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Baden-Baden, Bad-Ems – Deutsche Kurorte sind selbst in China ein Vorbild

Baden-Baden, Bad Kissingen und Bad Ems sind seit dem Sommer 2021 Weltkulturerbe, sie tragen nun den Titel „Große Bäder Europas“. Die Qualitätsanforderungen an deutsche Kurorte gelten als die höchsten weltweit. Das spornt auch Entwickler in Asien an.
Die Trinkhalle Baden-Baden wurde nach den Plänen Heinrich Hübschs 1839–1842 im Kurgarten der Stadt erbaut Die Trinkhalle Baden-Baden wurde nach den Plänen Heinrich Hübschs 1839–1842 im Kurgarten der Stadt erbaut
Die Trinkhalle Baden-Baden wurde nach den Plänen Heinrich Hübschs 1839–1842 im Kurgarten der Stadt erbaut
Quelle: Getty Images/Walter Bibikow

„Faites vos jeux!“ – das von klassizistischen Bauten geprägte Baden-Baden ist so elegant wie seine Spielbank: Grün, wie der Roulette-Tisch; glamourös, wie die Kronleuchter im Florentiner Saal; stilvoll, wie die im Smoking gewandeten Croupiers.

Seit mehr als 200 Jahren rollt dort leise die Kugel. Dostojewski verlor im Florentiner Saal sein ganzes Vermögen, Tolstoi erging es kaum besser. Kaiser, Könige und Künstler, Maharadschas, Mogule und Mätressen, Prinzen, Potentaten und Prälaten: Geld und Macht waren in diesem Casino. Sie flanierten, kutschierten, dinierten, kurten und sie zockten in Baden-Baden, der Stadt, die zu einem Hotspot der gehobenen Gesellschaft von der Zeit der Reiseromantik des 19. Jahrhunderts bis zur Belle Époque wurde.

Heute kommt beim Begriff Casino aber immer auch noch ein Schuss Thriller dazu: Sofort fällt einem James Bond und „Casino Royal“ ein. Man erinnert sich gerne an „Casino“ mit Robert DeNiro und Sharon Stone oder an „21“ mit Kevin Spacey – auch wenn keiner dieser Filmhits in Baden-Baden gedreht wurde.

Kurorte und Heilbäder in Deutschland sind gefragt

Im Sommer des letzten Jahres ist die Stadt zusammen mit Bad Kissingen und Bad Ems in den Kreis der Weltkulturerbestätten aufgenommen worden: als drei der „Great Spas of Europe“ (Große Bäder Europas). Der Name steht für ein Bewerberbündnis aus insgesamt elf traditionsreichen europäischen Kurorten, zu denen Baden in Österreich, Bath in England, Montecatini in Italien, Spa in Belgien, Vichy in Frankreich sowie Karlsbad, Franzensbad und Marienbad in Tschechien gehören.

Die Kurorte Baden-Baden, Bad Kissingen und Bad Ems
Quelle: Infografik WELT

Ausgezeichnet wurden weder die Heilkraft der Quellen noch das heutige Kur- oder Spa-Angebot, sondern das historische architektonische Ambiente der Städte, die noch von der Bäderkultur geprägt sind.

Wenn man Kur sagt, schwingt häufig das Altmodische, das Betuliche und die Frage mit: Wer macht eigentlich heute noch eine Kur? Die Antwort ist verblüffend! 2019, vor der Corona-Pandemie, besuchten laut Statistischem Bundesamt genau 29.158.433 Übernachtungsgäste die rund 350 Kurorte und Heilbäder in Deutschland. Rund 25 Prozent der deutschen Bevölkerung machten also 2019 eine Kur oder einen Gesundheitsurlaub und generierten damit mehr als ein Viertel aller Gästeübernachtungen in Deutschland.

Rund 80 Prozent finanzieren ihren Aufenthalt übrigens privat, nehmen also Badekuren, Anwendungen und Therapien in den Kurzentren wahr und wohnen in Hotels. „Gesundheit rückt seit Jahren immer mehr in den Fokus der Menschen, nicht erst seit Corona. So ist es nicht verwunderlich, dass wir seit Jahren eine steigende Nachfrage aller Altersklassen in unseren staatlich anerkannten deutschen Heilbädern und Kurorten verzeichnen“, sagt Brigitte Goertz-Meissner, die Präsidentin des Deutschen Heilbäderverbands.

