Erwartungen begleiten fast jede Reise. Ihre Erfüllung macht oft den vermeintlichen „Erfolg“ eines Urlaubs aus – gerade dann, wenn man ihn ausgiebig geplant hat, er an einen bestimmten Ort führt oder unternommen wird, um etwas Spezielles zu erleben. Besonders groß sind Erwartungen, wenn es an ein Ziel geht, das allgemein als großartig oder spektakulär gilt, etwa Machu Picchu, Paris oder Japan während der Kirschblüte. Nicht selten hat man Verwandte oder Freunde, die schon einmal dort waren, und deren Entzücken anschließend keine Grenzen mehr kannte.
Ich schreibe diese Zeilen, während ich am Bondi Beach außerhalb von Sydney sitze und ein herrlich kühles Stone & Wood Pacific Ale trinke, meines Erachtens das beste Bier Australiens. Bondi Beach ist einer dieser „Super-Orte“, der bei vielen Menschen ein Funkeln in den Augen verursacht, auch, wenn sie noch nie hier waren und zumeist seinen Namen falsch aussprechen. Bei Bondi Beach denkt man direkt an einen wunderschönen Strand und an wunderschöne Menschen, an Sonne, Meer und Spaß.
Tatsächlich ist es hier sehr angenehm. Der Strand ist weich und weitläufig, das Wasser schimmert in unzähligen Blautönen, die Menschen tragen perfekt sitzende Bademode und lächeln immerzu. Es sind überraschend wenig Selbstdarsteller unterwegs, sogar die Surfer wirken sympathisch. Die Wellen scheinen wie choreografiert, mal gleichmäßig, mal entfesselt, und die Sonnenuntergänge sind so magisch, dass man minutenlang darin versinkt. Selbst skeptische Reisende, die schon alles gesehen haben und schwer zu begeistern sind, werden hier ihre Freude haben.
Manche Orte können gar nicht enttäuschen
Auch ich gehöre zu den Menschen, die zurückhaltend sind, wenn es um den Besuch von Städten und Ländern geht, die gemeinhin als außergewöhnlich gelten; in meiner Logik können solche Orte eigentlich nicht der gängigen Erwartungshaltung gerecht werden. Und doch gibt es nicht wenige Plätze, an denen ich eines Besseren belehrt wurde: etwa an den Niagarafällen, den Pyramiden von Gizeh oder eben an Sydneys Super-Strand Bondi Beach.
Die Popularität dieser Reiseziele bedingt, dass man sie nicht mehr als spektakulär einschätzt, weil es nun mal jeder tut. Manchmal hat aber auch die Masse Klasse, und da Destinationen aus der Kategorie „besonders eindrucksvoll“ dies natürlich nicht ohne Grund sind, können sie wohl gar nicht enttäuschen.
Man kann dieses Phänomen vielleicht als den „New-York-Effekt“ bezeichnen: das Gefühl, einen Flecken dieser Erde zu besuchen, der so imposant, so einnehmend oder so facettenreich ist, dass er letztlich jedem gefällt und die in ihn gehegten Erwartungen erfüllt, wenn nicht übererfüllt. Im Idealfall will man gar so schnell wie möglich zurückkommen – eine Empfindung, die wahrlich nicht allerorten aufkommt.
Wer schon einmal in New York war, kann diese Erfahrung sicher nachvollziehen, und wer es nicht war, der sollte dies dringend nachholen. Denn New York ist wirklich so fantastisch und beeindruckend, wie alle sagen. Genau wie Bondi Beach.