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  4. Robert Parker und die Dominanz schwerer Bordeauxweine

Weinland Frankreich Bordeaux

Die Renaissance der Eleganz im Bordelais

Futurismus in uralten Weinbergen: die Vinothek des Chateau Cheval Blanc in Saint-Émilion Futurismus in uralten Weinbergen: die Vinothek des Chateau Cheval Blanc in Saint-Émilion
Futurismus in uralten Weinbergen: die Vinothek des Chateau Cheval Blanc in Saint-Émilion
Quelle: civb
Vor über 30 Jahren trug der spätere Weinpapst Robert Parker wesentlich zur Dominanz schwerer, holzgeprägter Bordeaux-Weine bei. Heute findet bei vielen Chateaux eine Gegenbewegung statt.

Der Weinbau steckte noch in den Kinderschuhen, als der Römer Cicero vor gut 2000 Jahren die Eleganz als eine verführerische Frau beschrieb. Ihre Attraktion, so der Philosoph, liege darin, dass sie natürlich und nicht herausgeputzt wirke. Eine Definition, die zeitlos gültig erscheint und sich auf viele Bereiche der Kultur anwenden lässt. Auch auf den Wein, besonders auf seine höchstklassigen Spielarten wie jene weltberühmten aus dem Bordelais. An der Spitze der vielstufigen Hierarchie der dortigen Herkunftsgebiete oder Appellationen, die anlässlich der Pariser Weltausstellung 1855 etabliert wurde, thront bis heute Château Lafite-Rothschild. Das ist nicht der kraftvollste Bordeaux, ganz im Gegenteil: Lafite-Rothschild ist der eleganteste unter den Weinen des Médoc.

In der damaligen Epoche waren die elegantesten auch die am meisten geschätzten Weine. Anders als heute wurde der rohen Kraft jeglicher Anspruch verweigert, überhaupt erwähnt zu werden. Und diese Tradition hielt sich weit mehr als 100 Jahre lang. Dann kam ein Weinkritiker, der alles änderte.

Der Elsässer Bernard Burtschy, Professor für Mathematische Statistik, ist einer der renommiertesten französischen Weinautoren und der Weinexperte de Tageszeitung „Le Figaro“.
Der Elsässer Bernard Burtschy, Professor für Mathematische Statistik, ist einer der renommiertesten französischen Weinautoren und der Weinexperte de Tageszeitung „Le Figaro“.
Quelle: Vincent BOISOT

Der Jahrgang 1982, ein extrem heißes Jahr, brachte im Bordelais samtige und charmante Weine hervor, leicht zu verkosten und leichter zu verstehen als viele andere Jahrgänge. In diesem Jahr vernarrte sich ein junger amerikanischer Weinjournalist namens Robert Parker in diesen Weintypus, der seinem an stark alkoholisierte kalifornische Weine gewöhnten Geschmack und ebenso wohl dem Stil seiner Leser nahe war. Parker lobte auch andere, große und vor allem heiße Jahrgänge aus dem Bordelais und legte so Feuer ans Pulver der Preise. Das kam einer Schwäche seiner amerikanischen Leser entgegen – dem Reiz des leicht verdienten Geldes.

1982 fiel der Startschuss für Wein-Spekulanten

Von 1982 an wurde die Spekulation in die Welt des Weins eingeführt, insbesondere in Bordeaux. Zuvor variierten die Preise von einem zum anderen Jahrgang wenig. Die großen Weinliebhaber kauften grundsätzlich alle Jahrgänge, geduldeten sich bei den großen, probierten frühzeitiger die kleinen und kümmerten sich wenig um Preisentwicklungen. Doch mit der steigenden Nachfrage nach den großen Jahrgängen begannen die Händler, Weine in den Kellern zu hohen Preisen zu kaufen, um sie noch teurer weiter zu verkaufen. Vor allem kraftvolle Weine, die das Glück gehabt hatten, dem großen Guru Parker zu gefallen, und die leicht verständlich für wenig aufgeklärte Weinfreunde waren.

Die Wohlhabendsten unter ihnen gingen daran, die 100-Punkte-Weine zu sammeln, die absolute Spitzennote, die Parker weltweit immerhin an die 500 Mal in 20 Jahren vergab. Untersucht man diese Weine, trifft man vor allem auf kraftvolle, alkoholstarke Gewächse mit soviel Holztönen, das sie an Karikaturen grenzen.

Bis heute werden sie nach einem allgemeinen Grundrezept produziert: Man bevorzugt ansprechende, schmeichelnde Rebsorten wie Merlot, treibt die Reife der Trauben auf die Spitze, füllt den Jungwein in neue Fässer und ruft am besten einen mit dem Segen Robert Parkers und der Globalisierung des Weinbaus zu Ruhm gekommenen „flying winemaker“ hinzu.

Ein simples, aber kostspieliges Verfahren

Der Begriff wurde in Australien geprägt und bezeichnet Önologen, die international oder sogar interkontinental für mehrere Weingüter arbeiten, etwa der Franzose Michel Rolland oder der Italiener Alberto Antonini. Das ganze Verfahren ist kostspielig, aber simpel. Die so entstehenden Weine ließen einen Markt von Debütanten, die für starke Empfindungen empfänglich sind, viele Jahre lang in Behaglichkeit aufseufzen. Doch nun sind sie nach und nach aus der Mode geraten. An ihre Stelle treten mehr und mehr ausgewogenere und subtilere – elegantere – Tropfen.

Das Streben des Winzers nach Eleganz im Wein ist allerdings kompliziert und langwierig. Das Terroir spielt eine privilegierte Rolle, die Harmonie zwischen Rebsorten und Anbaupraktiken ebenso. Die harte Arbeit der Abstimmung – zwischen den Rebsorten, dem Terroir und dem Klima – nimmt viel Zeit und Mühe in Anspruch. Philippe de Rothschild, der in den 1930-er-Jahren Mouton-Rothschild in Bordeaux zur Wiedergeburt verhalf, pflegte zu sagen: „Kein Problem, nur die ersten 300 Jahre sind schwierig.“

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