volleyballverband und dem niederländischen olympischen Komitee ausgetauscht. „Seit seiner Rückkehr hat er sich als Musterprofi und vorbildlicher Mensch ausgezeichnet.“ Darum habe er die volle Unterstützung für die Teilnahme an den Olympischen Spielen, es gebe keinen Grund mehr, an ihm zu zweifeln.
Das Internationale Olympische Komitee (IOC) betonte, die Nominierung einzelner Teammitglieder liege „in der alleinigen Verantwortung des jeweiligen Nationalen Olympischen Komitees“.
In einem NOC-Statement äußerte sich der Sportler zur Kritik an seiner Nominierung: „Im Jahr 2016 und danach haben auch mehrere niederländische Medien der Geschichte Aufmerksamkeit geschenkt. Ich verstehe, dass dies im Vorfeld des größten Sportereignisses der Welt für Aufsehen der internationalen Medien sorgen kann.“