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Meinung Die Linke

Wagenknecht hatte recht – niemand will eine zweite grüne Partei

Politischer Korrespondent
Sahra Wagenknecht Sahra Wagenknecht
Sahra Wagenknecht feierte am Sonntag ihren Wahlerfolg
Quelle: dpa/Bernd von Jutrczenka
Die Europawahl zeigt: Mit ihrer Anbiederung an das Aktivistenmilieu hat die Linkspartei ihre alten Wähler endgültig vergrault. Für einen Richtungswechsel ist es jetzt aber zu spät. Die neue linke Kraft in Deutschland ist das Bündnis Sahra Wagenknecht.
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Wieso sprechen Konservative von der Linken immer noch als „SED-Nachfolgepartei“? Mit der alten PDS hat die heutige Partei kaum noch etwas zu tun. Statt lokal verwurzelter Ost-Realpolitiker geben längst Aktivisten aus West-Milieus den Ton an, die sich für Klimaschutz, den Kampf gegen Rechts (oder das, was sie dafür halten) und offene Grenzen einsetzen – und denen die sozialen und wirtschaftlichen Interessen der entvölkerten und vom Wohlstand abgehängten Regionen des Ostens vergleichsweise unwichtig sind.

Niemand verkörpert diesen Wandel mehr als die Co-Spitzenkandidatin der Linken für die Europawahl. Die Klima- und Migrationsaktivistin Carola Rackete war nicht einmal in die Partei eingetreten, und in Brüssel will sie sich offenkundig eher als Bewegungs-Vertreterin engagieren denn als Parlamentarierin.

Dass die Parteiführung um Martin Schirdewan ausgerechnet sie als Zugpferd für den Europa-Wahlkampf einspannte, zeigt, wie orientierungslos das Karl-Liebknecht-Haus agiert. Einerseits kann die Nominierung nur als Stinkefinger gegen die traditionelle Wählerschaft im Osten gewertet werden, die mit offenen Grenzen und Klimaaktivismus wenig anfangen kann.

Andererseits zeigt die Personalie Carola Rackete aber auch, wie wenig sich die Linkspartei noch selbst wert ist. Um ein paar Schlagzeilen mit der bekannten Überraschungskandidatin abzugrasen, lieferte die Partei sich komplett den Launen einer überforderten Politiknovizin aus, die vor dem Nominierungsparteitag der Linkspartei erst einmal Tipps für einen neuen Namen gab und Vorwürfe zur vermeintlich unzureichenden Aufarbeitung der SED-Vergangenheit machte.

Gelohnt hat es sich nicht. Die Linke holte am Sonntag bei der Europawahl lächerliche 2,7 Prozent der Stimmen. Die Partei versinkt in der Bedeutungslosigkeit. Ein Abstieg, der sich schon seit Jahren an einzelnen Personen festmachen lässt.

Zum Beispiel an Clara Bünger. Als Tochter von West-Zugezogenen im sächsischen Freiberg aufgewachsen, verdrängte die Flüchtlingssaktivistin die Gewerkschafterin Sabine Zimmermann von der Landesliste für die Bundestagswahl 2021.

In einem Interview wurde Bünger damals gefragt, was sie für die Wähler im Erzgebirge, einer Region mit sozioökonomischen Problemen, in der die AfD Volkspartei-verdächtige Wahlergebnisse holt, erreichen wolle? Sie antwortete mit einer gelangweilt vorgetragenen Forderung nach einer Lohnangleichung zwischen Ost und West, um dann zu ihrem eigentlichen Thema zu kommen: Man dürfe nicht (Flüchtlings)Familien bei „Nacht und Nebel abschieben“.

Ihre erste Rede im Bundestag wolle sie zur „Militarisierung“ der EU-Grenzsicherungsagentur Frontex und zur „Entrechtung Schutzsuchender an der EU-Außengrenze“ halten. Erst vor kurzem bekräftigte Bünger in einem Interview, dass sie prinzipiell gegen Abschiebungen sei – künftige Messerattentäter wird es freuen. Wie kam diese Profilierung wohl bei den Wählern an?

