Im französischen Avignon hat das renommierte Theaterfestival begonnen. Doch der künstlerisch starke Auftakt wird durch die Politik überschattet. Eine Theaterregisseurin gibt den linken Kulturschaffenden eine Mitschuld am Erfolg Le Pens.
Brünhild? Genderfluid! Gretchen? Ein schwuler Flüchtling! Auf deutschsprachigen Bühnen grassiert die Mode, Klassiker politisch korrekt zu „überschreiben“. Weder Shakespeare noch Tschechow sind sicher vor der Korrektur durch den Zeitgeist. Der ästhetische Schaden ist dramatisch.
Sie sei „Europas heißeste Regisseurin“, schreibt die internationale Presse, die katholische Kirche aber stört sich mächtig an den unbekleideten Ordensfrauen, die Florentina Holzinger auf die Bühne der Wiener Festwochen bringt. Die Begründung der empörten Bischöfe? Überraschend.
Lohnt sich Verbrechen doch? In der „Dreigroschenoper“ kommt der Gangster Mackie Messer straffrei davon. Jetzt wird der Klassiker von Brecht und Weill in der Berliner JVA Tegel gespielt, von Häftlingen. Wie geht es für sie aus?
Früher war Fußball das Theater des kleinen Mannes. Zur Europameisterschaft wird das Spiel selbst zum Bühnenstoff. Im ganzen Land werfen Stücke Fragen auf wie: Was ist heute noch eine Nationalmannschaft? Wer darf Fan sein? Und welchen Preis zahlen die Spielerfrauen?
Das Theater-Festival in Wien ist seit Wochen Stadtgespräch: Neben blutigem Stierkampf und tanzenden nackten Nonnen auf der Bühne wird auch die Bubble des linken Aktivismus angepikst. Es ist das Spannendste, was Theater gerade zu bieten hat.
Der Regisseur und Schauspieler Alexander Lang war ein Himmelsstürmer mit gebrochenen Flügeln. Nur zu gut wusste er: Alle Himmel sind bloß selige Fluchträume – der Acker des wirklichen Daseins aber ist steinig, dreckig, blutig. Ein Nachruf.
Sein oder Nichtsein? Der berühmte „Hamlet“-Monolog ließ Charly Hübner einst für das Theater entflammen. Den Schauspielstar und früheren Polizeiruf-Kommissar ließ Shakespeares Drama nicht mehr los. Nun macht er daraus für die Ruhrfestspiele eine Late-Night-Show.
Durch das Dunkel führte der Weg zu den Sternen: Die zehn besten deutschsprachigen Theaterinszenierungen beschäftigten sich mit Abgründen, die die kommunikative Vernunft nicht allein erhellen kann. Da wird sogar ein optimistischer Schulbuchklassiker zum Horrorstück. Eine Festivalbilanz.
Der Regie-Altmeister Peter Konwitschny hat an der Dortmunder Oper Richard Wagners „Ring des Nibelungen“ inszeniert. Mit „Rheingold“, dem eigentlichen Vorspiel des Vierteilers, ging das Großunternehmen jetzt zu Ende. Es ist wirklich Champions League.
„Ku‘Damm 59“ will am Berliner Theater des Westens die ZDF- und Musical-Erfolgstory weiterschreiben. Das geht so gründlich schief, dass man sich wünscht, das Stück ginge nochmal zurück in die Werkstatt.
Sie wusste nicht, was das Berliner Theatertreffen ist – bis eine SMS beim Wäscheaufhängen sie zur gefragtesten jungen Regisseurin machte. Jetzt verrät Rieke Süßkow, warum Menschenfresserei auch Notwehr sein kann und was sie bei einem antisemitischen Stück falsch machte.
Eigentlich ist „Asche“ ein ganz zärtlicher Theatertext. Darin trauert die Schriftstellerin Elfriede Jelinek um ihren Lebensgefährten. Doch Regisseur Falk Richter inszeniert einen Ascheregen. Was die Bombastik der Bilder über das Theaterhandwerk verrät.
Nach dem Tod von René Pollesch hat sich die Berliner Volksbühne nun mit einer Bühnen-Hommage verabschiedet. Mit dabei war die Choreografin Florentina Holzinger, die Pollesch nackt zum Jesus erklärte. Der Abend rührte nicht zu Tränen.
Als Fortsetzung von Storms „Schimmelreiter“ haben Robert Habeck und seine Frau Andrea Paluch vor über 20 Jahren „Hauke Haiens Tod“ geschrieben. Es fällt nicht schwer, in dem scheiternden Visionär Hauke Haien Züge eines Selbstporträts zu erkennen.
