Sie ist Überzeugungstäterin, macht begeistert Lobbyarbeit für Hühner und Homefarming und lebt seit sechs Jahren in einem Selbstversorgerhäuschen mit Garten im Hamburger Umland. „Ich habe da mein großes Glück gefunden“, erzählt Judith Rakers im Interview mit WELT-Wirtschaftsreporterin Inga Michler.
Ende Januar verabschiedete sie sich nach 19 Jahren als „Tagesschau“-Sprecherin, um sich verstärkt eigenen Projekten zu widmen. Als Moderatorin von „3nach9“ und in Reisereportagen bleibt die Frau, die ständig nach dem Geheimnis ihrer glänzenden Haare gefragt wird, weiter präsent. Was sicher nicht schlecht für ihre Projekte als Unternehmerin ist. Judith Rakers hat inzwischen zwei Bücher über Homefarming geschrieben, verkauft online Saatgut, teilt die Erfahrungen mit ihrer kleinen Farm auf Instagram und produziert einen eigenen Podcast zum Thema Homefarming.
Die Sehnsucht wurde immer stärker
Begonnen hatte alles mit einer immer stärker werdenden Sehnsucht nach mehr Natur und Nachhaltigkeit. So zog Judith Rakers nach ihrer Scheidung aus der Hamburger Innenstadt aufs Land, ohne im Detail zu wissen, worauf sie sich einließ, und verwandelte ein „riesiges Grundstück mit englischem Garten“ in ein Selbstversorgerparadies mit Hühnern, Kreuzottern und Kröten und bewies damit, dass man als berufstätige Frau und ohne gärtnerische Vorkenntnisse so ein Herzensprojekt wuppen kann.
„Ich glaube, ich war für viele eine Identifikationsfigur“, meint die prominente Selbstversorgerin, die ihre ersten Erfolge mit Beweisfotos auf Instagram feierte und inzwischen 340.000 Follower hat. „So nach dem Motto: Wenn selbst sie es hinbekommt, dann schaffe ich es auch.“
Die kürzeste Lieferkette der Welt
Das eigene Gemüse anzubauen, die kürzeste Lieferkette der Welt zu haben, das sei einfach toll. Um die 80 Gemüsesorten wachsen auf ihrer kleinen Farm, „darunter ganz viele seltene oder historische Sorten“. Da das Auge mitisst, aber auch ganz viel buntes Gemüse, zum Beispiel Mangold in Regenbogenfarben, lila Kohlrabi oder Kartoffeln mit Clownfischmuster (à la „Nemo“) oder essbare Blüten.
Rakers’ Hühner legen netterweise auch bunte Eier, in Türkis, Bordeaux oder Rosa. „Im Handel bekommen wir nur eine sehr eingeschränkte Auswahl dessen, was an Biodiversität möglich ist“, sagt sie. „Wenn man einmal erlebt hat, wie glücklich Hühner durchs Gehege galoppieren und wie unterschiedlich die Charaktere sind, dann freut man sich, wenn man im Kleinen etwas tun kann“, schwärmt die 48-Jährige und empfiehlt allen, die nur 20 Quadratmeter Platz haben, sich vier Hühner anzuschaffen. Die würden täglich auch nur zwei Minuten Arbeit machen.
Mit ihrer Leidenschaft schafft es Judith Rakers, andere zum Auszuprobieren zu animieren. Missionarischen Eifer hat sie aber nicht: „Ich will nur zeigen, wie einfach das ist – das ist meine Botschaft.“ Gärtnern sei keine Wissenschaft und koste nicht viel Zeit. „Du legst einmal einen Samen in die Erde, hast zwei Sekunden Arbeit und zwei Jahre Ernte“, wirbt sie etwa für Mangold-Pflanzungen.