WELTGo!
Ihr KI-Assistent für alle Fragen
Ihr KI-Assistentfür alle Fragen und Lebenslagen

Ahrtal: Dreyers Abschied und Schweitzers Aufgabe

Veröffentlicht am 09.07.2024Lesedauer: 4 Minuten
Dienstag ist der letzte volle Arbeitstag von Malu Dreyer als Ministerpräsidentin. (Archivbild)
Dienstag ist der letzte volle Arbeitstag von Malu Dreyer als Ministerpräsidentin. (Archivbild)Quelle: Arne Dedert/dpa

Dreyer gibt ihr Amt als Ministerpräsidentin ab. Ihren letzten Tag im Amt verbringt sie im Ahrtal. Auch ihr Nachfolger ist dabei - welches Signal senden die beiden an die Region?

Anzeige

Malu Dreyers (SPD) letzter Tag als Ministerpräsidentin, wenige Tage vor dem dritten Jahrestag der Ahrtal-Flut: Es hätte ein Tag für große Worte werden können. Stattdessen gab es beim Treffen des Ministerrats in Dernau eher den üblichen Politikbetrieb. Auch ihr designierter Nachfolger und Noch-Sozialminister Alexander Schweitzer (SPD) war zurückhaltend.

Der strahlende Sonnenschein über dem Ahrtal war sinnbildlich für das Treffen: Ringsum gab es lobende Worte. Neben der externen Ministerratssitzung traf sich die Landesregierung auch mit den ehrenamtlichen und hauptamtlichen Bürgermeister und Bürgermeisterinnen. Dreyer nutzte die Gelegenheit, ihnen ihren Dank auszusprechen. «Dass viele große Schritte schon gegangen worden sind, hat ganz viel mit Ihnen zu tun», sagte sie. Im Tal sei zu sehen, dass die Dynamik vor allem bezogen auf die kommunale Infrastruktur sehr stark zugenommen habe.

Anzeige

«Auch wenn ich morgen nicht mehr Ministerpräsidentin sein werde, aber es war mir sehr wichtig, auch heute hier noch mal Präsenz zu zeigen.», sagte Dreyer. Von den Bürgermeistern gab es Dank zurück. «Dass Sie in Ihren letzten Tagen im Amt bei uns im Ahrtal sind, mag Zufall sein. Alleine, an Zufälle glaube ich nicht», sagte der Bürgermeister der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler, Guido Orthen. «Es ist vielleicht eher ein Zeichen dafür, wie das Ahrtal die Flutkatastrophe vom Juli '21 und die Zeit des Wiederaufbaus danach die letzte Phase ihrer Amtszeit geprägt haben.» Dreyer bekam unter anderem eine Weinflasche aus 2021 geschenkt - dem Jahr der Flut.

Auch drei Jahre nach der Katastrophe gibt es im Ahrtal noch viele Baustellen. Ende 2025 sollten auf der gesamten Ahrtalbahnstrecke wieder Züge fahren, teilte die Bahn in Frankfurt mit. Dabei hält auch nach und nach moderne Leit- und Sicherungstechnik Einzug, da die Züge dann auf der kompletten Strecke elektrisch fahren werden.

Anzeige

Innenminister Michael Ebling und Bildungsministerin Stefanie Hubig (beide SPD) überreichten dem Landkreis Ahrweiler 18 Förderbescheide in Höhe von rund 104 Millionen Euro für den Wiederaufbau von Schulen. Auch andere Ministerinnen und Minister brachten Förderbescheide mit ins Ahrtal.

Doch auch wenn beim Treffen alle herzliche Worte fanden - die Menschen in den von der Flut betroffenen Gebieten sind mit der Arbeit der Landesregierung alles andere als zufrieden. Zu dem Ergebnis kommt eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Infratest Dimap im Auftrag des SWR. Demnach gaben 71 Prozent der Befragten an, unzufrieden mit dem Krisenmanagement der Landesregierung in den Tagen nach der Hochwasserkatastrophe zu sein, lediglich ein Fünftel (20 Prozent) kommt zu einem positiven Urteil.

Nicht nur das Krisenmanagement der Regierung kritisieren die Bewohner der betroffenen Kreise laut Umfrage. Auch beim Wiederaufbau sehen die Menschen in den Kreisen Ahrweiler, Bernkastel-Wittlich, Bitburg-Prüm, Vulkaneifel, Trier-Saarburg und in der Stadt Trier Probleme. Im besonders stark betroffenen Kreis Ahrweiler sagen demnach 72 Prozent der Befragten, die Landesregierung werde ihrer Verantwortung für den Wiederaufbau nicht gerecht. Von allen Befragten sagen dies 65 Prozent. Lediglich 28 Prozent bewerten den Wiederaufbau positiv.

Bei der Flutkatastrophe Mitte Juli 2021 waren in Rheinland-Pfalz 136 Menschen ums Leben gekommen, davon 135 in der Ahr-Region und einer im Raum Trier. Ein Mensch gilt noch immer als vermisst. Im benachbarten Nordrhein-Westfalen starben bei dem Hochwasser nach extremem Starkregen 49 Menschen. Tausende Häuser wurden zerstört, Straßen und Brücken weggespült. Betroffen waren auch zahlreiche Schulen und Kitas.

Dreyer äußerten sich nicht zu der Kritik, Schweitzer sagte, er habe die Umfrage mit großem Interesse gelesen. «Das wichtigste ist die Botschaft: Es bleibt ein Thema, in der Region, für die Menschen, und es bleibt auch ein Thema für die Landespolitik, auch für die Landespolitik, wenn ich sie in Zukunft gestalten darf», sagte er.

Einige der Umfrageergebnisse stimmten sie nachdenklich, sagte Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt (FDP). Denn es sei schon einiges geschehen im Wiederaufbau. «Vielleicht muss man auch in der Kommunikation mit den einzelnen Ebenen auch noch mal schauen, dass es für die Menschen auch spürbarer wird, dass es auch breiter, auch bekannter wird», sagte sie. «Auch das ist ein wichtiger Punkt, der uns jetzt auch im Rahmen des Jahrestages auch umtreiben sollte.»

Menschen, die politische Verantwortung tragen, seien stets das erste Ziel von Unmut, Kritik und Anfeindungen, sagte Orthen beim Treffen der Bürgermeister. «Es gehört aber bis zu einem Gewissen Grad zu unserer aller Aufgabe, für den Staat im Feuer zu stehen.»

Das wird in Zukunft nun die Aufgabe des Nachfolgers von Malu Dreyer. Er habe schon versichert, dass der Wiederaufbau auch in Zukunft ein Regierungsschwerpunkt bleiben werde, sagte die Ministerpräsidentin. «Das ist selbstverständlich. Das ist das Versprechen von der ersten Sekunde an und dieses Versprechen werden wir auch weiterhin einhalten.»

Schweitzer nahm nach dem Treffen zwei Termine im Ahrtal wahr: In Lind weihte er einen Mobilfunkmast ein, und in Sinzig besuchte er einen sanierte Alten- und Behindertenhilfe. Er selbst sprach nicht vor der Presse.

dpa-infocom GmbH