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„Maybrit Illner“

„Das ist wirklich infam“, empört sich die BSW-Politikerin über Röttgens Kritik

Autorenprofilbild von Dominik Lippe
Von Dominik LippeFreier Autor
Veröffentlicht am 14.06.2024Lesedauer: 4 Minuten
„Maybrit Illner“ mit Lars Klingbeil, Norbert Röttgen und Amira Mohamed Ali (v. l.)
„Maybrit Illner“ mit Lars Klingbeil, Norbert Röttgen und Amira Mohamed Ali (v. l.)Quelle: ZDF/Svea Pietschmann

Bei „Maybrit Illner“ stand die Unterstützung der Ukraine nach der Europawahl im Fokus. BSW-Politikerin Amira Mohamed Ali verteidigte den Boykott der Selenskyj-Rede im Bundestag – und legte sich mit CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen an.

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Wie werden sich die Wahlerfolge der Populisten auf die Unterstützung der Ukraine auswirken? Einen ersten Vorgeschmack darauf hat es am Dienstag gegeben, als ein Großteil der Bundestagsabgeordneten der AfD und BSW vor Wolodymyr Selenskyjs Rede das Plenum verließen.

Bereits zuvor hatte Emmanuel Macron nach dem Wahlsieg des putinfreundlichen Rassemblement National die französische Nationalversammlung aufgelöst und Neuwahlen angekündigt.

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„Europa hat gewählt – Kiews Schicksal ungewiss?“, fragte Maybrit Illner am Donnerstagabend die Bundestagsabgeordneten Lars Klingbeil (SPD), Norbert Röttgen (CDU) und Amira Mohamed Ali (BSW). Auch ZDF-Journalist Thomas Walde, die Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff und Wolfgang Ischinger, ehemaliger Leiter der Münchner Sicherheitskonferenz, diskutierten mit.

Der Rede Selenskyjs im Bundestag sei sie ferngeblieben, da es sich um „kein Dialogformat“ gehandelt habe, erklärte Amira Mohamed Ali in der Sendung. In einem vergleichbaren Format mit Wladimir Putin hätten die BSW-Abgeordneten das Plenum gleichermaßen verlassen, behauptete sie. Durch ihre Abwesenheit habe ihre Partei zum Ausdruck bringen wollen, mit dem Kurs der ukrainischen Präsidenten „nicht einverstanden“ zu sein.

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Das gelte auch für den „wirklich falschen Weg“, den Europa und Deutschland im Speziellen eingeschlagen hätten: „auf den militärischen Sieg zu setzen“. Das funktioniere nicht. Stattdessen plädierte Ali dafür, den Krieg entlang der aktuellen Frontlinie erst einmal einzufrieren, einen Waffenstillstand herbeizuführen und anschließend in Verhandlungen zu treten.

„Friedensthema“ sei bei SPD „nicht entscheidend“ gewesen

Obwohl die SPD im Europawahlkampf „Frieden sichern“ plakatiert hatte, behauptete Lars Klingbeil, das „Friedensthema“ sei für seine Partei „nicht entscheidend“ gewesen. Norbert Röttgen widersprach dem SPD-Vorsitzenden. Migration, Energie- und Lebenshaltungskosten hätten ebenfalls eine Rolle gespielt, doch Frieden sei „ein ganz herausragendes Wahlthema“ gewesen.

v.l.n.r.: Nicole Deitelhoff, Norbert Röttgen (CDU), Maybrit Illner, Lars Klingbeil (SPD), Amira Mohamed Ali (BSW), und der Ex-Diplomat Wolfgang Ischinger
v.l.n.r.: Nicole Deitelhoff, Norbert Röttgen (CDU), Maybrit Illner, Lars Klingbeil (SPD), Amira Mohamed Ali (BSW), und der Ex-Diplomat Wolfgang IschingerQuelle: ZDF/Svea Pietschmann

Der Einsatz des Bundeskanzlers dafür sei „unbestreitbar“. Doch die SPD habe mit dem Thema nicht gewinnen können, da sie „uneindeutig“ darin sei, wie Frieden erreicht werden könne. „In dieser Frage hat gerade Olaf Scholz noch nie eine klare, konsistente Position bezogen“, kritisierte der CDU-Politiker. „Er müsste eigentlich der Führer Europas sein“, doch es misslinge ihm seit zwei Jahren, zu artikulieren, dass Frieden nur durch Waffenlieferungen möglich werde.

