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Deutschland Corona-Regeln

„Sicherer Bäderbetrieb mit Ungeimpften ist möglich“

Ob Schwimmen oder Saunieren – das können derzeit nur Geimpfte und Genesene. Der Branchenverband kritisiert diese und andere Zutrittsbeschränkungen. Hamburg etwa begrenzt das Gästevolumen in den Bädern auf 10 bis 30 Prozent. Welche Folgen hat das?
Reiseredakteurin
Wegen der Pandemie haben viele Kinder in den vergangenen zwei Jahren nicht Schwimmen gelernt – dabei geht es hier nicht nur um Spaß, sondern auch um ihren Schutz Wegen der Pandemie haben viele Kinder in den vergangenen zwei Jahren nicht Schwimmen gelernt – dabei geht es hier nicht nur um Spaß, sondern auch um ihren Schutz
Wegen der Pandemie haben viele Kinder in den vergangenen zwei Jahren nicht das Schwimmen gelernt – dabei geht es hier nicht nur um Spaß, sondern auch um ihren Schutz
Quelle: pa/ZB/Patrick Pleul

Während des monatelangen Lockdowns mussten bundesweit alle Bäder und Saunen schließen. Die Deutsche Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) hält diese Entscheidung für unnötig und verweist auf sichere Pandemiepläne. Was macht den Verband so sicher und welche Folgen haben die aktuellen Einschränkungen für den Badebetrieb? Wir fragten die DGfdB-Sprecherin Ann-Christin von Kieter und Michael Dietel, Sprecher von Bäderland Hamburg.

WELT: Ob in der Sauna oder im Schwimmbad – inzwischen scheint deutschlandweit 2G zu gelten, also Zutritt nur für Geimpfte und Genesene, oder gibt es irgendwo Ausnahmen von dieser Regel?

Ann-Christin von Kieter: Unserer Kenntnis nach gilt in ganz Deutschland mindestens 2G. Ungeimpfte Personen dürfen also auch mit Test nicht ins Schwimmbad.

WELT: In Sachsen, Thüringen und Brandenburg ist die Impfquote nach wie vor vergleichsweise niedrig. Sind Hygiene-Konzepte denkbar, die auch Ungeimpften den Zutritt in Bäder und Saunen ermöglichen könnten?

von Kieter: Ja, wir haben schon vor zwei Jahren den „Pandemieplan Bäder“ veröffentlicht, der unabhängig von der Frage, ob die Gäste gegen Corona geimpft sind oder nicht, einen sicheren Badebetrieb ermöglicht.

WELT: Wie sehen die Maßnahmen des Pandemieplans konkret aus?

Michael Dietel: Er beinhaltet unter anderem Vorschriften zur Umsetzung der Abstandsgebote, zur bestmöglichen Wegeführung, zur Ausstattung mit Desinfektionsspendern sowie zum Ticketverkauf. So werden inzwischen zusätzlich Onlinetickets angeboten, um im Bezahlprozess möglichst Kontakte zu vermeiden. Wer sein Ticket dennoch an der Kasse kaufen möchte, kann sich für die Kontaktnachverfolgung über Luca einchecken oder seine Daten schriftlich hinterlassen.

Ann-Christin von Kieter ist Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) und Michael Dietel Sprecher von Bäderland Hamburg
Ann-Christin von Kieter ist Sprecherin der Deutschen Gesellschaft für das Badewesen (DGfdB) und Michael Dietel ist Sprecher von Bäderland Hamburg
Quelle: Archiv von Kieter; Nina Stiller

WELT: Und mit diesen Maßnahmen können Sie das Infektionsrisiko in Schwimmbädern minimieren?

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von Kieter: Ja, aus unserer Sicht reichen die im Pandemieplan beschriebenen Maßnahmen aus, um für einen sicheren Badebetrieb zu sorgen.

WELT: Warum sind dann die Corona-Regeln auch für Ihre Branche so restriktiv und schließen Ungeimpfte aus?

von Kieter: Die Betreiber der Saunen und Bäder haben keinerlei Handlungsspielraum, die Zutrittsregelungen für Schwimmbäder werden in den Verordnungen der Bundesländer geregelt. Der Verband kritisiert das auch, denn Hallenbäder sind sichere Orte. Auch während des Lockdowns wäre eine Schließung der Hallen- und Freibäder nicht erforderlich gewesen.

WELT: Keine Schließung, selbst bei hohen Inzidenzen nicht?

von Kieter: Um es ganz klar zu sagen: Grundsätzlich sind Bäderschließungen in pandemischen Lagen nicht erforderlich, es sei denn, man will symbolische Akzente setzen. Das ist auch nichts Neues, wir als Bäderverband sind mit genau dieser Aussage schon im November 2021 an die Öffentlichkeit getreten. Wir präsentierten damals eine Studie der Betreiber der Luca-App, die unsere Meinung stützt.