Dazu gehören zunehmend auch junge Leute, hauptsächlich wegen Rückenproblemen und chronischen Erkrankungen, vermehrt aber auch wegen Burn-out oder Depression. „Die Qualitätsanforderungen an die staatlich anerkannten deutschen Heilbäder und Kurorte gelten als die höchsten weltweit“, sagt Goertz-Meissner. „China und Südkorea möchten zum Beispiel nach deutschem Vorbild Heilbäder und Kurorte im eigenen Land entwickeln.“

Heilquellen prägten eine neue Art von Stadt

Die Tradition der Kur brachte es mit sich, dass im 19. Jahrhundert rund um die Heilquellen ein neuer städtebaulicher Typ entstand: die noble Kurstadt mit herrschaftlichen Gebäuden, langen Kolonnaden, Rundbögen und Kapitellen, Grandhotels, Parks mit Springbrunnen, Galerien und Casinos. Sie prägte das glamouröse Kur- und Reiseleben von Adel und Großbürgertum im 19. Jahrhundert.

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Und dieser Städtetyp fasziniert bis heute, zumal einige der öffentlichen Einrichtungen der Kurstädte des 19. Jahrhunderts in den 2020er-Jahren angekommen sind. Ob in der 4000 Quadratmeter großen Caracalla Therme von Baden-Baden, der doppelt so großen KissSalis Therme in Bad Kissingen oder der 6000 Quadratmeter großen Emser Therme – überall findet man moderne Sauna-Landschaften, verschieden temperierte Pools, innovative Anwendungen wie Erdbeer-Wellness oder Light-Shows: Kur trifft auf Wellness, Tradition auf Moderne. Bling-Bling gehört schließlich immer zum Geschäft.

Das Friedrichsbad in Baden-Baden ist ein einzigartiges römisch-irisches Thermalbad
Das Friedrichsbad in Baden-Baden ist ein einzigartiges römisch-irisches Thermalbad
Quelle: pa/Rainer Hacken/Rainer Hackenberg

Zudem liegen sowohl Baden-Baden als auch Bad Kissingen und Bad Ems in reizvoller Umgebung: Ob im Schwarzwald, in der Rhön oder zwischen Taunus und Westerwald – das Erlebnis im Grünen ergänzt den Kur- und Wellness-Aufenthalt perfekt.

Für die jüngere Kundschaft müsste nur noch so manches in die Jahre gekommene Hotel auf den neuesten Stand gebracht werden, komfortabel und cool zugleich, mit vier oder fünf Sternen, Pools und verglasten Saunen mit Blick ins Grüne. Denn das eine oder andere Kurhotel hat seine Sauna immer noch im dunklen Keller versteckt.

Baden-Baden ist Weltklasse

Baden-Baden gehört sicherlich nicht nur unter den deutschen Bädern, sondern auch international an die Spitze der Welterbe-Bäder: mit Kurhausanlage, dem einzigartigen römisch-irischen Friedrichsbad, den Parkanlagen an der Lichtentaler Allee, dem modernen Museum Frieder Burda, dem Weltklasse-Hotel „Brenners Park-Hotel“ und natürlich dem Casino, von dem Marlene Dietrich behauptete, es sei das Schönste der Welt: „Ich muss es wissen, denn ich kenne sie alle“, begründete die Diva ihr Urteil.

Im 90 Meter langen Wandelgang der Trinkhalle in Baden-Baden sind 14 Wandbilder von Jakob Götzenberger zu sehen, die Szenen aus Mythen und Sagen der Region zeigen
Im 90 Meter langen Wandelgang der Trinkhalle in Baden-Baden sind 14 Wandbilder von Jakob Götzenberger zu sehen, die Szenen aus Mythen und Sagen der Region zeigen
Quelle: pa/Jochen Tack

Auf den acht Golfplätzen der Umgebung und besonders an der Pferderennbahn Iffezheim kann man dann auch noch auf Zeitreise gehen: Es blüht der aristokratische Stil. Gentlemen mit wehenden Rockschößen und aufgeputzte Ladys stöckeln um die beste Aussicht.

