WELTGo!
Ihr KI-Assistent für alle Fragen
Ihr KI-Assistent für alle Fragen und Lebenslagen
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Reise
  3. Städtereisen
  4. Spanien: Wie Dichter und Gelehrte das Land einst erlebten

Städtereisen Gelehrte im Süden

Wie Reisende Spanien in früheren Zeiten erlebten

Sehnsucht nach Spanien? Wir haben in den Notizen von Dichtern und Gelehrten geblättert, die vor Jahrhunderten nach Bilbao, Madrid und Córdoba gereist sind. Sie zeigen: Das Land machte es den Gästen nicht immer leicht, begeisterte aber auch.
San Sebastian in Spanien: Die muschelförmige La-Concha-Bucht mit der Isla de Santa Clara ist eine der Hauptattraktionen der Stadt San Sebastian in Spanien: Die muschelförmige La-Concha-Bucht mit der Isla de Santa Clara ist eine der Hauptattraktionen der Stadt
San Sebastian heute: Die muschelförmige La-Concha-Bucht mit der Isla de Santa Clara ist eine der Hauptattraktionen der Stadt
Quelle: Getty Images/Image Source

Ein „Bauerknabe“ führte ihn kurz hinter der französisch-spanischen Grenze über den Küstenberg Jaizkibel. Hoch oben verschnaufte er, den Atlantik im Blick, nicht ahnend, „dass wir nur um wenige Schritte von dem lieblichsten Flecke geschieden waren, den vielleicht an der ganzen französischen und spanischen Küste das Meer bespült. Wie groß war daher unsere Überraschung, als wir, da wir wieder aufgestanden waren und an den Abhang des Berges kamen, erst die Gipfel von Schiffsmasten, dann eine neue Bucht, die malerischsten Felsgruppen und zwischen ihnen und dem Meer weiß schimmernde Häuser erblickten. Wir stürzten mit Ungeduld die kleinen Felsstufen, an deren Rande wir standen, hinunter, und befanden uns auf einmal in den Straßen von Pasajes.“

1801 skizzierte der deutsche Gelehrte Wilhelm von Humboldt jenes Dorf an der nordspanischen Atlantikküste, das in Reiseführern viele Reisegenerationen später als „Insidertipp“ gehandelt werden würde. Reisen nach Spanien waren unter den Literaten vergangener Epochen niemals so verbreitet wie die Tour nach Italien, die von Goethe & Co. als musisches Erweckungserlebnis gefeiert wurde.

Was Italien das Monopol als Sehnsuchtsziel, wo die Zitronen blühn, bescherte. Italien wurde im 19. Jahrhundert zu dem Klassiker unter den Bildungsreisezielen. Spanien dagegen war Exotik: ferner, wilder, unbekannter, obwohl auch hier Zitronen gedeihen.

Spanien
Quelle: Infografik WELT

Den Notizen und Büchern, die während solcher Reisen entstanden, verdanken wir heute wichtige Zeitdokumente. Ihre Autoren fühlten sich als Pioniere. Und in Zeiten, da man nicht nach Spanien reisen kann, sind ihre mal begeisterte, oft aber auch entsetzten Beschreibungen eine so vergnügliche wie tröstliche Lektüre.

Wilhelm von Humboldt begeistert im Baskenland

Die bunten Fischerboote, für die Wilhelm von Humboldt in Pasajes schwärmte, sieht man dort heute noch. Grün, rot oder blau gestrichen auch die Holzbalkone. Möwengekreische in den Gassen. Die Ortsdurchfahrt, ein Nadelöhr parallel zum schmalen Meeresarm, bleibt heute dem Anwohnerverkehr vorbehalten.

Das baskische Fischerstädtchen nahe San Sebastián ist hübsch, aber Humboldts Enthusiasmus kommt einem etwas übertrieben vor. Der spanische Name Pasajes ist mittlerweile auch offiziell durch das baskische Pasaia ersetzt worden, Ausdruck der Selbstbestimmung jener Menschen, denen Humboldt sein Buch „Die Vasken“ widmete. Darin stellte er fest, was bis heute den Charakter dieser Bewohner der rauen Biskayaküste bestimmt: der „Geist der Freiheit und Unabhängigkeit“.

