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Geschichte Unbekanntes Interview entdeckt

„Dann schlag’ ich Dir den Schädel ein“, drohte Hitler

Das Gespräch war bislang der deutschen NS-Forschung unbekannt: Am 8. und 9. November 1922 konnte ein dänischer Journalist in München zweimal mit dem Führer der NSDAP sprechen und sogar ihre Geschäftsstelle aufsuchen. Hitler redete Klartext.
Leitender Redakteur Geschichte
28th February 1923: Adolf Hitler (1989 - 1945) at the first meeting of flag and standard bearers at Marsfield, Munich. (Photo by Keystone/Getty Images) Getty ImagesGetty Images 28th February 1923: Adolf Hitler (1989 - 1945) at the first meeting of flag and standard bearers at Marsfield, Munich. (Photo by Keystone/Getty Images) Getty ImagesGetty Images
Hitler spricht beim ersten "Reichsparteitag" der NSDAP am 28. Januar 1923 auf dem Marsfeld nördlich von Münchens Hauptbahnhof
Quelle: Getty Images

Glück muss man haben; das gilt für Journalisten ebenso wie für jeden anderen. Viel Glück hatte am 8. November 1922 ein Korrespondent der dänischen Regionalzeitung „Århus Stiftstidende“ . Denn noch hatte Adolf Hitler, der Vorsitzende einer in München sehr präsenten Gruppierung namens Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei, keinen sonderlich aktiven Pressechef und erst recht niemanden, der sich speziell um Anfragen aus dem Ausland kümmerte.

Am Rande einer Veranstaltung im Münchner Bürgerbräukeller konnte dieser Journalist, dessen Name nicht bekannt ist, den Parteiführer ansprechen und für ein Gespräch gewinnen. Nur ein paar Wochen später wäre das bedeutend schwieriger gewesen, denn da hatte schon der in Harvard ausgebildete und ehemalige Wahl-New-Yorker Ernst Hanfstaengl die Funktion als Auslandspressechef der NSDAP übernommen. Er hätte Hitler gewiss abgeraten, ausgerechnet dem Vertreter des Blattes aus Dänemarks zweitgrößter Stadt ein Interview zu gewähren. Doch noch gehörte Hanfstaengl nicht zu Entourage des NS-Chefs.

Muenchen, Buergerbraeukeller / Foto Muenchen (Bayern), Buergerbraeukeller (Stammlokal der NSDAP; Ausgangspunkt des "Marschs auf die Feldherrnhalle" November 1923; Ort des Attentats auf Hitler durch Georg Elser am 8.Nov. 1939). - Innenansicht. - Foto, undat. (30er Jahre). Berlin, Slg.Archiv f.Kunst & Geschichte.
Der Bürgerbräukeller an der Rosenheimer Straße in München (undatiertes Foto)
Quelle: picture-alliance / akg-images

Jedenfalls gelang es dem Journalisten, nicht nur ein paar Fragen an Hitler zu richten, sondern sogar für den folgenden Tag eine Einladung zu einem förmlichen Interview zu ergattern. Dieses Interview war der deutschsprachigen NS-Forschung bislang unbekannt und fehlt daher in den einschlägigen Editionen. Erst 2019 wurde es für die Festschrift zum 225-jährigen Jubiläum von „Århus Stiftstidende“ wiederentdeckt.

„Schon überall wird Hitler der bayerische Mussolini genannt“, begann der Reporter seinen sechs Tage später, am 14. November 1922, erschienenen Artikel. Anschließend fasste er in wörtlichen Zitaten und Paraphrasen seinen Austausch mit dem NSDAP-Chef zusammen. „Das erste Wort Hitlers an uns ist sehr taktlos: ,Sind Sie Jude?‘ Wir bemerken ihm gegenüber, dass wir nicht gekommen sind, um ein Glaubensbekenntnis abzulegen, sondern um ein Interview zu bekommen. ,Skandinavische Juden sind mir ebenso unsympathisch wie deutsche Juden‘, murrt Hitler.“

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Nun begann das eigentliche Gespräch: „Wir versuchen, die Frage zu stellen, was die Nationalsozialisten wirklich wollen? ,Wir wollen den Bolschewismus niederschlagen!‘, erklärt Hitler mit einer unangenehm knurrenden Stimme, die wahrscheinlich Entschlossenheit und Energie ausdrücken soll. Er fährt fort: ,Das ist kurz und gut unser Programm.‘“

