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Politik Platz des Himmlischen Friedens

Die geheimen Memoiren zum Massaker in Peking

Dieses Buch dürfte Chinas Regierung missfallen: Die Memoiren von Zhao Ziyang, einst Chef der Kommunistischen Partei, werden veröffentlicht. Der Mann, der 2005 starb, hatte sie heimlich verfasst. Er erhebt wegen des Massakers auf dem Tiananmen-Platz 1989 schwere Vorwürfe gegen die Pekinger Führung.

Knapp drei Wochen vor dem seit 20 Jahren tabuisiertem Jahrestag des Tiananmen-Massakers vom 4. Juni 1989 muss sich die Pekinger Führung einer schwerwiegenden Anklage stellen: Sie und besonders ihr damaliger Führer Deng Xiaoping hätten die blutige Unterdrückung der Studentenbewegung verschuldet und zu verantworten.

Der Ankläger ist ein Toter. Der 2005 nach 15 Jahren Hausarrest in Peking gestorbene ehemalige Parteichef Chinas Zhao Ziyang hat geheime Memoiren diktiert, die am Donnerstag veröffentlicht wurden. Zhao hatte sich vor 20 Jahren gegen die Ausrufung des Kriegsrechts über Peking und gegen den Einsatz der Armee gestellt und war in dramatischer Weise entmachtet worden. „Ich verweigerte mich, weil ich unter keinen Umständen ein KP-Generalsekretär werden wollte, der das Militär gegen die Studenten mobilisiert“, erklärt er nun posthum.

Nun kann man nachlesen, was sich genau abspielte, als Zhao zuerst am 16. Mai 1989 in einer nächtlichen Krisensitzung des Politbüroausschuss sein „Nein“ zur Gewalt sagte, am 17. Mai seinen Rücktritt androhte, weil das Politbüro dennoch den Ausnahmezustand beschloss und dann, als das Kriegsrecht am 19.Mai offiziell verkündet wurde, in Hausarrest verschwand. Und man kann es in seinen eigenen Worten lesen.

"Die Tragödie, die die Welt schockierte"

Denn während seiner Verbannung hatte Zhao heimlich 30 Tonbandstunden besprochen. Die Bänder mit seiner Stimme wurden trotz der 24-Stunden-Bewachung seines Hauses ins Ausland geschmuggelt. Eine chinesische Fassung erschien jetzt in Hongkong, die englische Übersetzung unter Mitarbeit international renommierter Chinaforscher soll noch diesen Monat beim Verlag Simon & Schuster erscheinen unter dem Titel „Der Staatshäftling“.

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Für die Pekinger Führung ist das ein schwerer Rückschlag. Sie hatte sich immer bemüht, die Tiananmen-Ereignisse vergessen zu lassen. Von dem inzwischen als liberalen Reformer mit hoher moralischer Autorität anerkannten und von vielen verehrten Zhao Ziyang gab es bisher nur einige wenige Interviews. Ein enger Familienfreund, den die Bewacher zu Zhao ließen, hatte sie heimlich geführt.

Nun aber redet Zhao darüber, wie er die Tragödie erlebte. Er saß in der Nacht auf den 4. Juni bereits entmachtet unter Bewachung mit seiner Familie im Innenhof seines Pekinger Hofhauses, als „ich intensives Gewehrfeuer hörte. Die Tragödie, die die Welt schockierte, konnte nicht abgewendet werden.“ In der Nacht starben viele Hundert Menschen auf Pekings Straßen.

Das Buch verspricht einen tiefen Einblick in die Entscheidungen der innersten Führung Pekings. Dabei soll auch deutlich werden, dass Zhao Ziyang nicht nur ein Parteiführer mit Gewissen war, sondern, dass er der eigentliche Wirtschaftsreformer des Landes war, ein Verdienst, den sich zu Unrecht der aufgeklärte Despot Deng Xiaoping und Technokraten wie Li Peng an ihre Revers hefteten. Deutlich wird auch, dass nur einer am Ende die Entscheidungen traf: der greise Deng Xiaoping.

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