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Hafermilch, oder das Problem mit den Zuckerspitzen

Hafermilch wird mit Schwung in ein Glas geschüttet Hafermilch wird mit Schwung in ein Glas geschüttet
Hafermilch enthält im Vergleich zu Kuhmilch deutlich weniger Calcium
Quelle: picture alliance/dpa
Pflanzliche Alternativen zur Kuhmilch sind nicht nur bei der Generation Z beliebt. Aber sie stehen auch in der Kritik, so sollen sie sich ungünstig auf den Blutzuckerspiegel auswirken. Und eine aktuelle Untersuchung zeigt, dass noch weitere Probleme bestehen.
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Ob im Kaffee oder Müsli, zum Kochen oder Backen: Pflanzendrinks &Co. sind beliebt. Sie gelten als gesunde Alternative zur Kuhmilch und sind damit auch für vegan lebende Menschen und Menschen mit Laktoseintoleranz geeignet. Doch sie stehen auch in der Kritik. So sollen Haferdrinks mitunter für ungesunde Blutzuckerspitzen sorgen, damit Müdigkeit, Heißhunger oder Hautprobleme begünstigen.

Mit einem Absatz von bereits mehr als 22 Litern pro Kopf und Jahr liegen Hafer-, Mandel- und Sojadrinks im Trend. Dabei unterscheiden sie sich zum Teil deutlich in ihrer Nährstoffzusammensetzung, etwa bei den Gehalten an Fett, Zucker und Proteinen. Die Unterschiede bestehen nicht nur zwischen den Sorten – sondern auch innerhalb der gleichen Produktkategorie, das ergab eine kürzlich abgeschlossene Studie des Max Rubner-Instituts (MRI).

Untersucht wurden nun Qualität, Sicherheit und ernährungsphysiologische Eigenschaften mehrerer Proben von 18 Bio-Pflanzendrinks. Aber: Ohne Zusätze würden diese kaum Vitamine liefern und im Vergleich zu Kuhmilch deutlich weniger Calcium, lautet ein Fazit.

Aus Stärke wird Zucker

Im Vergleich verschiedener Produkte enthielten die Haferdrinks den meisten Zucker, Mandeldrinks wiesen den höchsten Fettgehalt auf und Sojadrinks Proteine und Ballaststoffe.

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Doch die gemessenen Werte schwankten selbst innerhalb eines Segments: „Die unterschiedlichen Nährstoffgehalte sind vor allem auf die Rohstoffe und die Rezepturen der einzelnen Drinks zurückzuführen“, erklärt Lebensmittelchemikerin Lara Frommherz. Bei Haferdrinks sei etwa zu beachten, „dass durch den Stärkeabbau während des Herstellungsprozesses auch Produkte ohne Zusätze relativ viel Zucker enthalten können“.

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Um etwa aus Hafer ein schmackhaftes Getränk zu machen, wird das Getreide verarbeitet. „Man gibt Enzyme dazu, die die Stärke spalten. Dabei werden Zuckerreste abgespalten und es entsteht Malzzucker. Haferdrinks haben also einen natürlichen Zuckergehalt“, erklärt der Ernährungswissenschaftler Nicolai Worm, von 2008 bis 2020 Dozent an der Deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement (DHfPG).

Wie hoch dieser Zuckergehalt ist, variiert stark und hängt eben vom Herstellungsprozess ab. Durchschnittlich aber liege er bei vier Gramm pro 100 Gramm Getränk, sagt Karlis Briviba, kommissarischer Leiter des Instituts für Physiologie und Biochemie der Ernährung am MRI.

Glykämischer Index – glykämische Last

Um besser zu verstehen, wie ein Haferdrink auf den Blutzuckerspiegel wirkt, müssen zwei Parameter betrachtet werden: der glykämische Index sowie die glykämische Last. Der glykämische Index gibt an, wie stark die Kohlenhydrate eines Lebensmittels den Blutzuckerspiegel erhöhen. Langkettige Kohlenhydrate, wie sie in Vollkornprodukten stecken, erhöhen den Blutzuckerspiegel dabei eher langsam. Limonaden mit ihren kurzkettigen Kohlenhydraten, also Zucker, deutlich schneller.

Die Skala reicht von 0 bis 100. Je höher der Wert, desto schneller werden die Kohlenhydrate verdaut und gehen ins Blut. „Haferdrinks haben dabei einen relativ hohen Wert“, sagt Karlis Briviba. Er liegt bei etwas über 60 und ist damit vergleichbar mit herkömmlichem Haushaltszucker.

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Doch es kommt auch darauf an, wie viele Kohlenhydrate in einem Lebensmittel überhaupt stecken. Das ist die glykämische Last. So können zwei Lebensmittel zwar denselben glykämischen Index haben, aber durchaus unterschiedlich stark auf den Blutzuckerspiegel einwirken. Einfach aus dem Grund, dass das eine Lebensmittel deutlich mehr Kohlenhydrate enthält als das andere.