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Und die Damen zeigen, was sie besitzen – die Hutschöpfungen variieren je nach Sendungsbewusstsein, der Brieftasche des Gatten und der eigenen Fantasie. Wen kümmern da die fleißigen Pferde, die sich die Lunge aus dem Hals rennen? So mancher Gast lässt bis heute seine Garderobe, insbesondere die Hüte, fachmännisch im „Brenners Park-Hotel“ einlagern.

Was Bad Kissingen und Bad Ems auszeichnet

Bad Kissingen und Bad Ems sind da deutlich provinzieller und weniger modern als die Bäderstadt an den Hängen des Schwarzwalds, auch wenn sich Bad Kissingens Oberbürgermeister Dirk Vogel mit der Welterbe-Auszeichnung nun „in der Champions League der deutschen Städte“ sieht.

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Freilich sind Regenten- und Arkadenbau sowie die Wandelhalle große Architektur, aber bei Casino, Kunst und Grandhotel kann Bad Kissingen kaum mithalten. Die umgebende Rhön allerdings ist ein häufig vergessenes und weniger besuchtes wunderbares Mittelgebirge mit der ältesten Segelflugschule der Welt auf der Wasserkuppe, sie ist mit knapp tausend Metern die höchste Erhebung der Rhön.

Kurort Bad Kissingen: Die Wandelhalle wurde von 1910 bis 1911 von dem Münchner Architekten Max Littmann in der Form einer dreischiffigen Basilika errichtet
Die Bad Kissinger Wandelhalle wurde von 1910 bis 1911 von dem Münchner Architekten Max Littmann in der Form einer dreischiffigen Basilika errichtet
Quelle: pa/dpa/Karl-Josef Hildenbrand

Bad Ems war bereits im 18. Jahrhundert einer der berühmtesten Badeorte Deutschlands mit illustren Besuchern wie Kaiser Wilhelm I. und Zar Alexander II. von Russland oder Johann Wolfgang von Goethe und Richard Wagner. Die Emser Spielbank ist sogar älter als das Casino von Baden-Baden und Dostojewski war auch an den Emser Spieltischen zu Gast. Kurhaus und „Häcker’s Grand Hotel“ an der Ems beeindrucken, aber dennoch fehlt der letzte Schuss an Eleganz, um auch in den 2020er-Jahren ein mondänes Weltbad zu sein, das es zweifelsohne einst war.

Bad Ems: Die Spielbank ist noch älter als das Casino von Baden-Baden. Schon der Schriftsteller Fjodor Dostojewski war hier Gast
Die Spielbank in Bad Ems ist noch älter als das Casino von Baden-Baden. Schon der Schriftsteller Fjodor Dostojewski war hier Gast
Quelle: pa/dpa/Thomas Frey

In allen drei Städten begann alles mit dem Wasser. Mineralische Quellen, heiß oder kalt, sprudelten aus der Erde und die Römer – bekannt für ihre Vorliebe zum Bade – bauten ihre Thermen, wie in Baden-Baden und Ems. Auch getrunken wurde und wird das Wasser, zum Beispiel aus Bad Kissingens berühmter Rakoczy-Quelle, eine der sieben heilenden Quellen der Stadt. Der Geschmack ist sehr gewöhnungsbedürftig, doch die Kurgäste schwören auf die positive Wirkung bei Atemwegserkrankungen, Magen-Darm-Problemen oder Erschöpfungszuständen.

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Auf 15 Heilquellen bringt es sogar Bad Ems: Die Robert-Kampe-Quelle gehört mit 57 Grad Celsius zu den heißesten in Deutschland. Die Inhaltsstoffe gibt es übrigens auch in den Emser Pastillen. Nach dem Verdampfen des Wassers bleiben pro Liter 3,5 Gramm Mineralsalze übrig, die seit knapp 150 Jahren zu den wohltuenden und nicht nur von Opernsängern geschätzten Pastillen gepresst werden. Baden-Baden hat also etwas nicht zu bieten.

Weitere Informationen: baden-baden.de; badkissingen-erleben.de; badems-nassau.info

Dieser Artikel wurde erstmals im November 2021 veröffentlicht.

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