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Meinung Diktaturen und Nacktheit

Was die Nazis und die DDR so an der FKK schätzten

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"Man sollte die Abwesenheit von Scham ebenso wenig mit Freiheit verwechseln wie die Abwesenheit von Moral", schreibt Alan Posener "Man sollte die Abwesenheit von Scham ebenso wenig mit Freiheit verwechseln wie die Abwesenheit von Moral", schreibt Alan Posener
"Man sollte die Abwesenheit von Scham ebenso wenig mit Freiheit verwechseln wie die Abwesenheit von Moral", schreibt Alan Posener
Quelle: picture alliance / imageBROKER/Michael Nitzschke, Claudius Pflug
In ostalgisch gefärbten Sendungen hört man, FKK sei in der DDR Ausdruck einer gewissen Opposition gewesen. Doch zur Massenmode wurde das Nacktbaden erst, als es offiziell geduldet und sogar gefördert wurde - und das nicht nur aus medizinischen Gründen.

Was taten Eva und Adam als Erstes, nachdem sie vom Baum der Erkenntnis gegessen hatten? Sie bedeckten ihre Nacktheit. Auch wer die Bibel nicht für die Quelle letzter Wahrheit hält, muss erkennen: Seit jeher besteht ein Zusammenhang zwischen Scham und Moral. Der Mensch ist das einzige Tier, das seine Blöße bedeckt, und das einzige Tier, das eine Moral besitzt.

Seit jeher – genauer: seit dem Ende des 19. Jahrhunderts – war darum die „Freikörperkultur“ (FKK) mit der Ablehnung einer als repressiv empfundenen „bürgerlichen“ Moral verbunden. Es verwundert also nicht, dass die aggressiv antibürgerlichen Bewegungen des Nationalsozialismus und Kommunismus auch gegenüber der FKK aufgeschlossen waren. (Was könnte einer totalitären Regierung auch mehr gefallen als der Anblick ihrer nackten und damit wehrlosen Untertanen?)

Im Führerstaat gab es einen „Bund für Leibeszucht“, der durch FKK zur „rassischen, gesundheitlichen und sittlichen Hebung der Volkskraft“ beitragen wollte. Das in der Weimarer Republik gültige Verbot des Nacktbadens – es gab Ausnahmen, etwa auf Sylt – wurde von den Nazis am 10. Juli 1942 per Reichsverordnung aufgehoben.

In der DDR blieb das Nacktbaden erlaubt, jedoch verhielt sich die Führung zwiespältig gegenüber der „Kamerun“-Szene, wie sich die FKK-Bewegung nannte. (An der Nordsee sprach man von „Abessinien“. In beiden Bezeichnungen kam der antizivilisatorische Reflex zum Ausdruck.) Nachdem, wie der „Spiegel“ berichtete, in Bansin „zwei Mädchen von 16 und 17 Jahren von Nudisten entkleidet, an Bäume gebunden und beleidigt worden“ seien, wurde „Kamerun an der Ostsee“ 1954 vorübergehend verboten.

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In ostalgisch gefärbten Sendungen hört man heute, FKK sei in der DDR Ausdruck einer gewissen Opposition gewesen. Das mag zu „Kamerun“-Zeiten gegolten haben, doch wurde FKK erst zur Massenmode, als sie offiziell geduldet, sogar aus medizinischen und moralischen Gründen gefördert wurde. (Sonnenlicht ist gesund, oder war es mal, und nichts wirkt sexuell abtörnender als der Anblick einer Masse nackter Menschen.) Auch die SED sah ihre Untertanen lieber nackt am Ostseestrand als demonstrationsgerecht gekleidet auf dem Leipziger Ring.

Wer nackt baden will, soll es tun dürfen, klar. Nur sollte man die Abwesenheit von Scham ebenso wenig mit Freiheit verwechseln wie die Abwesenheit von Moral. Adam und Eva wurden durch das Essen der verbotenen Frucht ja erst frei.

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