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Bakterien könnten vor Lebensmittelallergien schützen

Erdnussbutter verboten? Forscher haben Mäuse mit Darmbakterien gegen eine Nussallergie geschützt Erdnussbutter verboten? Forscher haben Mäuse mit Darmbakterien gegen eine Nussallergie geschützt
Erdnussbutter verboten? Forscher haben Mäuse mit Darmbakterien gegen eine Nussallergie geschützt
Quelle: Getty Images/Vetta
Lebensmittelallergien nehmen stark zu und lassen sich kaum behandeln. Eine Studie zeigt, dass bestimmte Darmbakterien schützen können – bei Mäusen. Das Potenzial beim Menschen kann man leicht prüfen.

Nüsse, Milch und Erdbeeren sind lecker und gesund. Ärgerlich nur, wenn einem der Genuss durch einen juckenden Hals oder Luftnot verübelt wird. Allergien gegen Lebensmittel quälen Menschen zunehmend – und bisher gibt es kaum Möglichkeiten, sie zu behandeln.

Bei einer Lebensmittelallergie reagiert das Immunsystem übermäßig, indem es spezifische, im Blut nachweisbare Immunbglobulin-E-Antikörper (IgE) bildet. Bestimmte Immunzellen, die TH2-Helferzellen, machen gegen einen oder mehrere Eiweißstoffe aus der Nahrung mobil und bekämpfen diese wie einen Krankheitserreger. Experten vermuten für diesen Prozess eine Reihe von Ursachen, darunter auch eine veränderte Darmflora. Nun zeigt eine neue Studie, dass ganz bestimmte Darmbakterien anscheinend vor Lebensmittelallergien schützen können.

Probiotische Therapien könnten helfen

Wie ein internationales Forscherteam an Mäusen herausfand, hemmen Mikroorganismen der Klasse Clostridia den Übergang von allergieauslösenden Stoffen vom Darm ins Blut. Möglicherweise könnten probiotische Therapien unter Einsatz dieser Mikroorganismen gegen die sonst kaum behandelbaren Lebensmittelallergien helfen, schreiben die Forscher um Cathryn Nagler von der Universität Chicago in den „Proceedings“ der US-nationalen Akademie der Wissenschaften („PNAS“). Sie testeten den Einfluss der Darmflora, indem sie zwei Gruppen von Mäusen mit allergieauslösenden Stoffen, also Allergenen, aus Lebensmitteln konfrontierten. Ein Teil der Tiere lebte unter sterilen Bedingungen, hatte also keinen Kontakt zu Krankheitserregern. Der andere wurde nach der Geburt mit Antibiotika behandelt, was die Darmflora reduziert.

Beide Gruppen bildeten anschließend in stärkerem Maße Antikörper gegen Erdnuss-Allergene als Mäuse mit normaler Darmflora – ein Hinweis darauf, dass eine gesunde Darmflora und der Kontakt mit Erregern wichtig für die Prävention von Lebensmittelallergien ist. Verabreichten die Forscher den nun gegen Erdnüsse allergischen Tieren jedoch Clostridia-Bakterien, nahm die Hypersensibilität wieder ab. Bacteroides, eine zweite große Gruppe von Darmbewohnern, hatte diesen Effekt hingegen nicht.

Weniger Allergene gelangen ins Blut

In einem zweiten Schritt prüften die Forscher die Mechanismen hinter der offensichtlichen Schutzwirkung der Mikroorganismen. Demnach sorgen die Clostridia dafür, dass Immunzellen große Mengen an Interleukin-22 (IL-22) produzieren. Interleukine sind Botenstoffe der Immunzellen des Körpers: Sie sind die Kommunikatoren der Zellen und koordinieren die Immunantwort des Körpers auf Eindringlinge wie Bakterien, Viren, Pilze – und allergisierende Stoffe. Wie die Wissenschaftler nun herausfanden, verringert Interleukin-22 die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut. Über den Signalstoff sorgen die Clostridia-Mikroben also dafür, dass weniger Allergene in den Blutkreislauf gelangen. „Der erste Schritt hin zu einer Sensibilisierung besteht darin, dass ein Allergen ins Blut gelangt und dem Immunsystem präsentiert wird“, betont Nagler. „Wir haben eine Bakterienpopulation identifiziert, die vor einer Sensibilisierung für Lebensmittelallergene schützt.“

