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Ausland Neuwahlen in Großbritannien

In einem Minimalerfolg wittert Sunak die beste Chance für seine taumelnden Tories

Korrespondentin in London
Rishi Sunak Announces General Election outside Downing Street Rishi Sunak Announces General Election outside Downing Street
Der britische Premierminister Rishi Sunak
Quelle: picture alliance/Anadolu/Wiktor Szymanowicz
Im strömenden Regen hat Großbritanniens konservativer Premierminister Rishi Sunak verkündet: Die Briten werden im Juli ein neues Parlament wählen. Ein späterer Termin wäre möglich gewesen, doch die regierenden Tories sind angeschlagen. WELT beantwortet die wichtigsten Fragen zur Wahl.
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„Es ist an der Zeit, dass Großbritannien über seine Zukunft entscheidet“, verkündete der britische Premierminister Rishi Sunak am Mittwochabend vor seinem Amtssitz in London. In einem von Regenschauern durchnässten Jackett rief der Vorsitzende der Konservativen Partei für den 4. Juli die britischen Parlamentswahlen aus.

Danach könnte innerhalb weniger Tage eine neue Regierung stehen. In Großbritannien ist der Premierminister befugt, den Wahltermin zu bestimmen. Der letztmögliche Zeitpunkt für diese Legislaturperiode wäre Ende Januar 2025 gewesen. Staatsoberhaupt König Charles III. habe demnach Sunaks Antrag zugestimmt, dass Unterhaus aufzulösen.

Der frühzeitige Wahltermin überraschte selbst Partei-Vertraute, lange galt ein Urnengang im Herbst als wahrscheinlichste Option. WELT beantwortet die wichtigsten Fragen zur Parlamentswahl.

Warum jetzt?

Für seine Ankündigung hatte der Premierminister den wohl am wenigsten schlechten Zeitpunkt gewählt. Zwar schwächelt die britische Wirtschaft nach wie vor, doch konnte die konservative Regierung zuletzt kleine Fortschritte feiern. In seiner Rede betonte der Premierminister, dass er in seiner Amtszeit zwei „wichtige Meilensteine“ erreicht habe.

Es sei gelungen, die Inflation zu senken und ein schnelleres Wirtschaftswachstum als andere G7-Länder zu erzielen. Die Inflationsrate ist mit 2,3 Prozent auf den niedrigsten Stand seit drei Jahren gesunken, wie am Mittwoch bekannt wurde.

Auch die Aussicht, dass in den nächsten Wochen die ersten Abschiebeflüge mit illegalen Einwanderern in das ostafrikanische Ruanda starten sollen, mag den Premierminister dazu bewogen haben, die Wahl vorzeitig auszurufen – in der Hoffnung, von der Medienberichterstattung zu profitieren. Das zugrundeliegende Einwanderungsgesetz, das im April nach langem politischen und juristischen Tauziehen verabschiedet wurde, ist das Herzstück der konservativen Wahlkampagne.

Bislang hat das Projekt rund 240 Millionen Pfund (281 Millionen Euro) gekostet, noch ist kein einziges Abschiebeflugzeug gestartet. In die Karten spielt ihm auch, dass am Donnerstag die halbjährlichen Einwanderungszahlen bekannt gegeben werden, die einen Rückgang der Migration erwarten lassen.

Auch gibt es gewichtige Argumente gegen einen späteren Wahltermin. Im Sommer steigt die Zahl der illegalen Einwanderer, die den Ärmelkanal überqueren, üblicherweise an. Ein früherer Urnengang käme dem zuvor.

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Zudem steigt mit jedem zusätzlichen Abschiebeflug die Wahrscheinlichkeit, dass ein solcher durch internationale Rechtsprechung wie die des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte blockiert wird – oder dass sich die Konservativen bei Zuwiderhandlung in einen offenen Konflikt mit der international respektierten Institution manövrieren.

Wie stehen die Chancen für die Konservativen?

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Nicht gut. In den Wahlumfragen liegen die Konservativen bei durchschnittlich 21 Prozent, die größte Oppositionspartei Labour unter ihrem Vorsitzenden Keir Starmer bei 44 Prozent. Aufgrund des britischen Mehrheitswahlrechts rangieren weit dahinter einige weniger bedeutende Kleinstparteien.

Sunaks ärgster Konkurrent: Labour-Chef Keir Starmer
Sunaks ärgster Konkurrent: Labour-Chef Keir Starmer
Quelle: AFP/-

In Großbritannien wird inzwischen offen von einem „1997-Moment“ gesprochen, in Anspielung auf das Jahr, in dem die Labour-Partei unter ihrem damaligen Chef Tony Blair einen Erdrutschsieg gegen die Konservativen errang. Der renommierte Wahlforscher Sir John Curtice von der Universität Strathclyde prognostizierte kürzlich, dass Labour mit „99-prozentiger Wahrscheinlichkeit“ die nächste Regierung stellen werde.

