Anzeige

Aufrüstung Drohnen-Krieg – jetzt beginnt die Zeit der Mini-Panzer in der Ukraine

Der russische Courir ist eine komplexe Bodendrohne (UGV),  hier mit ferngesteuerter Waffenstation.
Der russische Courir ist eine komplexe Bodendrohne (UGV),  hier mit ferngesteuerter Waffenstation. 
© Twitter
Die Kämpfe in der Ukraine werden von kleinen Flugdrohnen bestimmt. Inzwischen setzen beide Seiten auch Bodenroboter ein – zum Transport und als rollende Bombe. Doch bis zu autonomen Kampfmaschinen ist es noch ein langer Weg.

Kleine Flugdrohnen haben den Krieg in der Ukraine revolutioniert. Doch die Soldaten beider Seiten wollen mehr Transportgewicht. Sie wollen größere Lasten bewegen und gefährlichere Bomben abwerfen. Im Internet erwecken die Drohnen den Eindruck eines ewigen Erfolges. Das liegt vor allem daran, dass ihre Operateure ausschließlich Videos von geglückten Angriffen veröffentlichen. Die geringe Größe des Sprengsatzes, den eine Drohne transportieren kann, die für eine Kamera gemacht wurde, begrenzt die Wirkung. So eine Drohne kann einen Mann töten oder verletzen, doch schon ein besserer Maschendrahtzaun hält sie aus. 

Große Quadcopter können Lasten von 40, 60 oder gar 100 Kilogramm bewegen. In der Ukraine werden sie "Baba Yaga" genannt, nach einer sagenhaften Hexe, die in ihrem Butterfass über die Felder fliegt. So ein Einschlag ist enorm. Russen haben unlängst vorgeführt, dass ihre Drohne einen Soldaten transportieren kann. Doch diese Riesendrohnen, wie sie auch in der Landwirtschaft oder im Baugewerbe benutzt werden, sind selbst sehr auffällige Ziele. Zudem sind sie schon in der zivilen Version sehr teuer.

Bodendrohnen für große Lasten

Für große Lasten sind Bodendrohnen effektiver – ob sie nun mit Allrad- oder Kettenantrieb arbeiten. Benutzt werden sie zur Bergung, zum Transport und als Sprengdrohnen. Als Letzteres sind sie allesamt Nachfolger des deutschen Goliaths. Dieser Mini-Panzer aus dem Zweiten Weltkrieg wurde mittels eines Drahtes gesteuert. Weil er über keine Kamera verfügte, musste die gewählte Route einfach und einsehbar sein. Aber dann rumpelte er auf die gegnerische Befestigung los und sprengte sich in die Luft, sobald er das Ziel erreicht hatte. Ähnliches geschieht in der Ukraine, allerdings mit einem Kamerasignal. Sprengdrohnen hängen häufig an einem Glasfaserkabel, dadurch kann die Funkverbindung nicht gestört werden. Es gibt kein Funksignal, das die Drohne verrät. Die russische Depesha kann immerhin 100 bis 250 Kilogramm Sprengstoff transportieren.

Bodendrohnen sind allerdings aufwändiger und teurer als ihre fliegenden Gegenstücke. Die einfachen Quadcoter basieren auf zivilen Produkten, die zu Millionen hergestellt werden. Sie gab es bereits zu Beginn des Krieges, an sie musste nur ein Sprengsatz befestigt werden. Einen entsprechenden Markt für zivile Bodendrohnen gibt es nicht. Boden-Roboter gibt es im zivilen Bereich nur in Spezialanwendungen. In großer Stückzahl werden nur sehr kleine Roboter zum Rasenmähen gebaut.