WELT: Können Sie die Studie kurz erläutern?

von Kieter: Ja, ich muss aber etwas ausholen: 38 Millionen Deutsche haben die Luca-App installiert, sie wird insgesamt an 421.676 Standorten in Deutschland genutzt und 323 von 375 Gesundheitsämtern sind an das Luca-System angeschlossen. Eine offizielle Auswertung aller bis zum November 2021 eingegangenen Meldungen – es handelte sich immerhin um rund 250 Millionen Datensätze – ergab, dass lediglich 0,58 Prozent aller Ansteckungen in Bädern und Saunen erfolgten.

Fast alle Länder prüfen Vertrag – Einige haben bereits gekündigt

Die Luca-App sollte die Pandemiebekämpfung erleichtern. Sie wurde gefeiert, aber auch viel kritisiert. Datenschützer haben Sicherheitsbedenken und außerdem häufen sich Fälle, bei denen die Polizei an Daten aus der App herankommen wollte. Nun laufen die Verträge mit den Bundesländern aus.

Quelle: WELT/ Viktoria Schulte

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WELT: Ist es nicht auch denkbar, dass dieses gute Ergebnis mit der damals schon fortgeschrittenen Impfung zusammenhängt?

von Kieter: Sicher, das ist nicht auszuschließen. Aber bereits im Herbst 2020, als es noch keine Impfmöglichkeiten gab, hatte das Hermann-Rietschel-Institut der TU Berlin ein niedriges Ansteckungsrisiko in Bädern und Saunen prognostiziert – mit einem sogenannten R-Wert von 0,5 verfehlten die Wissenschaftler nur knapp den im Jahr darauf ermittelten Luca-Wert von 0,58.

WELT: Nach einer Studie der Ruhr-Universität Bochum sinkt die Infektiosität der Corona-Viren mit steigender Temperatur und Luftfeuchtigkeit. Warum gelten die strengen Corona-Regeln auch in Saunen?

Dietel: Das stimmt, das Virus geht bei 60 Grad Celsius kaputt, wie Forschungen an Coronaviren schon seit den 1960er-Jahren immer wieder feststellen. Und wir haben in den Saunakabinen noch viel höhere Temperaturen – bis zu 110 Grad Celsius. Viele Gäste wissen, dass hohe Temperaturen die Viren töten, in Gesprächen kommen wir dann auch schnell in Erklärungsnot.

von Kieter: Man darf allerdings nicht vergessen, dass sich der Saunabesuch nicht nur in den Schwitzräumen abspielt. Gerade beim Betreten und Verlassen einer Saunakabine ist es nicht immer leicht, den Mindestabstand einzuhalten...

Dietel: ... und deshalb dürfen derzeit in Hamburger Saunen maximal zehn Personen zeitgleich in eine Saunakabine. In kleinere natürlich noch weniger. So können Abstände auch beim Hinein- und Hinausgehen eingehalten werden, da ja nicht so viele zeitgleich hinaus wollen wie sonst zum Beispiel nach einem Aufguss.

WELT: Überwiegt bei Ihren Gästen der Wunsch nach Lockerung oder nach Verschärfung der Corona-Regeln in den Saunen und Bädern?

Dietel: Die Rückmeldung der Badegäste auf die Maßnahmen ist gemischt. Was dem einen zu locker ist, ist dem anderen zu streng. Außerdem schwankt das Feedback saisonal. So ging es im Sommer vielen nicht schnell genug mit den Lockerungen, da sie ins Freibad wollten. Auf der anderen Seite waren manche entsetzt von der vermeintlichen Normalisierung.

Ein Beispiel ist unser beliebtes Sommerfreibad im Kaifu-Bad. Vor der Pandemie zählten wir hier bis zu 9000 Gäste am Tag, wobei am Nachmittag, nach Feierabend, logischerweise die meisten Gäste kamen, so rund 4000 oder sogar 5000 zeitgleich. Zum Vergleich: In letzten Sommer waren zeitgleich nur maximal 700 Personen erlaubt. Einigen unserer Gäste waren sogar das schon zu viele Besucher, andere hingegen beklagten die Beschränkungen.

WELT: Haben die Hallen- und Freibäder in Hamburg große pandemiebedingte Verluste erlitten?

Dietel: Selbstverständlich, gegenüber 2019, also vor Beginn der Pandemie, gingen die Einnahmen um bis zu 65 Prozent zurück. Auch für dieses Jahr rechnen wir mit starken Auswirkungen.

WELT: Was sieht denn die Corona-Eindämmungsverordnung der Stadt Hamburg derzeit für Badebetriebe vor?

Dietel: Es gelten Abstandsgebote und Zutrittslimits. Wir dürfen daher aktuell je nach Größe des Standorts nur circa zehn bis 30 Prozent des üblichen Gästevolumens einlassen. Außerdem ist überall 2G-Plus vorgeschrieben.

WELT: Ist der Andrang groß, müssen Sie Badegäste abweisen?

Dietel: Aufgrund der nur sehr geringen erlaubten Besucherzahl kommt es tatsächlich vor, dass wir ausverkauft sind. Auf einem sehr niedrigen Niveau von rund 80 Gästen ist ein normales Hallenbad ja derzeit schon voll belegt. Üblich sind da sonst 400 Personen.