Die Loser geben den Ton an

Magere acht Prozent der Wähler gaben Bünger ihre Erststimme. Ihre Vorgänger holten teils mehr als 20 Prozent. Die Linkspartei schnitt insgesamt so schlecht ab, dass Bünger es nicht einmal über die Landesliste in den Bundestag schaffte. Dorthin rückte sie nur nach, weil die ehemalige Parteivorsitzende Katja Kipping Sozialsenatorin in Berlin wurde.

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Man sollte meinen, dass eine derart erfolglose Politikerin erst einmal einen Platz auf den hinteren Bänken einnehmen würde. Stattdessen wollte Bünger im Februar sogar Vorsitzende der Linken-Gruppe im Bundestag werden und scheiterte nur knapp.

Dabei ist die Partei dort überhaupt nur noch vertreten, weil die Ost-Veteranen Gregor Gysi, Sören Pellmann und Gesine Lötzsch bei der Bundestagswahl 2021 jeweils Direktmandate holten und somit die Sperrklausel von fünf Prozent umgingen, die die Linkspartei nicht überwinden konnte. Die alten Ossis holen die Mandate, und die Aktivisten, die die Wähler verprellen, geben den inhaltlichen Ton an. Natürlich war Bünger auch eine wichtige Befürworterin der Rackete-Nominierung.

Bei den Europawahlen am Sonntag hat die einstige Volkspartei im Osten für ihren Kurs die Quittung bekommen. Nur in Thüringen und Berlin konnte die Linke mehr als fünf Prozent der Stimmen holen. Das Ergebnis ist eine Katastrophe für die Linke.

Sabine Zimmermann ist mittlerweile in der Partei von Sahra Wagenknecht aktiv, die Anfang des Jahres nach ihrem Abgang aus der Linken ihre eigene Partei gründete. Jahrelang machte der vermeintlich progressive Linken-Flügel Wagenknecht für die schlechten Wahlergebnisse verantwortlich – weil sie zu Recht darauf hinwies, dass die Linke zu woke geworden sei. Sie warb für eine realistischere Migrationspolitik und wollte allgemein eher Angebote an traditionalistische Wähler machen, statt großstädtische Weltverbesserer für die Partei zu gewinnen. Mit diesen Haltungen würde Wagenknecht Wähler verschrecken, hieß es.

Aber wer war tatsächlich wem ein Klotz am Bein? Wagenknecht der Linkspartei oder andersrum? Nun, am Sonntag holte Wagenknecht mit ihrer neuen Partei mehr als sechs Prozent der Wählerstimmen und damit ein mehr als doppelt so gutes Wahlergebnis wie die Linke.

In allen ostdeutschen Bundesländern außer Berlin verzeichnete das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) bei der Europawahl zweistellige Ergebnisse, obwohl die Partei erst seit einem halben Jahr existiert. Die neue linke Kraft und die neue Ost-Partei in Deutschland ist das BSW – weil die Linkspartei sich dazu entschieden hat, zur Aktivisten-Klitsche zu verkommen.

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Wählerwanderungen zeigen, dass 470.000 ehemalige Linkspartei-Wähler zum BSW übergelaufen sind – und dass diese Wähler genau so deutlich für soziale Politik sind wie für eine restriktivere Immigrationspolitik und gegen weitere Waffenlieferungen an die Ukraine. Wagenknecht hat Recht behalten. Die Wähler wollen keine Grünen 2.0.

Selbst wenn diese Erkenntnis bei den Entscheidungsträgern der Linkspartei einsickern würde – eine Kurskorrektur ist (vor allem mit dem aktuellen Personal) nur noch schwer möglich. Würde man in gesellschaftspolitischen Fragen weiter in die Mitte rücken, käme das dem Eingeständnis gleich, dass Wagenknecht mit ihrer Kritik an der Ausrichtung ihrer Ex-Partei recht hatte. Diesen Gesichtsverlust kann sich die Linken-Führung nicht leisten.

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