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Olympia Speerwerfer Max Dehning

Tiefenentspannter Hoffnungsträger mit großen Reserven

Sport-Redakteurin
„Es geht alles komplett durch die Decke“, sagt Max Dehning „Es geht alles komplett durch die Decke“, sagt Max Dehning
„Es geht alles komplett durch die Decke“, sagt Max Dehning
Quelle: picture alliance / BEAUTIFUL SPORTS/KJPeters
Speerwerfer Max Dehning hat sich mit seinem 90-Meter-Coup im Jahr der Olympischen Spiele sensationell in die Weltspitze katapultiert. Fluch und Segen zugleich, sagt sein Trainer. Wer ist der 19-Jährige? Wie gelang ihm der Wurf und wohin kann ihn das führen?

Es war im Sommer 2019, als Nachwuchs-Bundestrainer Matthias Rau erstmals diesen jungen Mann, der gerade mit einem phänomenalen Speerwurf die Leichtathletik-Welt verblüffte, in Aktion sah. „Max war ein Strich in der Landschaft. Seine Versuche waren alles andere als technisch sauber, aber er gewann die deutschen U-16-Meisterschaften und man sah, dass er einen natürlichen Wurf hat – das kann man nicht lernen.“

Knapp fünf Jahre und etliche Trainingseinheiten später ist aus Dehning ein 1,87 Meter großer kräftiger Athlet geworden, der – immer noch mit unsauberer Technik, wie Rau sagt – eine magische Marke überworfen hat und Interview-Anfragen selbst aus Skandinavien und Indien, dem Land des Olympiasiegers, bekommt.

„Social Media, Instagram und Interviews, es geht alles komplett durch die Decke“, sagt Max Dehning und weiß gar nicht so recht, wie ihm geschieht. Sein Wurf auf 90,20 Meter vor einer Woche in Halle/Saale war ein Überrschaungscoup, hat historische Dimensionen und ihn im Jahr der Olympischen Spiele von Paris plötzlich in die Weltspitze sowie ins Rampenlicht katapultiert. Dehning erinnert sich an den Blick auf die Anzeigetafel: „Da war gefühlt ich in einer anderen Welt. Ich habe selbst Tage später noch nicht richtig realisiert, was ich da gezaubert habe.“ Wer ist dieser 19-Jährige? Wie war diese Leistung möglich und was heißt das für die Zukunft?

Niedrige Erwartungen und historische Dimensionen

Gelungen war ihm die Weite, die im vergangenen Jahr zu WM-Gold geführt hätte, gleich im ersten Durchgang der deutschen Winterwurf-Meisterschaften. Der Soltauer, der mittlerweile bei der TSV Bayer 04 Leverkusen trainiert, schraubte seine alte Bestleistung von 79,13 Meter damit enorm nach oben, liegt nun auf Platz eins der Weltjahresbestenliste, erfüllte die EM- und Olympia-Norm und verbesserte den europäischen U23-Rekord des Briten Steve Backley (89,58 m) aus dem Jahr 1990. Außerdem ist Dehning der jüngste Speerwerfer, der jemals die 90-Meter-Marke geknackt hat, und erst der sechste Deutsche, der diese Schallmauer durchbricht. Johannes Vetter, Thomas Röhler, Raymond Hecht, Andreas Hofmann und Boris Obergföll war das bisher gelungen. Ganz klar: Dehning mischt die Szene auf und hat sich national bestens in Stellung gebracht im Kampf um die Olympia-Tickets.

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Dabei wäre er in Halle fast nicht angetreten. Vier Tage hatte er in der Woche zuvor mit einem Infekt zu kämpfen gehabt und im Bett gelegen. „Ich hatte danach noch zwei Einheiten probiert, musste das Krafttraining aber abbrechen und die Wurfeinheit war die mit Abstand schlechteste des Jahres“, erzählt er. Wenn er aber beim Europacup in Portugal antreten will, musste er in Halle antreten und eine halbwegs gute Leistung zeigen.

Viel mehr hatte er dann auch nicht erwartet – bis er sich beim Wettkampf einwarf. „Da hat man schon gesehen, dass das wieder richtig weit gehen kann“, sagt Dehning und war selbst überrascht. Den ersten Versuch wollte er locker angehen, Hauptsache gültig. Und dann bohrte sich der Speer bei 90,20 Meter in den Boden. „Ich wusste zwar nach dem Loslassen, dass es Bestleistung ist, aber damit hätte ich nie gerechnet“, sagt er. „Der Wettkampf ist für mich etwas ganz Besonderes.“

Plötzlich Weltklasse – „Segen und Fluch zugleich“

Nicht nur für ihn, der Trubel war und ist immer noch groß. Nun kommt Dehning nicht aus dem Nichts, sondern sorgte bereits im Juniorenbereich für Aufsehen, aber diese Dimension ist neu und kommt unerwartet – sowohl die Weite als auch die Aufmerksamkeit. Genießen, aber nicht abheben, auch darum geht es jetzt. „Ich möchte dem Jungen keinen zusätzlichen Druck aufbürden“, sagt sein Trainer. „Er soll ja weiter wachsen und nicht daran zerbrechen. Das ist jetzt Fluch und Segen zugleich.“ Die Liste der gescheiterten Riesentalente schließlich ist lang, vom Wunder- zum Sorgenkind. „Das Schöne ist“, sagt Rau, „dass ich mit Max offen darüber sprechen kann. Wir versuchen, den Druck ein bisschen von ihm fernzuhalten.“

