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„Maybrit Illner“

BSW-Koalitionen sind „möglicherweise unausweichlich“, analysiert Röttgen widerwillig

Autorenprofilbild von Dominik Lippe
Von Dominik LippeFreier Autor
Veröffentlicht am 05.07.2024Lesedauer: 4 Minuten
CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen bei „Maybrit Illner“
CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen bei „Maybrit Illner“Quelle: ZDF/Svea Pietschmann

Bei „Maybrit Illner“ analysierten die Außenpolitiker Norbert Röttgen, CDU, und Michael Roth von der SPD die aktuelle Biden-Misere der USA und das Dilemma mit den Rechtspopulisten in Frankreich. Mit Blick auf Ostdeutschland machte der CDU-Mann ein zerknirschtes Eingeständnis.

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Für die liberalen Demokratien des Westens war es eine Woche zum Vergessen. In Frankreich hat das rechtspopulistische Rassemblement National um den Spitzenkandidaten Jordan Bardella die erste Runde der vorgezogenen Parlamentswahlen für sich entschieden. Eine mögliche Ausnahme: der sich abzeichnende Erdrutschsieg der Labour-Partei bei den Unterhaus-Wahlen in Großbritannien.

Doch auf der anderen Seite des Atlantiks ging der US-Präsident trotz aller Lügen seines Kontrahenten als Verlierer aus dem TV-Duell, weil er sich altersschwächer verkaufte, als viele es sich erhofft hatten.

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Gemäß der Frage: „Biden wackelt, Macron zockt – leichtes Spiel für Nationalisten?“, griff Maybrit Illner am Donnerstag beide Themen in ihrer Talk-Sendung auf. Als Gäste begrüßte sie die Außenpolitiker Michael Roth (SPD) und Norbert Röttgen von der CDU sowie die Juristin Constanze Stelzenmüller, den CNN-Journalisten Fred Pleitgen und Daniela Schwarzer, Vorstandsmitglied der Bertelsmann Stiftung.

„Ich würde es noch nicht verloren geben, aber das ist eine furchtbare Ausgangssituation“, bewertete Michael Roth die Folgen der TV-Debatte für Joe Biden. Dieser habe zwar „keine schwere Krankheit“, aber auch der SPD-Politiker zeigte sich „fassungslos“ über dessen Anblick.

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Die Demokraten und vor allem der US-Präsident selbst müssten entscheiden, ob der Kandidat kurzfristig ausgetauscht werde. „Jetzt steht er sich selbst vermutlich im Wege – und das ist für uns alle bitter.“ Zugleich hob Roth die „großen Verdienste“ Bidens hervor, der wirtschaftliche Erfolge und funktionierende transatlantische Beziehungen vorweisen könne.

Joe Biden habe nicht nur die Debatte versemmelt, sondern seine Verfassung offenbart, erklärte Norbert Röttgen. „Das wird auch keiner mehr vergessen. Und wenn sie nicht wechseln, dann ist es der sichere Weg zur Wiederwahl von Donald Trump.“

SPD-Mann Michael Roth bei „Maybrit Illner“
SPD-Mann Michael Roth bei „Maybrit Illner“Quelle: ZDF/Svea Pietschmann

Der Demokrat müsse nun zur Einsicht kommen. Dass dafür die Zeit knapp wird, machte Fred Pleitgen deutlich. Biden wisse, dass „entscheidende Tage“ anstünden, da es für einen möglichen Kandidatenwechsel im Hinblick auf den nahenden Parteitag knapp würde. Als Alternative brachte der CNN-Journalist die jetzige Vizepräsidentin Kamala Harris ins Spiel. So habe die Pressesprecherin des Weißen Hauses die Kalifornierin unlängst als „Zukunft der Demokratischen Partei“ bezeichnet.

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Die Demokraten hätten gehofft, dass die US-Gerichte sie vor Bidens Gegner „retten“, sagte die aus Washington zugeschaltete Constanze Stelzenmüller. Mit dem jüngsten Immunitätsurteil des Obersten Gerichtshofs sei Trumps Position stattdessen gestärkt worden.

Die nun erhöhten Wahlchancen des ehemaligen Präsidenten stimmten auch Daniela Schwarzer pessimistisch. „Ich vermute, Wladimir Putin hat sich auf die Schenkel geklopft, als er diese Schwäche gesehen hat“, mutmaßte die Politikwissenschaftlerin nach dem TV-Duell. Trump wolle die US-Demokratie zurückbauen und Schwäche mit seinem Kurs die Vereinigten Staaten. „Das gefällt natürlich den Diktatoren dieser Welt.“

„Posterboy“ Macron „krachend gescheitert“

Auf „tragische, fatale Weise“ sei der US-Präsident kurz davor, den Rechtsnationalisten den Weg zu bereiten, sagte Röttgen. Und auch für Emmanuel Macron und Frankreich könne es beim zweiten Wahlgang „kein gutes Ende mehr geben“.

Die „Selbstschwächung“ sei bereits eingetreten, sodass es entweder zu einer absoluten Mehrheit für Marine Le Pen kommen werde oder zur „Regierungsunfähigkeit“. Neben den Rechtsradikalen und der von Jean-Luc Mélenchon initiierten linksradikalen Neuen Volksfront (Nouveau Front populaire) sei die Mitte „die kleinste Minderheit“. Somit sei Macron „vollständig isoliert“ und habe „keine Aussicht auf eine konstruktive Mehrheit“, beurteilte der CDU-Politiker.

Michael Roth stimmte Röttgen weitgehend zu. Als „Posterboy“ vieler überzeugter Europäer habe Macron „den Laden aufgemischt“. In seinem Ziel, eine „stabile Mitte“ zu sichern, sei der Präsident jedoch „krachend gescheitert“.

Mit Le Pen und Mélenchon nähmen gleich zwei Seiten die liberale Demokratie Frankreichs in die Zange, diagnostizierte der SPD-Politiker. Alle Parteien müssten sich zusammenschließen, um die Nationalisten und Populisten aufzuhalten. Ihm bereite es „Angst“, dass Vertreter dieser Bewegungen gelernt hätten, dass sie nicht nur „durchregieren“, sondern einen Systemumbau betreiben.

In „schlimmster Ausführung“ sei dies in Ungarn zu beobachten, wo Viktor Orbán den Rechtsstaat, die Demokratie und Medienvielfalt abbaue. „Das Überleben der liberalen Demokratie ist nicht mehr in Stein gemeißelt.“

Für die deutschen Parteien der Mitte sei es von Bedeutung, sich vom „Schwarz-Weiß-Denken“ und den „tumben Parolen“ nicht anstecken zu lassen, forderte Roth. „Mit uns ist es kompliziert, aber ihr müsst uns vertrauen.“ Die Menschen wollen Führung sehen, die klare Ziele definiere, ergänzte Norbert Röttgen.

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Es sei ein „Rezept zur Niederlage“, mit welcher „Halbherzigkeit“ die Themen Klima, Digitalisierung, Migration, Wirtschaftswachstum und die Ukraine-Unterstützung behandelt werden. Mit Blick auf die gerade in den ostdeutschen Bundesländern erfolgreichen populistischen Parteien sei es für die CDU keine „inhaltlich strategische Antwort“ auf die Ängste der Bürger, mit dem BSW zu koalieren. Zugleich schränkte er ein, dass es „möglicherweise unausweichlich“ sei, da „Landesregierungen gebildet werden müssen – und da kommt die AfD überhaupt nicht infrage.“