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Im Grunde zeigt die Studie der US-Forscher also: Je weniger Allergene das Immunsystem zu sehen bekommt, desto seltener reagiert es auf die Stoffe. Zwar sei dies nicht der einzige Faktor in der Entstehung und Aufrechterhaltung von Lebensmittlerallergien, wie die Forscher einräumen. Dennoch biete die Darmflora ein gutes Ziel für therapeutische Eingriffe, das sich zudem einfach überprüfen lasse, so die Wissenschaftler.

Die vielen Allergiker wird das freuen. Waren Lebensmittelallergien noch vor 20 Jahren eine eher exotische Angelegenheit, reagieren inzwischen immer mehr Menschen sehr empfindlich auf solch unterschiedliche Nahrungsmittel wie Kuhmilch, Eier, Nüsse, Weizen, Fisch, Obst oder Gemüse. Knapp neun Prozent der erwachsenen US-Amerikaner leiden unter einer Lebensmittelallergie, wie Emily McGowan und Corinne Keet vom Johns Hopkins Children’s Center in Baltimore im vergangenen Jahr in einer Übersichtsarbeit zeigten.

Vielfältige Ernährung schützt Babys

Für Deutschland fallen die Zahlen niedriger aus: Nur zwei bis drei Prozent der Bevölkerung haben der Allergologin Margitta Worm von der Charité in Berlin zufolge hierzulande eine echte Nahrungsmittelallergie. Dass diese auf Selbstauskünften beruhenden Zahlen nicht nur auf gesteigerte Aufmerksamkeit zurückgehen, zeigen andere Untersuchungen. Denn auch bei Babys und Kleinkindern häufen sich die Abwehrreaktionen auf Nahrungsmittel. So hat sich die Anzahl der Kinder, die auf ein oder mehrere Lebensmittel allergisch reagieren, in China innerhalb von zehn Jahren von 3,5 auf 7,7 Prozent verdoppelt. Und auch in den USA stieg der Anteil betroffener Kinder von 1997 bis 2007 nach Angaben der Gesundheitsbehörde CDC rasant – um ganze 18 Prozent.

Forscher um Caroline Roduit von der Universität Zürich vermeldeten im Februar diesen Jahres, dass Nahrungsmittelallergien und Asthma umso seltener auftreten, je vielfältiger Kinder in ihrem ersten Lebensjahr essen. Isst die Mutter schon während der Schwangerschaft abwechslungsreich, schützt dies das Baby bereits im Mutterleib.

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Und nach der Geburt beugt vielfältige Ernährung auch über die Muttermilch Allergien vor, wie Experimente mit gegen Erdnüsse allergischen Mäusen zeigen konnten. Sobald das Baby dann Brei zu sich nimmt, gilt auch hier die Regel: Vielfältigkeit schützt. Entgegen früherer Empfehlungen raten Ärzte daher inzwischen dazu, potenziell allergieauslösende Lebensmittel wie Hühnchen, Eier oder Milch bereits nach dem vierten Lebensmonat bei ihrem Kind zu testen.

Nicht jedes Unbehagen nach dem Essen ist eine Allergie

Doch auch wenn die Empfindlichkeiten allgemein zunehmen: Nicht jedes Unbehagen nach dem Essen muss gleich eine Nahrungsmittelallergie sein. Bei vielen handelt es sich auch um eine Unverträglichkeit, die sich klar von Allergien unterscheiden lässt. Bei Unverträglichkeiten finden Ärzte keine IgE-Antikörper im Blut. Dann ist es nicht das Immunsystem, das Probleme hat, sondern die Verdauung. Bei der Laktoseintoleranz etwa fehlt dem Körper die Laktase, die den Milchzucker zerlegt.

Daher vermehren sich bei der Laktoseintoleranz Bakterien, die Gase produzieren, und in der Folge zeigen sich Blähungen und Durchfall. Ein Arzt kann klären, ob es sich bei Problemen mit einem Lebensmittel um eine solche Unverträglichkeit handelt, oder tatsächlich um eine echte Nahrungsmittelallergie.

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