Kräftiger Wurf: Max Dehning
Kräftiger Wurf: Max Dehning im vergangenen Jahr in Aktion
Quelle: picture alliance / Lukas Adler

Sorgen macht er sich um ihn nicht. Ein bodenständiger Typ sei der 19-Jährige, ruhig, sehr entspannt und mit einem tollen familiären Rückhalt von der Schwester über die Eltern bis zu den Großeltern. Im Verein sei er ein Bindeglied. „Jeder mag ihn, ob alt oder jung, Topathlet oder Anfänger. Mit den Schüler- und Jugendgruppen macht er immer ein Späßchen. Er ist es für jeden greifbar, dennoch arbeitet er total fleißig, zielstrebig“, sagt Rau und muss lachen bei so viel Lob. Negatives oder eine richtige Macke? Ihm fällt nichts ein. „Manchmal ist er ein Träumer“, sagt Rau. „Und er macht gerne mal ein Schläfchen. Manchmal kommt er zum Training und ist erst kurz vorher aufgewacht.“ Tiefenentspannt.

Dehning selbst versucht bei aller Euphorie, auch die 90 Meter und den Trubel entspannt zu sehen. Er wiegelt ab: „Ich muss solch eine Leistung an die 90 Meter heran erstmal bei einer EM, WM oder Olympischen Spielen abrufen und ziehe den Hut vor denen, die das geschafft haben. Das ist nochmal ein großer Unterschied.“ Und: Das zu schaffen, ist das Ziel des leidenschaftlichen Motorradfahrers.

„Ich habe Dopingkontrollen; dort sieht man die Ergebnisse“

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Wie aber war diese Leistungssteigerung möglich? Mal abgesehen von einer guten Portion Entspanntheit, die dazu beigetragen haben dürfte. „Auf jeden Fall werden sich einige wundern“, sagt Dehning und kann nachvollziehen, wenn angesichts solch einer Steigerung auch Skepsis aufkommt, ob das alles mit rechten Dingen zugehe. „Aber ich lasse mich davon nicht beeinflussen. Denn ich habe Dopingkontrollen und dort sieht man die Ergebnisse.“

War es ein Glückswurf, ein Ausrutscher? Nein, das beweisen die 85,45 Meter im zweiten Durchgang. Nach den 90 Metern aufzuhören, kam nicht infrage. „Es war mir wichtig, die Leistung zu bestätigen. Für mich selbst und damit es nicht heißt, es sei Glück gewesen“, sagt er.

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Sein Talent, dieser „natürliche Wurf“, wie Rau es nennt, spielt eine Rolle bei der Steigerung. Auch, dass sich Dehning selbst als Wettkampftypen bezeichnet. Zudem konzentriert er sich noch nicht allzu lange ausschließlich auf Speerwurf, spielte bis zur B-Jugend parallel Handball. Deutscher U16-, dann U18-Meister – das waren keine Zufälle. Mit 17 wechselte er dann gemeinsam mit seiner ein Jahr älteren Schwester Marie, einer Siebenkämpferin, nach Leverkusen. Neue Stadt, neuer Verein, neue Schule. „Ich habe mich von Anfang an sehr wohlgefühlt, wir sind im Verein wie eine große Familie“, sagt Dehning, der mit seiner Schwester in einer WG wohnt. Das Umfeld stimmt, das Training wurde noch intensiver, und es zahlte sich aus: Er ließ deutsche U20-Meistertitel folgen und feierte 2022 den Platz zwei bei der U20-WM.

Auf einmal müde und schwach. Diagnose: Pfeiffersches Drüsenfieber

2023 aber war wie verflixt. Erst bremsten ihn Ellenbogenprobleme, dann war er wieder fit und die Trainingsleistungen deuteten auf Wettkampfwürfe jenseits der 80 Meter hin, aber plötzlich stimmte etwas nicht mehr. „Jemand hat den Stecker gezogen und wir wussten nicht warum. Max war von der Rolle, müde, hat seinen Körper nicht mehr wahrnehmen können“, erinnert sich Rau. Irgendwann stand die Diagnose: Pfeiffersches Drüsenfieber.

Er hatte das ganze Jahr damit zu kämpfen. Die 80 Meter, da sind sich Trainer und Sportler einig, wären sonst 2023 gefallen – und die Steigerung der Bestleistung damit jetzt nicht so groß. Und nun, da er wieder vollkommen gesund ist, zahlt sich sportlich auch eine Entscheidung aus dem vergangenen Jahr aus: Dehning beendete die Schule nach der elften Klasse und macht ein Berufspraktikum bei seinem Verein, hat damit beste Trainingsbedingungen und bald das Fachabitur.

Dennoch, der 90-Meter-Wurf kam überraschend. „Ich habe im Training 82, 83 Meter geworfen und weiß, dass ich im Wettkampf etwas draufpacken kann“, sagt Dehning, „aber diese 90 - wow.“ Das Ziel ist nun, in Ruhe weiterzuarbeiten. 19 Jahre ist im Speerwurf kein Alter, Dehning hat Zeit, um seine Leistung zu stabilisieren. Und die will Rau ihm geben, kein unnötiger Druck für jemanden, für den viel möglich ist. „Ich mache sehr viel mit Kraft, da leidet die Technik“, weiß Dehning. „Ich habe noch viele Reserven.“ Die Konkurrenz dürfte aufhorchen.

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