Die spielerisch wenig überzeugenden Auftritte Frankreichs bei dieser EM liegen nach Ansicht von Ex-Nationalspieler Emmanuel Petit vor allem an der persönlichen Krise von Top-Star Kylian Mbappé. Der Weltmeister von 1998 und Europameister von 2000 kritisierte Mbappé auch für dessen bisheriges Auftreten bei der EM.
„Momentan ist er eines Kapitäns unwürdig, er übernimmt zu wenig Verantwortung auf dem Platz“, urteilte Petit im Interview des Redaktionsnetzwerks Deutschland vor dem Halbfinale an diesem Dienstagabend gegen Spanien (21.00 Uhr, im Sport-Ticker der WELT) in München.
Der 53 Jahre alte frühere Mittelfeldspieler verwies dabei auf den körperlichen Zustand des französischen Superstars. „Seit Beginn dieser EM ist er nicht auf der Höhe. Er ist körperlich nicht fit, zudem behindert ihn seine gebrochene Nase“, sagte Petit. „Er ist alles andere als effektiv im Abschluss. Außerdem wissen die Gegner, wie man ihn stoppt“. Ähnliche Kritik gibt es in Frankreich auch an Antoine Griezmann, der bei der aktuellen EM weit unter den Leistungen früherer Turnier bleibt.
Deschamps geht nach Kritik an EM-Auftritten in Offensive
Mbappé schoss bei der laufenden EM bislang erst ein Tor per Elfmeter. Aus dem Spiel heraus gelang der Équipe Tricolore trotz des Halbfinal-Einzugs kurioserweise bislang noch kein einziger Treffer. Zwei gingen aufs Konto des Gegners per Eigentor, wie im Achtelfinale gegen Belgien.
Dies habe „mit der vorsichtigen Spielweise von Nationaltrainer Didier Deschamps zu tun“, erklärte Petit, der den Ansatz seines früheren Mitspielers aber legitim findet: „Am Ende werden einzig und allein die Sieger in Erinnerung bleiben – nur das zählt. Die Art und Weise, wie Erfolge zu Stande gekommen sind, interessiert niemanden mehr.“ Indes mahnte Petit auch: „Frankreich unter Deschamps ist aber nur erfolgreich, wenn diese Spieler ihre individuelle Klasse ausspielen, was momentan zu selten der Fall ist.“
„Das Tor ist ihr Problem“, urteilte Frankreichs Sportblatt „L‘Équipe“. Deschamps aber verteidigte seinen Kurs. „Ich bin ein Trainer, der defensiv denkt“, sagte der 55-Jährige, der schon als Spieler und Trainer Weltmeister wurde, dem der EM-Titel als Trainer aber noch fehlt. Die Kritik am teils bieder-pragmatischen Fußball prallt an ihm ab. „Wenn Sie sich gelangweilt fühlen, schauen Sie sich doch ein anderes Spiel an“, sagte er bei der Pressekonferenz der Franzosen vor dem Spiel gegen Spanien.
Schön war auch schon kein Prädikat beim WM-Triumph 2018 zwei Jahre nach dem verlorenen EM-Finale daheim, wobei man dort zumindest im Achtelfinale gegen Argentinien und im Finale gegen Kroatien jeweils vier Tore erzielte. Diesmal soll auch dieser Titel noch her, Finalgegner wären England oder die Niederlande – gegen Oranje hatte Frankreich in der Gruppenphase 0:0 gespielt.
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