Endlich wieder gute Nachrichten für das Hauptstadt-Theater: Jens Harzer, Träger des Iffland-Rings, wechselt ans Berliner Ensemble – und er kommt nicht allein. Wie oft man ihn am BE sehen wird, bleibt allerdings die Frage.
Wie konnte ein Dramatiker um 1600 aus der Antike auf unsere Gegenwart schließen? 25 Jahre nach seinem legendären Medley „Schlachten!“ verwebt Luk Perceval die späten Shakespeare-Stücke über den Untergang Roms zu einem zeitgenössischen Spektakel. Was sagt uns das?
Dinçer Güçyeter aus Nettetal fährt Gabelstapler und schreibt Bücher. „Unser Deutschlandmärchen“ wurde von Literaturkritikern gefeiert und mit dem Leipziger Buchpreis ausgezeichnet. In Berlin ist es nun auf der Bühne zu sehen – und erzählt die andere Geschichte der Bundesrepublik.
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Blumen vor der Volksbühne erinnern an René Pollesch, der das Theater bis zu seinem überraschenden Tod geleitet hat. Das Rätselraten über die Nachfolge läuft. Wer könnte neuer Intendant werden? Zwölf Vorhersagen und die Wahrscheinlichkeit, dass sie sich erfüllen.
In Hamburg spielt Jens Harzer die Hauptrolle im Barockklassiker „Das Leben ein Traum“ – weit hoffnungsfroher als Sophie Rois nur wenige Tage zuvor in Berlin. Was Caldérons Welttheater über unsere Umbruchszeit zu sagen hat.
Sie ist eine Legende der Berliner Volksbühne. Hier spricht Sophie Rois über ihre Trauer um den plötzlich verstorbenen Intendanten René Pollesch, Einsamkeit unter netten Menschen – und eine völlig falsche Vorstellung vom Theater.
Wo steht die Kritik heute? Eine Regisseurin empfindet viele Theater-Rezensionen als frauenfeindlich. Ein Schauspieler warnt vor einem Kuschelkurs. Andere werfen gleich mit Hundekot. Auch finanziell haben es Kritiker nicht gerade leicht.
Passend zur Nachrichtenlage kommt in Berlin mit „Ulrike Maria Stuart“ ein RAF-Stück von Elfriede Jelinek zur Aufführung. Es ist ein Desaster, das zeigt, was auf deutschen Bühnen gerade alles schiefläuft. Eine Abrechnung.
Eine lesbische Lehrerin lebt mit einer ehemaligen Schülerin zusammen. Nun steht ein ungeheurer Vorwurf im Raum: sexueller Missbrauch bei einer Klassenfahrt. „Ellen Babić" am Berliner Ensemble hat das Zeug zum Publikumsrenner.
Kann man die Krisen des globalen Finanzsystems auch auf die Bühne bringen? Die Lehman-Brothers-Pleite zum Beispiel oder den Hamburger Steuerhinterziehungsskandal um die Warburg-Bank? Man kann. Und es macht einen Höllenspaß.
„Mehr Nazis als 1938“ – auch heute wieder? Sogar Österreichs Außenminister saß im Burgtheater, als Frank Castorf das einstige Skandalstück „Heldenplatz“ inszenierte. Doch der Konsensstörer setze in Wien ein Zeichen gegen die Besserwisserei der Nachgeborenen.
Lina Beckmann wurde fünfmal zum Theatertreffen eingeladen. Sie spielt am Deutschen Schauspielhaus in Hamburg einem sensationellen Antikenmarathon und als Kommissarin im Rostocker „Polizeiruf“. Und dann wäre da noch ihre Familie auf dem Weg zur Dynastie.
Mit „Idomeneo“ bewarb sich Mozart für den Posten des Hofkapellmeisters in München. Er wurde nicht genommen. Und „Idomeneo“, der revolutionäre Geniestreich des 25-Jährigen, blieb ein Schmerzenskind des Repertoires. Dabei ist das Stück ein Wunder – wie sich jetzt gleich doppelt zeigt.
Alexander Kluge, 92, und Jonathan Meese, 54, sind Ausnahmedenker. Im Gespräch erklären sie, wie nah wir heute dem Schicksal Roms sind – und warum die Politik von „Auslaufmodellen“ beherrscht wird. „Vieles schmeckt gut, wenn man es aufwärmt, aber nicht Regierungsformen und Kriege.“
Die slowenische Theaterregisseurin Mateja Koležnik bewegt sich gegen den Strom postmoderner Theaterinszenierungen. Die westliche Zivilisation sei erschöpft, sagt Koležnik: „Die Mischung aus politischer Korrektheit und Gemütlichkeit ist gefährlich.“ Eine Begegnung am Berliner Ensemble.