Die nächste Frage des Reporters zeigte, dass er ganz den gängigen Vorstellungen von Politik im nachrevolutionären Bayern verhaftet war. „Wir sagen: ,Sind mit diesem lobenswerten Zweck nicht auch bestimmte Absichten für die Wiederherstellung der Monarchie verbunden?‘“ Hitler antwortete: „Die Staatsform ist uns ganz und gar gleichgültig“ und erklärte: „Monarchie oder Republik, darauf kommt es nicht an. Wir werden das Gesindel beseitigen, das Deutschland in den Ruin getrieben und das Deutschland zum Sklaven der ganzen Welt gemacht hat.“

Hitler circa 1922/23
Adolf Hitler, aufgenommen 1922/23
Quelle: picture alliance / World History

Das wollte der Reporter genauer wissen und fragte: „Und wie wollen Sie das machen?“ Hitler antwortet mit einem Zitat: „Und willst Du nicht mein Bruder sein, dann schlag’ ich Dir den Schädel ein.“ Und um jedes Missverständnis auszuschließen, fügte er hinzu: „Und willst Du nicht ein Deutscher sein, dann schlag’ ich Dir den Schädel ein.“

Die Reaktion des Journalisten konnte nicht wirklich überraschen: „Glauben Sie denn, dass das Ansehen Deutschlands im Ausland durch solche Gewalttaten verbessert wird?“ Hitler antwortete: „Vorläufig sind unsere Bemühungen nicht auf das Ausland gerichtet.“ Damit endete, dem Artikel zufolge, das erste Gespräch.

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Doch für den folgenden Vormittag um 11 Uhr hatte Hitler den dänischen Journalisten „ins Hauptquartier“ bestellt. Eine Chance, die der Reporter natürlich wahrnahm. „Wir erscheinen also am nächsten Tag im ,Hauptquartier‘. Es ist ein schmutziges Lokal in der Corneliusstraße, an dessen Mauern feuerrote Plakate verkünden, dass hier die Nationalsozialisten hausen.“ Tatsächlich lag die Geschäftsstelle der Partei seit dem 1. November 1921 in der Corneliusstraße 12, im vormaligen „Gasthaus Cornelius“.

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Der Däne berichtete weiter: „Wie alle berühmten Männer lässt Hitler auf sich warten. Somit haben wir reichlich Zeit, uns umzusehen. Die Diele ist mit jungen Menschen gefüllt. Es ist offenbar eine Abteilung von Hitlers Leibwächtern, die ,Jour‘ (etwa: ,Dienst’, d. Red.) haben. Alle tragen ein Hakenkreuz – das Zeichen ihrer antisemitischen Gesinnung. Die jungen Leute spielen mit Gummiknüppeln und Revolvern; es scheint ihnen fast peinlich, ihre Zeit zu vertrödeln.“

+honorarpflichtig+++Deutsches Reich - Bayern Koenigreich (Kingdom Bavaria) (-1918) - Muenchen: ehemalige Gaststaette in der Corneliusstrasse 12, in der sich die Geschaeftsstelle der NSDAP befindet - 01.11.1921 - undatiert Originalaufnahme im Archiv von ullstein bild
Eine ehemalige Gaststätte in der Corneliusstraße 12 in München war 1922 die Geschäftsstelle der NSDAP
Quelle: ullstein bild/Niemann

So hatte er Zeit, sich genau umzuschauen: „An der Wand Ausfertigungen einer Art Geldscheine, die die Nationalsozialisten zugunsten ihrer Parteikasse ausgeben.“ Tatsächlich hatte die notorisch klamme NSDAP Schuldscheine ausgegeben, um ihre Zeitung „Völkischer Beobachter“ zu finanzieren – sie hatte sich zuletzt zwar von 8000 auf etwa 12.000 Exemplare verkaufte Auflage pro Ausgabe gesteigert, was aber immer noch nur knapp kostendeckend war.

Dem Besucher aus Dänemark fiel noch mehr auf. „An einer Tür hängt das aussagekräftigste Plakat: ,Geschäftszimmer der Sturmtruppen.‘ Es kann einem friedlichen Skandinavier kalt über den Rücken laufen.“ Das anschließende Gespräch ergab offenbar nicht mehr viel Bemerkenswertes.

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