Dass die Basken sich ihre uralte Sprache bewahrt haben, in all den Jahrhunderten der Fremdherrschaft von Römern, Goten und Mauren und trotz aller sprachlichen Normierungsversuche aus Madrid, wird Humboldt sehr beeindruckt haben. Dass dieser baskische Freiheitsdrang in fanatischen Nationalismus umschlagen und eine Terror-Organisation namens Eta hervorbringen würde, konnte er freilich nicht ahnen.

Terrorgruppe Eta löst sich selbst auf

Die baskische Untergrundgruppe Eta gibt auf. Sämtliche politische Aktivitäten seien eingestellt, alle Strukturen vollständig aufgelöst. Das schreibt die Terrorgruppe in einem offenen Brief an das baskische Volk.

Quelle: WELT/ Louisa Lagé

Anzeige

Die Eta, die während der Franco-Diktatur entstand und mehr als 800 Menschen tötete, löste sich vor zwei Jahren auf. Aber der „Geist der Unabhängigkeit“ prägt bis heute die baskische Regionalpolitik.

Vor 200 Jahren war San Sebastián düster

Wilhelm von Humboldts Geheimnis bleibt, warum er, der sich so an Pasajes berauschte, nichts am nahen San Sebastián, Nordspaniens schönster und elegantester Stadt, finden konnte. Auch wenn der Aufstieg zum Seebad erst später einsetzte, hätte man zumindest eine Würdigung der so wunderbar geschwungenen Bucht erwartet, an die die Stadt sich schmiegt und die wegen ihrer auffälligen Form La Concha, die Muschel, heißt.

San Sebastián früher: Die La-Concha-Bucht in der Dämmerung, das Gemälde schuf Darío de Regoyos um 1906, es ist im Museo Carmen Thyssen in Málaga ausgestellt
San Sebastián früher: Die La-Concha-Bucht in der Dämmerung, das Gemälde schuf Darío de Regoyos um 1906, es ist im Museo Carmen Thyssen in Málaga ausgestellt
Quelle: Hulton Fine Art Collection/Getty

Stattdessen klagt Humboldt über die „kahle und traurige Landschaft“, findet die Stadt in „keiner schönen Lage“ vor und bemängelt „ein finstres, trauriges Ansehn“ der Gassen. Das heitere, helle San Sebastián, wie wir es heute kennen, gab es damals noch nicht.

Die düstere Stadt wiederum, die Humboldt sah, existiert nicht mehr. Sie brannte 1813 ab – bei einem der vielen baskischen Befreiungskämpfe: Nach dem großen Feuer zogen die französischen Besetzer aus San Sebastián ab.

Bilbao vor und nach der Industrialisierung

Ausgerechnet in Bilbao, das so lange unter seinem Ruf als dreckigste Stadt Spaniens litt, hellte sich Humboldts Miene auf: „Die Stadt liegt von schönbekränzten Bergen und Hügeln eingeschlossen da, und ihre weißen freundlichen Häuser schimmern durch das Grün der Bäume.“ Es war das Bilbao vor der Industrialisierung, das Humboldt so begeisterte.

Bilbao 1874: San-Antón-Kirche mit der San-Antón-Brücke aus dem Mittelalter, die auch das Stadtwappen ziert
Bilbao 1874: die San-Antón-Kirche mit der San-Antón-Brücke aus dem Mittelalter, die auch das Stadtwappen ziert
Quelle: Getty Images

Anzeige

Seit Ende der 1990er-Jahre schimmert es in Bilbao wieder, nicht nur wegen des Titanbelags des Guggenheim-Museums. Der avantgardistische Bau wurde ein Tourismusmagnet, eine kluge Stadtplanung und eine geschickte Modernisierung der Wirtschaft befreiten die Stadt von Ruß und Düsternis, heute ist Bilbao so freundlich wie in der humboldtschen Ära.

Bilbao heute: Die San-Antón-Kirche steht noch, die alte Brücke wurde im spanischen Bürgerkrieg zerstört
Bilbao heute: Die San-Antón-Kirche steht noch, die alte Brücke wurde im spanischen Bürgerkrieg zerstört
Quelle: Getty Images

Knapp zwei Jahre vor Wilhelm war sein jüngerer Bruder Alexander von Humboldt ebenfalls in Spanien unterwegs. Sein Ziel: die an der Nordwestküste gelegene Hafenstadt A Coruña, von der er 1799 zu einer fünfjährigen Forschungsreise nach Amerika aufbrach.

