Viele Tote und Verletzte

Experten vermuten perfiden Putin-Plan hinter Attacke auf Kinderklinik in Kiew

Rettungskräfte stehen vor dem Okhmatdyt-Kinderkrankenhaus, das von russischen Raketen getroffen wurde. Russische Raketen haben mehrere Menschen getötet und ein Kinderkrankenhaus in der ukrainischen Hauptstadt Kiew getroffen, so die Behörden.

Rettungskräfte stehen vor dem Okhmatdyt-Kinderkrankenhaus, das von russischen Raketen getroffen wurde. Russische Raketen haben mehrere Menschen getötet und ein Kinderkrankenhaus in der ukrainischen Hauptstadt Kiew getroffen, so die Behörden.

Bei einem landesweiten Angriff Russlands sind am Montag zahlreiche Menschen getötet und verletzt worden. Betroffen waren demnach vor allem Krywyj Rih im Süden der Ukraine sowie die Hauptstadt Kiew. Dort wurde auch ein Kinderkrankenhaus getroffen, wie Präsident Wolodymyr Selenskyj im sozialen Netzwerk X mitteilte.

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Der Angriff wirft mehrere Fragen auf. Wie konnte die russische Seite die ukrainische Luftabwehr plötzlich und vor allem über Kiew überwinden? War der Angriff auf ein Kinderkrankenhaus in der Hauptstadt bewusst gewählt? Und mit Blick auf den Nato-Gipfel in Washington am Dienstag: Welche Botschaft sendet der russische Präsident Wladimir Putin mit diesem Vorgehen und wie könnte die Nato reagieren?

08.07.2024, Ukraine, Kiew: Rettungskräfte und Freiwillige räumen die Trümmer auf und suchen nach Opfern, nachdem eine russische Rakete das wichtigste Kinderkrankenhaus des Landes «Okhmadit» in Kiew getroffen hat. Der Beschuss am Tag richtete sich gegen fünf ukrainische Städte, wobei mehr als 40 Raketen verschiedener Typen Wohnhäuser und öffentliche Infrastrukturen trafen, wie der ukrainische Präsident in den sozialen Medien mitteilte. Foto: Anton Shtuka/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++

Weltsicherheitsrat befasst sich mit russischem Angriff auf Kiewer Kinderklinik

Die Zahl der Todesopfer nach russischen Attacken auf ukrainische Städte steigt. Moskau lässt zynische Bemerkungen los und tut die Erschütterung der Ukraine über Angriffe als „Hysterie des Kiewer Regimes“ ab. Jetzt schreitet der Weltsicherheitsrat ein, doch auch da redet Moskau mit.

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Wie konnte die Kinderklinik getroffen werden?

Laut ukrainischer Luftwaffe griff Russland mit ballistischen Raketen und Marschflugkörpern an. Ein besonderes Problem stellten hier wahrscheinlich russische Hyperschallraketen des Typs Kinschal dar. Sie können mit zehnfacher Schallgeschwindigkeit fliegen und sind dadurch sehr schwer abzufangen. „Der Angriff war relativ groß und kam in mehreren Wellen“, sagte der Militärexperte vom European Council on Foreign Relations, Gustav Gressel, dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND).

Dabei könnten die Russen eine Pause der ukrainischen Luftabwehr genutzt haben, um das Kinderkrankenhaus anzugreifen. Denn die ukrainische Luftabwehr müsse regelmäßig Munition nachladen und gegebenenfalls ihre Stellung wechseln. So könnten russische Raketen, vor allem die schnellen Kinschal-Raketen, durch die Verteidigung gelangt sein, so Gressel.

Mit Blick auf die Kinschal-Raketen kommt laut Gressel außerdem das Problem hinzu, dass die Ukraine nicht über die richtige Munition verfügt, diese abzuwehren. Dafür bräuchten die Patriot-Flugabwehrsysteme Raketen vom Typ Pac-3, so der Experte. Die ukrainische Luftwaffe hätte aber überwiegend die Pac-2 zur Verfügung. Erst vor wenigen Tagen bat Präsident Selenskyj zudem die Verbündeten der Ukraine erneut um Unterstützung durch weitere Flugabwehrsysteme.

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War es ein gezielter Angriff auf die Kinderklinik?

Mit Blick auf die Fähigkeiten der Kinschal-Raketen geht Gressel auch davon aus, dass die Russen das Kinderkrankenhaus bewusst angegriffen haben. „Die Kinschal-Rakete ist so präzise, dass sie zwischen Zielen unterscheiden kann“, sagte Gressel. „Gerade bei so einem großen Gebäude spricht einiges dafür, dass es sich hier um einen vorsätzlichen Angriff handelt.“

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Dem stimmt auch der Politologe der Universität Innsbruck, Gerhard Mangott, zu. Auch wenn noch nicht final bestätigt sei, dass eine Kinschal-Rakete verwendet worden sei: „Es ist nicht auszuschließen, dass dies ein bewusster Angriff auf zivile Infrastruktur war“, sagte er dem RND. Damit wolle Russland seine Stärke gegenüber der Ukraine demonstrieren.

Wie wird die Nato auf die Vorfälle in der Ukraine reagieren?

Laut Mangott will Putin mit diesem Angriff auch noch einmal seine Stärke gegenüber der Nato demonstrieren. Die Mitglieder des Verteidigungsbündnisses kommen am Dienstag in Washington zu Gesprächen zusammen, in denen es sehr wahrscheinlich auch um die Unterstützung der Ukraine gegen die russischen Angriffstruppen gehen wird.

„Es ist ein Signal an die westlichen Unterstützer, dass Russland nicht in der Defensive ist“, sagte Mangott dazu. Mit Blick auf die Unterstützung in den vergangenen Wochen sei die Botschaft Putins klar: „Ihr eskaliert, wir eskalieren“, fasste der Politologe die russische Sichtweise zusammen. Russland zeige mit dem Angriff auf Kiew, wie weit es zu gehen bereit sei, um den Krieg zu gewinnen.

Interessant sei auch, so Mangott, dass Putin den Zeitpunkt des Angriffs nach dem Besuch des ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orban vergangene Woche gewählt habe. Das bringe Orban nun in eine schwierige diplomatische Lage. Dieser sagte nach zu seinem Besuch in Moskau: „Ich versuche, den europäischen Staats- und Regierungschefs die Chance auf einen Frieden vor Augen zu führen.“ Er stelle Fragen, sammele Informationen und werde darüber berichten.

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Doch laut Mangott wird diese Machtdemonstration seitens Russland sehr wahrscheinlich keine weitere Reaktion seitens der Nato hervorrufen. Dort sei schon alles mobilisiert worden, was aktuell möglich sei, so der Politologe.

Der Militärexperte Gressel schätzt die Situation wiederum anders ein. Er halte es auch für einen Fehler seitens Putin gerade jetzt noch einmal verstärkt und vor allem ein Kinderkrankenhaus anzugreifen. „Als Reaktion wird es weitere Unterstützung geben“, sagte er mit Blick auf den morgigen Nato-Gipfel.

mit dpa

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