Nach zwei Jahren Beziehung, bei einem Spaziergang auf ihrer Lieblingswiese, fiel er auf die Knie und zückte einen Diamantring. Anna Lessing sagte sofort ja. Jan Müller war der Mann, der alles richtig machte, was ihre Exfreunde falsch gemacht hatten. Lessing und Müller lernten beide zielstrebig für ihr Jura-Examen und hatten die gleiche Vision für ihre Zukunft: zwei Kinder, gute Jobs und ein Haus mit Garten. Die Verlobung war der Höhepunkt ihrer Beziehung. Aber danach ging es mit ihr und Jan Müller nur noch bergab.

Kurz nach der Hochzeit wurde Anna Lessing schwanger. "Ich habe mir so gewünscht, dass er das so macht wie andere Papas: den Bauch streichelt und die Dehnungssteifen eincremt", sagt Lessing heute. Doch das tat er nicht. Stattdessen arbeitete er nur noch, war zu Hause genervt und nahm sich später keine Zeit, um mit den Kindern zu spielen oder für einen Familienurlaub. Körperliche Zärtlichkeiten gab es kaum noch. Sein Interesse an ihr, den Kindern und der gemeinsamen Vision fing an zu bröckeln. Anfangs sei das eine friedliche Koexistenz gewesen, sagt Lessing. Aber dann schrien sie sich immer häufiger an. Sie dachte vermehrt über Trennung nach. Doch dann kamen ihr die Kinder in den Kopf. Das gemeinsame Haus. Und die Hoffnung, dass alles besser werden würde. Sie versuchte, mit Müller darüber zu sprechen, las vor dem Schlafengehen Bücher mit Titeln wie: Zurück auf Wolke Sieben oder 100 Fragen, die Ihre Beziehung retten. Doch all das half nicht.