Der Blick des Naturkundlers fiel auf „Granitgipfel, die bis zum Kap Ortegal fortstreichen“, er untersuchte „die Tange und Weichtiere, welche die Flut von Nordwest her in Menge an den Fuß des steilen Felsens wirft, auf dem der Wachtturm des Herkules steht“. Dieser Leuchtturm, ein Bauwerk der Römer, hat seither weiter Wind und Wetter getrotzt. Ihn schweren Atems auf knapp 250 Stufen zu besteigen ist heute das Highlight der Stadterkundung.

Alexander von Humboldt hatte von Süden her den Atlantik erreicht. Unterwegs erinnerten ihn die tiefen Täler Galiciens „an die malerischen Landschaften der Schweiz und Tirols“. Den Jakobsweg, den er kreuzte, erwähnte er mit keinem Wort. Der im Mittelalter so bedeutende Pilgerpfad nach Santiago de Compostela war zu Humboldts Zeiten ziemlich in Vergessenheit geraten, erst im 20. Jahrhundert wurde er wiederentdeckt.

Hans Christian Andersen litt in Burgos

Ebenso wenig Notiz von dem heute so populären „Camino de Santiago“ nahm der dänische Märchendichter Hans Christian Andersen. Er traf 1862 in Burgos ein, einer der wichtigsten Pilgerstationen, leider zur falschen Zeit, im Winter.

„Es fror uns bitterlich“, notierte der Däne, „und über glühenden Kohlen mussten wir Füße und Hände erwärmen.“ Obgleich in der Unterkunft über Nacht „beinahe im Kohlendampf erstickt“, schleppte er sich zum majestätischen Dom, der 2021 sein 800-Jahr-Jubiläum feiert.

Burgos um 1830: Die Türme der mächtigen Gotteshäuser überragen die nordspanische Stadt
Burgos um 1830: Die Türme der mächtigen Gotteshäuser überragen die nordspanische Stadt
Quelle: picture-alliance / Mary Evans Picture Library

Besonders in Erinnerung blieben ihm die dort ausgestellte Truhe des mittelalterlichen Nationalhelden El Cid, bis heute ein Prunkstück im Dommuseum, und die „sonderbare Ungeniertheit“ der Dienstmädchen des Gasthofs: „Hätte man begonnen, den Cancan zu tanzen – es hätte mich nicht gewundert.“

Burgos in Spanien: Der mittelalterliche Stadtkern ist erhalten, an der Kathedrale führt der Jakobsweg vorbei
Burgos heute: Der mittelalterliche Stadtkern ist erhalten, an der Kathedrale führt der Jakobsweg vorbei
Quelle: Getty Images

In Madrid begeisterte Andersen der „Kunstgenuss“: die Meisterwerke im Prado-Museum, für das sein Urteil „Man müsste hier über Jahr und Tag bleiben, um sich in alle diese Herrlichkeiten hineinzuleben“ noch heute gilt. In der Oper gefiel es ihm auch. Allerdings drang dort „der dicke Tabakqualm von den vielen Zigarren, welche die Leute in den Zwischenakten rauchten, und der Gasgestank“ in „alle Logen“.

Staunen in Madrid über die Ehrfurcht vor der Königsfamilie

Absonderlichkeiten registrierte auch der schottische Reiseschriftsteller Henry David Inglis, der 1830 Madrid besuchte und verwundert feststellte, dass auf der Hauptpromenade offenbar der Zwang herrschte, „jedem Angehörigen der königlichen Familie Ehrerbietung zu zollen, wie oft er auch vorbeikommen mag“. Die Kutschen hielten an. Die Insassen nahmen die Hüte ab. Fußgänger verneigten sich.

Heute würden so manche Spanier wohl eher rohe Eier werfen, wenn Altmonarch Juan Carlos vorbeizöge. Dem Elefanten- und Schürzenjäger sowie mutmaßlichen Schwarzgeldsammler, der sich mittlerweile nach Abu Dhabi abgesetzt hat, ist der enorme Prestigeverlust des Königshauses anzulasten.

Zu Inglis’ Zeiten bestand der „bevorzugte Zeitvertreib“ der Royals darin, die im Stadtpark Retiro gehaltenen „wilden Tiere zu betrachten“, ob Kamele, Elefanten oder Zebras.

