Wer in diesen Tagen in den Sommerurlaub fliegt, ist vielleicht erstaunt darüber, was für ein Flugzeug da am Terminal steht. Hatte man nicht Eurowings gebucht? Warum steht dort eine Maschine von Air Baltic? Oder warum fliegt eine Airline namens FlyAir41 statt Condor?
Die Antwort liegt in einer gängigen Praxis in der Luftfahrtbranche: dem Wet-Lease. Dabei mieten Fluggesellschaften Flugzeuge anderer Airlines samt Crew, Wartung und Versicherung für bestimmte Zeiträume an. Insbesondere im Sommer, wenn auf den Ferienstrecken mehr geflogen wird als im Winter.
„Da geht es darum, Kapazitäten optimal zu nutzen“, erklärt Luftfahrtexpertin Laura Frommberg, Chefredakteurin des Portals aerotelegraph.com. Für diese kurzfristig erhöhte Nachfrage haben die Airlines dann mitunter nicht genügend Flieger – und mieten sie, statt sie zu kaufen. Denn so stehen im Winter, wenn die Nachfrage geringer ist, keine eigenen Flotten-Flugzeuge nutzlos herum.
Eurowings zum Beispiel setzt im Sommer Flugzeuge von Air Baltic, Avion Express und Smartwings ein, um das geplante Flugprogramm durchführen zu können. Knapp ein Fünftel der Verbindungen der Kölner Fluggesellschaft, werden von den Leasingpartnern durchgeführt. Condor etwa setzt unter anderem auf Wet-Lease-Partnerschaften mit FlyAir41 und Heston Airlines. Auch Swiss oder die schwedische Airline SAS nutzen das Konzept.
Andere Crew, gleicher Service der Airline
Oft bleiben die Flugzeuge in der Originallackierung, oder bekommen nur einen kleinen Schriftzug. Teils werden sie aber auch in den Farben der anmietenden Airline lackiert.
Die Crew mag vom Leasingpartner bereitgestellt werden, der Service an Bord soll jedoch vergleichbar sein mit dem, der in den eigenen Flugzeugen der jeweiligen Airline angeboten wird, wie Laura Frommberg sagt. Es kann sein, dass die Flugbegleiter hauptsächlich Englisch sprechen. Darauf weist auch Eurowings hin. Die Wet-Lease-Partner bemühten sich aber, pro Crew mindestens ein deutschsprachiges Mitglied einzusetzen, heißt es auf der Website der Lufthansa-Tochter.
In der Regel kommt es nicht überraschend für den Reisenden, wenn ein Flug von einem Wet-Lease-Partner statt der eigentlichen Airline durchgeführt wird. Bei der Flugbuchung liest man dann zum Beispiel „operated by Air Baltic“ oder „durchgeführt von Air Baltic“.
Wenn das bei der Buchung noch nicht steht, ist das allerdings keine Garantie, dass der Flug am Ende nicht doch von einem Wet-Lease-Partner durchgeführt wird. Das kann sich kurzfristig ändern, etwa bei Kapazitätsproblemen oder technischen Schwierigkeiten.
Der Unterschied zwischen Wet-Lease und Code-Share
Wet-Lease ist nicht zu verwechseln mit Code-Share, bei dem eine Airline den Flug einer anderen Airline mit dem eigenen Kennungscode versieht und dafür Tickets verkauft – ohne aber den Flieger oder das Personal zu stellen. „Das zielt eher auf die Vermarktung von Flügen ab“, sagt Frommberg.
So kann eine Airline recht einfach mehr Routen anbieten. Einen Code-Share-Flug erkennt man daran, dass er zwei oder mehr Flugnummern hat. Die zuerst aufgelistete Nummer gibt Aufschluss darüber, welche Airline den Flug letztendlich durchführt.
Welche Rechte Urlauber haben
Airlines und Reiseveranstalter müssen Urlauber bei der Buchung informieren, welche Fluggesellschaft den Flug durchführt. Darauf weist Reiserechtsexperte Kay Rodegra mit Blick auf geltende EU-Regeln hin.
Will man Schadenersatzansprüche etwa bei Verspätungen geltend machen, ist bei Code-Share-Flügen die Airline verantwortlich, die den Flug durchgeführt hat. Bei Wet-Lease dagegen ist es die Airline, bei der man das Ticket gebucht hat und die dann für den Flug eine geleaste Maschine einer anderen Airline einsetzt. Also beispielsweise Eurowings, auch wenn man mit einer Air-Baltic-Maschine geflogen ist.
„Steht die Fluggesellschaft noch nicht fest, muss der Passagier sofort unterrichtet werden, sobald die Identität der ausführenden Airline bekannt ist“, so der Rechtsanwalt weiter. Und komme es zu einem Wechsel, müssten Passagiere ebenfalls unverzüglich eine Information darüber erhalten. Kommt etwa eine Airline dieser Pflicht nicht nach, riskiert sie bei einer entsprechenden Beschwerde Sanktionen durch das Luftfahrtbundesamt.
Gut zu wissen mit Blick auf Pauschalreisen: Reiseveranstalter behalten sich das Recht zum Wechsel der Airline zumeist in ihren Geschäftsbedingungen (AGB) vor, und in der Regel stellt der Wechsel keinen Reisemangel dar.
„Wird aber extra mit einem besonderen Service und Luxus einer bestimmten Airline geworben und der Flug mit dieser vertraglich vereinbart, kann bei einem Wechsel ein Reisemangel gegeben sein“, sagt Kay Rodegra. Ebenso, wenn es nach der Buchung zu einem Austausch kommt und die Ersatz-Airline auf der Liste unsicherer Fluggesellschaften steht, gegen die in der Europäischen Union ein Flugverbot vorliegt – die aber außerhalb der EU womöglich abheben dürfen.