„Der glykämische Index ist bei Haferdrinks zwar relativ hoch, aber die glykämische Last ist gering“, sagt Briviba. „Wenn wir einen Vergleich anstellen wollen, hätte ein Glas Hafermilch vergleichbare Werte wie eine kleine Scheibe Vollkornbrot oder eine halbe Scheibe Weizenbrot.“ Er ordnet es wie folgt ein: „Das ist sehr wenig und fällt für gesunde Menschen nicht besonders ins Gewicht.“

Wirkung im Körper

Kurz gesagt: kein Grund, Hafermilch per se zu verteufeln. Geht es um eine gesunde und ausgewogene Lebensweise, kommt es zudem nicht auf ein einzelnes Lebensmittel an, sondern auf die Ernährung in ihrer Gesamtheit.

Auch Nicolai Worm hält eine Gesundheitsdiskussion auf Basis des Zuckergehalts von Haferdrinks für „völligen Quatsch“. Wie gesund ein Lebensmittel sei, lässt sich nicht an einem etwas steigenden Blutzuckerspiegel festmachen, sagt er.

Zumal ein gesunder Körper mit so einem Blutzuckeranstieg selbst gut umgehen kann. Bei gesunden Menschen steige der Blutzuckerspiegel nach dem Essen nicht höher als etwa 140 mg/dl an. „Egal ob sie mehr oder weniger Zucker essen, der Körper regelt durch eine Mehrausschüttung von Insulin gegen“, sagt Worm.

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Ein Problem besteht erst, wenn der Körper nicht mehr genug Insulin produzieren kann, also Diabetes vorliegt. Oder wenn es eine Insulinresistenz gibt. Der Körper muss dann eine vielfache – und damit ungesunde – Menge an Insulin ausschütten, um den Zucker aus dem Blut zu bekommen, so Nicolai Worm.

Eine Insulinresistenz wird durch einen Lebensstil mit Bewegungsmangel, Übergewicht, Schlafmangel und weiteren Faktoren begünstigt. Sie bleibt oft lange unentdeckt, weil sie keine Beschwerden verursacht.

Es fehlt an Nährstoffen

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Für Menschen mit Diabetes gilt allerdings schon eine gewisse Vorsicht, was Haferdrinks angeht: „Sie sollten grundsätzlich sehr genau berücksichtigen, wie viele Kohlenhydrate sie zu sich nehmen“, sagt Briviba. Und den Haferdrink dem Blutzuckerspiegel zuliebe lieber durch die ungesüßte Mandel- oder Soja-Variante ersetzen. Wenn es denn eine pflanzliche Alternative zu Kuhmilch sein soll.

Bezogen auf Haferdrinks hat Nicolai Worm noch einen anderen Kritikpunkt: „Im Vergleich zur Kuhmilch enthalten Haferdrinks sehr wenige essenzielle Nährstoffe wie Calcium oder Jod.“ Deswegen reichert die Industrie die Produkte mit Mineralstoffen und Spurenelementen an.

Doch in Pflanzen, also in Hafer, gebe es stets sogenannte Hemmstoffe, wie Worm erklärt. Diese würden es dem Körper erschweren, Nährstoffe aufzunehmen, sodass selbst das hinzugefügte Calcium kaum genutzt werden könne. „Laut Studien liegt die Calciumverfügbarkeit bei Haferdrinks bei drei Prozent. Bei Kuhmilch wird sie mit 30 Prozent angegeben“, sagt Worm. Auch im Hinblick auf den Proteingehalt stehe der Haferdrink deutlich hinter der Kuhmilch. „Das heißt die Wertigkeit, der reine Ernährungswert, ist im Vergleich zur Milch niedriger.“

Mit Blick auf die Gesundheit sind aber weitere Faktoren zu bedenken: Im Rahmen der Untersuchung am Max Rubner-Institut fanden sich zwar keine bakteriellen Krankheitserreger in den Proben. Auch waren fast alle untersuchten Drinks frei von Pflanzenschutzmittelrückständen.

Jedoch ließen sich giftige Stoffwechselprodukte von Schimmelpilzen, sogenannte Mykotoxine, in nahezu allen Hafer- und Mandeldrinks nachweisen. Unter anderem das Gift „Aflatoxin B1“, das als genotoxisch und kanzerogen eingestuft ist. In den überprüften Sojadrinks fanden sich nur wenige Mykotoxine in geringen Mengen, teilte das Institut mit.

Insgesamt wurden 25 Mandeldrinks, 43 Haferdrinks und zwölf Sojadrinks auf Mykotoxine untersucht. Nachdem man in den Proben der 18 Bio-Produkten auf Pilzgifte gestoßen war, hatte man die Analyse auf weitere Produkte ausgeweitet.

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Angesichts dieser Daten schreibt das Bundesinstitut für Risikobewertung, dass für Kindern in der Altersgruppe von 0,5 bis 6 Jahren „gesundheitliche Beeinträchtigungen mit einer mittleren Eintrittswahrscheinlichkeit auftreten können“ – bei regelmäßigem Verzehr von Mandeldrinks mit den in 23 Proben gemessenen Aflatoxingehalten.

Aber die Daten seien nicht repräsentativ und würden „nur einen ersten Einblick zu den Mykotoxingehalten in Pflanzendrinks geben“. Um die gesundheitlichen Risiken für die Bevölkerung besser einschätzen zu können, seien weitere, den Markt abdeckende Untersuchungen erforderlich.

dpa/sk

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