Warum liegen die Konservativen so weit zurück?

Noch im Jahr 2019 konnte der damalige konservative Premierminister Boris Johnson einen überwältigenden Erfolg bei den Parlamentswahlen verbuchen, indem er traditionelle Labour-Hochburgen mit einer auf Brexit-Wohlstandsversprechen basierenden Kampagne für sich gewinnen konnte. Während der Covid-Pandemie verspielte er jedoch das Vertrauen der Wähler infolge illegaler Lockdown-Partys gepaart mit einer inkonsequenten Gesundheitspolitik.

Auch die Realität steigender Lebenshaltungskosten, zunehmender Zuwanderung bei gleichzeitigem Wohnungsmangel und ein nach wie vor desolater staatlicher Gesundheitsdienst (NHS) ließen die einstigen Versprechungen des Premierministers immer leerer erscheinen.

Besonders gut steht es gerade nicht um die Tories von Rishi Sunak
Besonders gut steht es gerade nicht um die Tories von Sunak
Quelle: AFP/BENJAMIN CREMEL

Als dann seine Nachfolgerin Liz Truss während einer legendären 44-Tage-Amtszeit die ohnehin durch Pandemie und Ukraine-Krieg gebeutelte Wirtschaft mit einem Mini-Budget in eine Abwärtsspirale stürzte, platzte den Briten der Kragen endgültig.

Nach 14 Jahren Tory-Regierung sind viele der konservativen Regierung überdrüssig. Die Bilanz von Premierminister Sunak, zu dessen größten Erfolgen die leicht gesunkene Inflation zählt, ist da nur ein schwacher Trost. Vor diesem Hintergrund musste sich Labour kaum anstrengen, um als Musterschüler zu gelten.

Wo liegen die wesentlichen Trennlinien zwischen Konservativen und Labour?

Labour-Chef Starmer übernahm 2019 die krisengeschüttelte Labour-Partei, die unter seinem Vorgänger Jeremy Corbyn weit nach links gerückt war, mit dem Anspruch, sie wieder in die Mitte zu führen. Dies führte dazu, dass sich die Partei in einigen Fragen den Positionen der konservativen Partei näherte.

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In der Frage von Transrechten hält sich Parteichef Starmer bisher mit progressiven Versprechungen zurück. Labour bemüht sich um Loyalität gegenüber Israel, auch weil ihr Vorgänger Corbyn wegen Antisemitismusvorwürfen aus der Partei ausgeschlossen wurde. Im Ukraine-Konflikt drängen beide Parteien auf eine langfristige militärische Unterstützung Kiews. Ähnlich wie die Tories verspricht Labour, die Wartelisten des NHS zu kürzen, die Wirtschaft zu stabilisieren und Unternehmen zu fördern. Allerdings setzt die Partei weiterhin stärker auf die finanzielle Förderung öffentlicher Dienstleister.

Ein großer Unterschied besteht hinsichtlich des Umgangs mit „Small Boat“-Migranten. Das Ruanda-Gesetz will Starmer im Falle eines Wahlsieges seiner Partei „sofort“ aufheben. Dafür will er eine neue Grenzschutzbehörde einrichten. Asylverfahren sollen beschleunigt und legale Einreisewege reformiert werden. Auch Rückführungsabkommen mit EU-Ländern werden diskutiert.

Auf welche Parteien sollte man abseits von Labour und den Konservativen schauen?

Die wohl interessanteste Randpartei ist Reform UK. Der populistische Politiker Nigel Farage gründete sie 2019 unter den Namen„Brexit-Partei“, derzeit wird sie von dem millionenschweren Unternehmer Richard Tice geführt. Die Partei ist auf dem Vormarsch: Innerhalb eines Jahres konnte sie ihre Umfragewerte auf fast zehn Prozent verdoppeln.

Vor allem für die regierende Konservative Partei stellt Reform UK eine Gefahr dar, sie nach eigenen Angaben „zerstören“ will. Besonders traditionelle Tory-Wähler, denen die Migrationspolitik der Regierungspartei zu nachgiebig ist, fühlen sich von der Partei angezogen. Über ein Comeback Farages wird seit Monaten laut spekuliert – auch mit seinem Zutun. Ein Rückblick auf die Brexit-Jahre zeigt, wie massenmobilisierend der Rechtspopulist sein kann.

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