Inglis schrieb: „Die Tierpfleger setzen sich auf den Rücken der Tiere und lassen sie in der Runde traben; und wenn dies zur Freude Ihrer Majestäten oft genug geschehen ist, werden die Tiere vor ihre königlichen Besucher gebracht, und ihnen wird befohlen, vor ihnen auf die Knie zu gehen, welch selbigen Akt der Ehrerbietung sie jedoch bisweilen verweigern.“

In der Alhambra mit einem kühlen Sherry

Romantisches Sehnsuchtsziel vieler Schriftsteller war Andalusien, dank der jahrhundertelangen Präsenz der Mauren im Mittelalter die Schnittstelle von Morgen- und Abendland. Der Franzose Théophile Gautier nannte 1840 die Tage und Nächte, die er „dank der Protektion unserer Freunde in der Stadt“ auf der Alhambra in Granada verbrachte, „die bezauberndsten Augenblicke meines Lebens“.

Als es weder Massenandrang noch Reservierungen mit strikten Zeitfenstern gab, nahm er mit einem Kumpel auf „zwei Matratzen, die tagsüber in irgendeinem Winkel zusammengerollt wurden“, im Löwenhof Quartier, kühlte „einige Flaschen Sherry“ in der Brunnenschale und überließ sich der Magie des Ortes: „Es ist einem, als wäre man von einem Zauberstab berührt und vier oder fünf Jahrhunderte zurück mitten in den Orient versetzt worden.“

Ein Erlebnis, das auch Andersen beglückte: „Indem ich durch diese Bogen, diese Höfe, diese Säle wanderte, war es, als erweiterten sie sich, ich ging wie in einem versteinerten Spitzen-Bazar der Fantasie.“

Córdoba war anderen Städten in Europa weit überlegen

In Córdoba rühmte Andersen die historische Hauptmoschee trotz ihres hineingekeilten Doms als „eine Herrlichkeit (…) vor jeder anderen spanischen Stadt“. Gautier dagegen stieß sich am „scheußlichen Gelb“ des Außenmaueranstrichs.

Doch „das märchenhafte Innere“, in dem man wandeln könne wie „in einem überdachten Wald“, wog alles auf. Das übrige Córdoba wertete Gautier als „tote Stadt, eine Häusergruft“ – eine Geringschätzung, die heutige Besucher nicht nachvollziehen können.

Córdoba im 19. Jahrhundert: Panorama mit römischer Brücke und der in die Moschee gebauten Kathedrale
Córdoba im 19. Jahrhundert: Panorama mit römischer Brücke und der in die Moschee gebauten Kathedrale
Quelle: Bildagentur-online/Universal Images Group via Getty Images

Aber vielleicht hatte Gautier die überwältigende Vorgeschichte Córdobas im Kopf: Als Zentrum des mächtigen Kalifats war es eine Art New York des Mittelalters. Mit seiner halben Million Einwohner, mit seinen herausragenden Gelehrten, Künstlern und Technikern, die das Beste aus der arabischen, jüdischen und christlichen Geisteswelt zusammentrugen, war es vielen anderen Städten Europas weit überlegen.

Córdoba in Spanien: Von der alten Römerbrücke aus betrachtet präsentiert sich die Stadt wie vor Jahrhunderten
Córdoba heute: Von der alten Römerbrücke aus betrachtet präsentiert sich die Stadt wie vor Jahrhunderten
Quelle: Getty Images

Nach der Vertreibung der Mauren verkam die einstige Weltmetropole zur Provinzstadt, es dauerte bis ins 20. Jahrhundert, dass sie sich ihrer großartigen Vergangenheit wieder besann und ihre Besucher zu faszinieren verstand. Heute ist die „Häusergruft“ eine der meistbesuchten Städte Spaniens.

Sevilla als schönster Ort zum Flanieren in Spanien

Natürlich gefiel Sevilla den Reisenden des 19. Jahrhunderts viel besser. Zwar hatte auch die andalusische Hauptstadt ihre ruhmreichen Zeiten da längst hinter sich. Aber von dem Glanz, den es als Besitzerin des Handelsmonopols für die Schätze aus Amerika, der Neuen Welt, angehäuft hatte, war noch genügend übrig.

