Dieser Artikel ist Teil von ZEIT am Wochenende, Ausgabe 34/2022.

Aus der Ferne sieht die Startlinie aus wie ein Renaissancegemälde: ein Knäuel nackter Haut im Sonnenschein. Männer, Frauen, Kinder, eng beieinander, nackte Beine, Brüste, Hintern. Aus der Nähe sieht man die Laufschuhe, ein paar haben Sportbrillen aufgesetzt, Muskeltapes angeklebt oder Pulsmesser umgeschnallt, die Startnummern haben sie direkt auf die Haut geschrieben. Mittendrin Benjamin Raude, groß, dunkelblond, auf seiner nackten Brust leuchtet die 704 in Neongelb. Der 45-Jährige dehnt seine Arme, wippt vor und zurück. Kies knirscht unter den Sohlen. Er besteht darauf, geduzt zu werden: "Wäre doch seltsam, einen Nackten zu siezen, oder?" Noch ein paar Minuten bis zum Startschuss.