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Krieg in der Ukraine Vorstoß aus der Röhre – Russen gelingt Überraschungsangriff

Ukrainische Soldaten verteidigen zäh den Donbass, nun überraschten die Russen sie mit einem Vorstoß durch eine Röhre
Ukrainische Soldaten verteidigen zäh den Donbass, nun überraschten die Russen sie mit einem Vorstoß durch eine Röhre
© Evgeniy Maloletka / AP
Russische Sturmtruppen schlichen sich im Donbass mehrere Kilometer durch eine Röhre. So gelangten sie in den Rücken der ukrainischen Truppen. Und das ist nicht die einzige schlechte Nachricht.

Seit Monaten verliert die Ukraine kontinuierlich Raum im Osten – die ganze Front rutscht, aber nur unmerklich. Auch weil zwei Eckpfeiler der Front zäh verteidigt werden: Die ukrainischen Streitkräfte halten nach wie vor die Bergfestung Tschassiw Jar. In monatelangen Kämpfen konnten die russischen Streitkräfte allerdings ihre Positionen an den Flanken der Stadt verbessern. Schließlich konnten sie den Großteil eines östlich des Siwerskyj-Donez-Kanals gelegenen Bezirks einnehmen. In die Stadt westlich des Kanals konnten sie allerdings nicht eindringen. Auch in der Ortschaft Krasnogorowka halten die Ukrainer die Russen seit Monaten auf.

Röhren und Tunnel durchziehen den Donbass

Nun kam es im Raum zwischen den von Russen besetzten Städten Bachmut und Horliwka und dem von Ukrainern gehaltenen Dserschynsk zu einem überraschenden Vorstoß der Russen. Dort haben sie einen Trick genutzt, der schon die Schlacht um Awdijiwka mitentschied. Sie nutzten eine Röhre zu einem unbemerkten Vorrücken.

Die gesamte rohstoffreiche Donbassregion wurde seit den 1930er Jahren mit Schwerindustrie überzogen. Heute sind die riesigen Industrieanlagen, die teils über eigene Bunkersysteme verfügen, Brennpunkte der Kämpfe. Aber auch die zahlreichen Kanäle, Wasserstraßen und Staubecken prägen die Landschaft und die Gefechte. Zu der Industrie gehören auch diese Tunnel und Röhren.

"Eine große Festung der ukrainischen Armee am Rande der Siedlung Kirov wurde von Angriffseinheiten aus Veteranen der russischen Kampfgruppe Zentrum eingenommen, die einen unterirdischen Tunnel benutzten. Die Soldaten der Abteilung räumten und nutzten den über drei Kilometer langen Tunnel entlang des Siwerskyj-Donez-Kanals und gelangten an die Rückseite der gut befestigten Festung, die mit Feuerstellungen und unterirdischen Schutzräumen ausgestattet ist. Der Tunnel wurde genutzt, um die Angriffseinheiten mit Munition, Waffen und Lebensmitteln zu versorgen", so das russische Verteidigungsministerium.

Eine genaue Ortsangabe wurde nicht herausgegeben. Der Vorstoß ereignete sich wahrscheinlich zwischen den westlichen Ausläufern von Horliwka in Richtung des Ortes Druzhba. Die Russen sind unbemerkt mehrere Kilometer in dem Tunnel vorgerückt. In diesem Krieg ist das eine gewaltige Distanz. Die Röhre verläuft entlang des Siwerskyj-Donez-Kanals, der teils offen und teils als Tunnel verläuft. Dort sind die Russen im Rücken eines ukrainischen Strongholds aufgetaucht – ein großes, einzeln stehendes Industriegebäude am Ende des offen verlaufenen Kanals – auf Satellitenbildern sind auch die Röhren gut zu erkennen.

Schlag gegen Flughafen

Die Eroberung der befestigten Position führt dazu, dass die ukrainischen Streitkräfte ihre Befestigungen in dem angrenzenden offenen Gelände aufgeben werden oder es bereits getan haben. Auch an anderen Stellen haben sich die Russen an das Siedlungskonglomerat um Dserschynsk herum vorgearbeitet.

An der ganzen östlichen Front gelang den ukrainischen Streitkräften nur im Wald von Kreminna ein Erfolg. Dort konnte die 12. Spezialbrigade in die russischen Stellungen eindringen. Dafür musste Kiew einen weiteren schweren Schlag einstecken. In den letzten Wochen hat die Ukraine regelmäßig Gleitbomben im Raum Charkiw eingesetzt. Damit konnten sie ihren Bodentruppen im nördlichen Teil von Woltschansk in der Zitadelle – dem Hochhausviertel – Luft verschaffen. Nun haben russische Aufklärungsdrohnen die Jets vom Typ SU-27 am Boden entdeckt. Vermutlich als sie sich auf dem Flughafen von Myrhorod bei Poltawa für einen neuen Einsatz vorbereiteten, wurden sie von einer Iskander-Rakete überrascht. Die Russen sprechen von fünf zerstörten Maschinen, Kiew von zwei beschädigten.

So oder so ist der Einsatz ein Warnzeichen. Mit den Iskander-Raketen können die Russen jeden Flughafen in der Ukraine angreifen, der Gefechtskopf mit Streumunition macht die Waffe sehr viel gefährlicher für Jets am Boden. Das Erschreckendste ist aber, dass die russischen Aufklärungsdrohnen so tief im Hinterland operieren.

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