Gautier feierte Sevilla als Sinnbild südländischer Lebensfreude: „Ein irres Summen schwebt über der Stadt zu jeder Tageszeit, kaum dass sie sich während der Siesta einen Dämpfer aufsetzt.“ Nirgendwo sonst in Spanien flaniere man „so angenehm und vergnügt“ wie hier, bemerkte 1855 der deutsche Schriftsteller Friedrich Hackländer am Ende seiner langen Spanienreise.

Sie hatte mit einer Schiffspassage von Marseille nach Barcelona begonnen. Abends ging Hackländer dort zur Rambla und sah die große Flaniermeile „durch eine Menge von Gaslichtern erhellt, von denen sich namentlich große Kandelaber in der Mitte der Allee prächtig ausnehmen. Diese haben sechs Arme, jeder mit mehreren Flammen, und so glaubt man aus der Entfernung, wo man die dunklen Träger nicht sieht, es hingen große Kronleuchter an unsichtbaren Schnüren zwischen den Baumreihen.“

Lesen Sie auch

Auch Andersen rühmte 1862 die „glänzenden Cafés“ und die „Pracht“ der katalanischen Metropole. Elegant und modern ist Barcelona 150 Jahre später noch immer. Dass sie allen gefällt, ist heute ihr größtes Problem: Mit zwölf Millionen Besuchern pro Jahr ein klarer Fall von Overtourismus.

Exotische Palmen und Orangen in Valencia

Für die Strecke Barcelona–Valencia, heute vier Stunden auf der Autobahn, brauchte Hackländer damals 48 Stunden. Er reiste, auch nachts, in der Maultierkutsche. Die Transportmittel flößten ihm „Grauen“ ein, oft ausstaffiert für „Zwerge mit unbedeutenden Beinen“.

Einfluss auf seine begeisterten Schilderungen hatte das nicht. Mal entfachte die glutäugige Damenwelt in ihm Freudentänze der Hormone, mal schätzte er die mediterrane Exotik der Palmen und Orangen. Spaniens Provinz interessierte Hackländer wenig. Da, wo er nur „schauerlichste Nester“ erkennen konnte, stehen heute herausgeputzte Dörfer, in denen reichlich Euro aus Brüsseler Töpfen stecken.

In Valencia sah er eine „charaktervolle Silhouette“, aber auch „ungepflasterte Straßen“, die man nicht passieren konnte, „ohne bis über die Knöchel in den Kot zu geraten“. Hackländer schnappte Gerüchte über Valencias Männer auf, denen man nachsagte, allesamt „hinterlistig, feig und blutdürstig“ zu sein, „und was die letztere Eigenschaft anbelangt, so tut man ihnen darin nicht Unrecht, wenn es wahr ist, dass in den Straßen von Valencia jährlich an fünfzig Meuchelmorde verübt werden“.

Keine Sorge: Die Stadt ist heute kein kriminelles Pflaster mehr. Allerdings stand Valencia bis vor einigen Jahren in dem Ruf, die Hauptstadt von Verschwendung und Korruption zu sein – ein bemerkenswerter Titel in einem Land, in dem beides sehr verbreitet ist.

Die Regierung wechselte, heute legt man in Valencia Wert auf Transparenz. Die monumentale Betonarchitektur Santiago Calatravas, für die die Stadt aberwitzige Summen ausgab, überzeugt viele Besucher weniger als die herrliche Markthalle, die alte Seidenbörse und die Fahrradwege zum Strand.

Hackländer erkundete Spanien übrigens im Winter, wofür er sich im Vorwort seines Reiseberichts ausdrücklich entschuldigt, schließlich sei Spanien „doch bekannt als das herrliche, südliche Land, das in unserer Fantasie mit Sonnenschein und Blütenstaub lebt“. Dass wegen genau dieser Fantasie Spanien einmal das Überwinterungsparadies deutscher Rentner werden würde, das hätte sich im 19. Jahrhundert noch keiner vorstellen können.

81 illegale Partys, 18 „Botellones“, 10 Bars

In fast ganz Spanien gibt es im Kampf gegen die Ausbreitung des Coronavirus nächtliche Ausgangssperren. Doch an die halten sich viele nicht, wie Aufnahmen der Polizei von Razzien in der Hauptstadt Madrid zeigen.

Quelle: WELT

Dieser Text ist aus der WELT AM SONNTAG. Wir liefern sie Ihnen gerne regelmäßig nach Hause.

Quelle: Welt am Sonntag

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant
Mehr zum Thema