In den Bädern haben die Schulen am Vormittag freie Bahn und am Nachmittag gilt es, Kompromisse zwischen Schwimmenlernen, allgemeinem Baden und Schwimmen sowie dem Vereinssport zu finden. Abends dann haben die Vereine berechtigte Forderungen nach Wasserzeiten. Aber alle gemeinsam dürfen das erlaubte Limit nicht überschreiten.

WELT: Wie lösen Sie das Problem?

Dietel: Wir haben Zeitfenster geschaffen, damit dennoch möglichst viele Menschen Zutritt erhalten. Also mehrmals am Tag die maximal 80 aus dem Beispiel von eben. Je nach Bad variieren die Zeiträume. Wir öffnen etwa im Bondenwald Schwimmbad normalerweise morgens um halb sieben und schließen erst um 22 oder 23 Uhr. Der Tag ist in mehrere feste Zeitpakete unterteilt. Interessierte können jeweils Drei-Stunden-Fenster für ihren Aufenthalt nutzen. In den Pausen dazwischen wird zusätzlich zu den üblichen Routinen gereinigt und desinfiziert.

WELT: Ihre Branche steht sicherlich im steten Austausch mit dem Robert-Koch-Institut – gibt es von dieser Seite neue Empfehlungen wegen der Omikron-Variante?

von Kieter: Das Robert-Koch-Institut gibt keine speziellen Hinweise für Schwimmbäder heraus.

WELT: Was wird in Ihren Bädern und Saunen von all den neuen Hygienemaßnahmen bleiben, wenn die Pandemie mal abebbt und das Virus als besiegt gilt?

Dietel: Bei uns in Hamburg wird der Onlineverkaufsprozess neben dem an der Kasse bleiben, mit hinterlegbaren Kontaktdaten. Vielleicht bleibt auch die Registrierung per App, wenn der Senat das so entscheiden sollte. Aber insgesamt wird sich das Prozedere sicher normalisieren.

WELT: Und die Hygienestandards?

Dietel: Die sind unabhängig von der Pandemie generell schon sehr hoch für den Schwimmbad- und Saunabetrieb. Wünschenswert wäre, wenn der Kinderschwimmunterricht auch künftig eine so hohe Aufmerksamkeit erhält wie jetzt.

WELT: Ist Schwimmunterricht überhaupt wieder vollumfänglich möglich?

Dietel: Ja, wegen der langen Lockdown-Pause legen wir größte Priorität auf das Kinderschwimmen. Schon vor Corona war die Nachfrage groß. Aber inzwischen haben sich fast zwei Schüler-Jahrgänge aufgestaut, die eigentlich in den vergangenen zwei Pandemie-Jahren das Schwimmen hätten lernen müssen.

Zum Glück fanden unsere massiven Warnungen diesbezüglich bei den Politikern Gehör, und so durften wir laut Hamburger Senatsbeschluss die Hallenbäder in den Sommermonaten exklusiv nur für den Schwimmunterricht öffnen. Von Anfang Juni bis Ende August boten wir über 200 Anfängerkurse an, das sind rund drei- bis viermal so viele wie im Vor-Corona-Vergleichszeitraum.

Auch aktuell hat das Schwimmenlernen Vorrang, neben den Kursen unserer Bäderland Schwimmschule findet das obligatorische Schul- und Vereinsschwimmen im regulären Umfang statt. Alle anderen Gästegruppen müssen dafür Kompromisse leisten.

WELT: Stoßen Sie da nicht mit Ihren eng getakteten Zeitfenstern an Kapazitätsgrenzen?

Dietel: Sagen wir mal so, berufstätige Breitensportler und Senioren müssen flexibler sein als früher und die Bäder außerhalb der Schwimmunterrichtszeiten aufsuchen. Viele sind auch Mitglied unseres Schwimmclubs, der vor dem Schulschwimmen ins Wasser geht. Und weil die Zeitlimits am Morgen bisher nicht voll ausgeschöpft werden, muss auch niemand reservieren.

Außerdem ist der Schwimmclub unsere mit Abstand kostengünstigste Eintrittsmöglichkeit. Man spart je nach Nutzungsverhalten bis zu 80 Prozent auf den Normalpreis. Da kommen also zwei sehr positive Aspekte zusammen, die trotz aller Corona-Auflagen Schwimmen weiterhin einfach zugänglich und attraktiv machen.

WELT: Was halten Sie von einer Impfpflicht für Mitarbeiter in Bäderbetrieben oder Saunen?

von Kieter: Dies ist eine gesamtgesellschaftliche Diskussion, für die wir die breite Parlamentseinbindung mit freier Gewissensentscheidung begrüßen.

So stellen sich Bundestagsabgeordnete die Impfpflicht vor

Eine Impfpflicht soll kommen. Doch für wen genau? Wie lange soll sie gelten? Und wann? Dazu gibt es noch viele offene Fragen. Einige Bundestagsabgeordnete haben unterschiedliche Vorschläge gemacht.

Quelle: WELT / Isabell Finzel.

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