Europas Raumfahrt-Hoffnung

Erster Testflug ins All: Start der Rakete Ariane 6 ist geglückt

Der Start der europäische Trägerrakete vom Typ Ariane 6.

Der Start der europäische Trägerrakete vom Typ Ariane 6.

Die neue europäische Trägerrakete Ariane 6 ist erfolgreich ins All gestartet. Gut ein Stunde nach ihrem Start vom europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana meldete die europäische Raumfahrtagentur Esa den gelungenen Flug. Sie habe mehrere Satelliten ausgesetzt. Damit lässt Europas Raumfahrt die Krise seines Trägerraketensektors hinter sich. Es hat wieder einen eigenen Zugang zum Weltraum für Satelliten.

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„Wir schreiben heute Geschichte“, sagte Esa-Chef Josef Aschbacher in Kourou. „Heute ist ein großer Tag, zum Feiern.“

Vorfall am Ende des Flugs

Nur das Ende des Erstflugs verlief nicht wie vorgesehen. Dennoch werten die Beteiligten den Flug durchgehend als klaren Erfolg. Ein Hilfsantrieb in der Oberstufe zündete zwar zunächst, stoppte dann aber, wie der Chef des Raketenbauers ArianeGroup, Martin Sion, sagte. „Wir haben ein Vorkommnis, das wir noch nicht verstehen“ - nämlich warum der Hilfsantrieb gestoppt habe. „Aber der Rest der Mission verlief nach Plan.“

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Vorgesehen war, dass die Rakete bei ihrem Jungfernflug 17 Nutzlasten ins All bringt. Am Ende sollte die Oberstufe auf dem Weg zurück zur Erde verglühen. Weil der Hilfsantrieb stoppte, zündete das Vinci-Triebwerk der Oberstufe nicht erneut, um die zwei letzten technischen Passagiere auszusenden. Sie werden nun in der Oberstufe bleiben, die im All verbleibt.

Sion erklärte, bei dem Flug habe es zunächst die Startphase gegeben, in der mehrere Satelliten ausgeliefert wurden. „Alles lief perfekt.“ Danach habe es eine Demonstrationsphase gegeben, um zu schauen, wie sich die Oberstufe der Rakete in sogenannter Mikrogravitation verhält, einem Zustand, in dem die Gravitationskraft nicht oder extrem schwach wirkt.

Die notwendigen Daten, um den Vorfall genauer zu beleuchten, seien noch nicht verfügbar. Sobald klar sei, was genau vorgefallen sei, werde man die Allgemeinheit informieren, sicherte Sion zu.

Die Ariane 6 ist das Nachfolgemodell der Ariane 5, die von 1996 bis Sommer 2023 im Einsatz war. Sie soll Satelliten für kommerzielle und öffentliche Auftraggeber ins All befördern und ist deutlich günstiger als ihre Vorgängerin.

Im Stream: Start von Ariane 6

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Ariane 6 wird auf Herz und Nieren geprüft

Aschbacher betonte: „Dieser Flug ist enorm wichtig für Europa, nicht nur für die Weltraumorganisation Esa oder für die Weltraumleute, sondern wirklich für jeden Bürger, für jede Bürgerin, weil wir mit dieser Rakete Satelliten in den Weltraum bringen, die wir für das tägliche Leben brauchen, für Wettervorhersage, für Landwirtschaft, für Forstwirtschaft, für Navigation, für Telekommunikation.“

Die Ariane 6 kann Satelliten in verschiedene Orbits ausliefern. Sie kann mit zwei oder vier Boostern ausgestattet werden und geostationäre Satelliten mit einem Gesamtgewicht von 11,5 Tonnen ins All bringen. Bei Satelliten mit niedriger Erdumlaufbahn sind bis zu 21,6 Tonnen Gesamtfracht möglich.

Die Esa plant, die Rakete, die ursprünglich bereits 2020 ins All fliegen sollte, mindestens bis Mitte der 2030er Jahre nutzen. Noch vor Ende des Jahres soll die Ariane 6 erstmals kommerziell starten.