Gelände ist herausfordernd  

Drohnenexperte Michael Boyle erläuterte gegenüber "Radio Free Europe" die Probleme. Das größte ist das Gelände. Luft oder Wasser sind einfache Umgebungen, doch Bodendrohnen müssen "in der Lage sein, sich schnell über unebene Oberflächen zu bewegen, um ihre Aufgabe zu erfüllen, und dies auch unter Beschuss in umkämpften Gebieten tun." Hindernisse wie ein Graben, Mauerreste, Stacheldrahtrollen und Trümmerfelder stellen für viele Bodendrohnen eine unüberwindbare Barriere dar. Dazu kommen die Kosten. "Die Entwicklung eines Bodenfahrzeugs, das ferngesteuert über unebenes Gelände operieren und in andere Militäreinheiten integriert werden kann, ist teuer", so Boyle. Schon im Syrienkrieg hat Moskau mit teilautonomen Robotern experimentiert, mit enttäuschenden Ergebnissen. Unter anderem gab es große Probleme mit der Funkverbindung inmitten von bebautem Gebiet.

Doch die Einschränkungen, die Boyle erwähnt, betreffen vorrangig echte Kampfdrohnen, die in jedem Gelände eine Waffenstation einsetzen sollen. Bei eingeschränkten Aufgaben in geeignetem Gelände lassen sich einfachere Lösungen finden. Teils werden die Mini-Panzer mit Rädern und teils mit Ketten ausgerüstet. Die chinesische Armee entwickelt allerdings auch kleine "Spinnen"-Roboter, die sich auf Beinen bewegen und klettern können. Entscheidend wird sein, wem es gelingt, neben aufwändigen Kampfdrohnen einfache Lösungen zu finden, die in großer Zahl produziert werden können.

Geeignet für einfache Transportaufgaben

Neben der Sprengung werden Bodendrohnen zu Transportzwecken entlang von Straßen und Wegen eingesetzt. Weil der Gegner den gesamten rückwärtigen Teil der Front mit seinen Beobachtungsdrohnen überwachen kann, birgt jede Bewegung im Freien große Gefahren. Kleine Sturmgruppen werden auch aus der Luft mit Wasser, Nahrung und Medikamenten versorgt. Doch Bodendrohnen können leicht 100 Kilogramm an Nachschub transportieren. Schon im Prinzip ist es einfacher einen Karren mit 100 Kilogramm Last zu ziehen, als das gleiche Gewicht in die Luft zu bringen. Dazu werden Bodendrohnen zum Transport und zur Bergung von Verwundeten eingesetzt – ansonsten eine lebensgefährliche Aufgabe. Die Drohnen-Operateure beider Seiten schonen weder Schwerverletzte noch Sanitäter. Im Gegenteil, sie brüsten sich in ihren Videos mit ihren Kriegsverbrechen. Häufig töten sich die Verwundeten selbst, weil sie den Sadismus der Piloten nicht ertragen, die sie mit Scheinangriffen quälen, um die Angst ihrer Opfer zu filmen. Mit einer Bodendrohne kann man zumindest versuchen, einen Verwundeten einzusammeln, ohne dass man Gefahr läuft, das gesamte Bergungsteam zu verlieren.

 Die Anti-Drohnen-Bodendrohne

Neueste Entwicklung ist der russische Roboter "Wall-E" – benannt nach der Disney-Figur. Wall-E ist eine Anti-Drohne-Drohne. Das kleine Kettenfahrzeug transportiert den Störsender "Fumigator", der das Signal zwischen Drohne und Bediener unterbricht. Die Schutzglocke von Wall-E soll einen Radius von 250 bis 300 Metern haben. Es gibt auch kleinere Sender, die in einem Rucksack getragen werden. Doch der Mini-Panzer ist besser geeignet. Um die Signale der Drohnen-Piloten in einer genügenden Entfernung zu überlagern, wird viel elektrische Energie benötigt. Wenn der Störsender den ganzen Einsatz über arbeiten soll, lassen sich die Akkus nicht mehr tragen. Außerdem wird ein Mann der Gruppe allein für den Störsender benötigt. Der Mini-Panzer kann sehr viel mehr Batteriekapazität bewegen, oder auch einen Generator mitnehmen, der mit Brennstoff arbeitet.

Quelle: RFE/RL, Defence Post

Mehr zum Thema

Newsticker

VG-Wort Pixel