Die Wahlergebnisse der beiden „Pro-Putin-Parteien“ AfD und BSW bei der jüngsten Europawahl bewertete Röttgen als „Krisenanzeichen“.

Es rege sie auf, „permanent“ mit Rechtsextremisten in einen Topf geworfen zu werden, echauffierte sich Ali. „Das ist wirklich infam.“ Mit ihrem Fernbleiben habe sie „vielen Menschen in diesem Land aus dem Herzen gesprochen“. Wolfgang Ischinger sprang dem CDU-Politiker bei.

Infam sei vor allem die Erklärung des BSW zu ihrem Boykott gewesen. „Worüber ich mich ohne Ende aufrege, ist dieser unsägliche Satz“, dass Selenskyj mit seinem Verhalten einen „Nuklearkrieg“ riskiere, beanstandete der frühere Diplomat Ischinger.

Zum einen habe die Ukraine 1994 ihre Atomwaffen „restlos abgegeben“, zum anderen sei es Russland, das mit dem Einsatz solcher Waffen drohe. „Hier wird Angst gepredigt“, sagte er in Richtung Alis, „und Sie haben mit diesem Satz die Angst ins Groteske verzerrt“. Wladimir Putin verdiene Kritik, nicht aber „der arme Selenskyj“.

„Wir verurteilen Wladimir Putin in aller Schärfe“, schob die BSW-Politikerin ein, um sich sogleich wieder auf den ukrainischen Präsidenten einzuschießen. Dieser betreibe die Eskalation und möchte die Nato in den Krieg hineinziehen. „Wer das möchte, der riskiert in der Tat einen Atomkrieg. Das wollten wir damit sagen“, stellte Ali klar.

Europas nächstes Sorgenkind: Frankreich

Der Konter kam von der Konfliktforscherin Nicole Deitelhoff: Putin und „seine Vasallen“ riskierten mit ihren Drohungen einen Nuklearkrieg, nicht der um Unterstützung gegen einen Aggressor werbende Selenskyj.

Positiv bewertete Deitelhoff auch das Verhalten der Nato-Staaten, die eine „sehr große Besonnenheit“ an den Tag legten. Abgesehen vom ehemaligen russischen Präsidenten Dimitri Medwedew sei zudem „selbst von Putin“ eine „deeskalierende Rhetorik“ zu erleben.

Besorgte zeigte sich Deitelhoff über die anstehenden Neuwahlen in Frankreich. Macron sei „der Meister der großen Worte, auch der Meister der großen Geste, aber oftmals“ seien die Konsequenzen nicht durchdacht.

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Er gehe in einer Phase ein „enormes Risiko“ ein, in der seine „Führungspersönlichkeit wirklich gefragt ist in Europa – auch mit Blick auf die Ukraine“. Der französische Staatspräsident gehe ein „erhebliches Risiko“ ein, bestätigte Wolfgang Ischinger, doch „zur Führungsverantwortung gehört auch ein gewisses Maß an Risikobereitschaft“.

Emmanuel Macron sei einmal angetreten, die politische Rechte kleinzumachen und das Land zu einen, erläuterte der zugeschaltete Thomas Walde, dennoch habe das Rassemblement National bei jeder Wahl zugelegt. Mit der Auflösung der Nationalversammlung zocke Macron aber nicht, sondern verfolge das Kalkül, die Franzosen zu zwingen, Farbe zu bekennen.

Wenn diese sich mehrheitlich für die rechtspopulistische Politik des RN aussprechen sollten, würde Macron dessen Vorsitzenden Jordan Bardella als Premierminister in den kommenden Jahren „vorführen“ wollen. „Das birgt enorme Risiken, dass Europa gelähmt ist, dass hier wenig vorangeht, dass das Land noch weiter auseinanderdriftet“, warnte der ZDF-Journalist. „Aber Macron hat nie Risiken gescheut.“