Insgesamt 13 europäische Länder waren am Bau der Ariane 6 beteiligt – darunter etwa Frankreich (das Land hat den Mammutanteil an der Finanzierung getragen), Deutschland, Spanien, die Niederlande und Belgien. Die Rakete soll Europa wieder wettbewerbsfähig auf dem Raumfahrtmarkt machen. Denn seitdem ihre Vorgängerin, die Ariane 5, Anfang Juli vergangenen Jahres ihren letzten Flug absolviert hat, hat Europa keine eigene Rakete mehr, um Satelliten und andere wissenschaftliche Instrumente ins All zu bringen.

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09.07.2024, Frankreich, Französisch-Guayana: Die deutsche Raumfahrtingenieurin Tina Büchner da Costa steht am europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana. Büchner da Costa wird den Livestream des Erstflugs der Rakete Ariane 6 der europäischen Raumfahrtagentur Esa moderieren (zu dpa: «Ariane-6-Start: Deutsche Ingenieurin führt durch Livestream») Foto: Rachel Boßmeyer/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Deutsche Ingenieurin führt beim Ariane-6-Start durch den Livestream

Europa fiebert dem Jungfernflug der Ariane 6 entgegen. Wenn die europäische Rakete ins All geht, ist auch eine Deutsche dabei: Die Raumfahrtingenieurin Tina Büchner da Costa wird den Livestream der europäischen Raumfahrtagentur zum Erstflug der Ariane 6 moderieren.

Die Ariane 6 ist eine Rakete, die es gleich in zwei Versionen geben soll: einmal als Ariane 62 und einmal als Ariane 64. Die Ariane 62 hat zwei Booster, die sie ins All katapultieren; die Ariane 64 hat vier Booster. Die Zwei-Booster-Version der Ariane 6 soll in Zukunft Nutzlasten von bis zu 10,3 Tonnen ins Weltall befördern, die Vier-Booster-Version sogar bis zu 21,6 Tonnen. Angetrieben werden beide Raketentypen mit flüssigem Sauerstoff und Wasserstoff.

Den ersten Testflug am Dienstag absolviert eine Ariane 62. An Bord waren neben Satelliten auch Experimente von Raumfahrtbehörden, Unternehmen, Forschungsinstituten und Universitäten. „Bei dieser Mission werden wir alle Überprüfungen hinsichtlich der Fähigkeit der Trägerrakete durchführen“, erklärte Michel Bonnet, Leiter des Testflugs bei der Esa. Es geht darum, die Rakete auf Herz und Nieren zu prüfen.

Amazon fliegt mit

Geplant ist, dass die Ariane 6 in Zukunft neun- bis zwölfmal pro Jahr abhebt. Jeder Start soll nach Branchenschätzungen rund 100 Millionen Euro kosten. Das ist deutlich mehr als die Esa und ihre Partner im Vorfeld kalkuliert haben. Angestrebt hatten sie ursprünglich 70 Millionen Euro.

Rund 30 Starts hätten institutionelle und kommerzielle Kunden schon gebucht, sagte Caroline Arnoux, Leiterin des Ariane-6-Programms bei Arianespace. 18 dieser Starts entfallen auf Amazon-Chef Jeff Bezos und sein Projekt Kuiper. Ziel des Projektes ist es, Kommunikationssatelliten ins All zu bringen, die Zugang zu globalem Breitbandinternet, insbesondere in unterversorgten Regionen, schaffen sollen.

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Doch es gibt auch Kunden wie der europäische Wettersatellitenbetreiber Eumetsat, die sich von der Ariane 6 abwenden und stattdessen auf die Raketen von Elon Musk und seinem Unternehmen SpaceX setzen. Dieser Wettbewerb wird wohl auch nach dem Testflug fortbestehen, schließlich dominiert SpaceX den Raumfahrtmarkt – auch, weil die Firma durch ihre Massenproduktion bei den Raketen günstigere Flüge anbieten kann. Elon Musk einzuholen, geschweige denn zu übertrumpfen, sei „praktisch unmöglich“ geworden, meint Raumfahrtexperte Martin Tajmar von der TU Dresden. Doch zumindest der unabhängige Zugang zum Weltall lässt sich mithilfe der Ariane 6 wiederherstellen.

RND/lb/dpa

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