Neulich habe ich den Popstar Billie Eilish getroffen. Sie war kurz in Berlin, nicht, um zu singen, nur um rund 100 Anhängern (und ein paar Journalisten) bei einem Fan-Event in einem Nachtclub Guten Tag zu sagen. Das Ganze hatte etwas von einer Veranstaltung in einem Jugendzentrum. Es gab alkoholfreie Drinks, und am Rand eines Podests saßen die Fans, viele unter 18, mit baumelnden Beinen und warteten auf ihr Idol, die Beyoncé ihrer Generation. Nur dass die 22-jährige Billie ganz anders als Beyoncé ist. Sie betrat die Bühne mit Brille und Schlabberoutfit. Die Moderatorin des Bühnengesprächs trug rote Pumps und wirkte auch sonst etwas lehrerinnenhaft, zumindest neben Billie, die im Schneidersitz auf einem Hocker saß und ständig auf außerplanmäßige Fragen aus dem Publikum reagierte. Die Fans waren wie Billie in XL-Kleidung angezogen; ein Mädchen trug ein Basketballtrikot und eine regenbogenfarbene Federboa. Billie erzählte, wie sie mit 15 in Berlin gastierte, damals als Newcomerin. "Ich vermisse, wie das hier damals noch unser Geheimnis war", sagte sie. "Wir vermissen das auch!"-Rufe zurück. Billie, sich krümmend: "Leute, ich hab solche Krämpfe." Unvorstellbar, dass eine Beyoncé von Bauchschmerzen erzählt, oder? Beyoncé-Fans suchen aber auch etwas anderes, eine Königin, die sie ins Licht führt. Die Billie-Fans wirkten, als suchten sie jemanden, der mit ihnen unter der Tischtennisplatte hockt.

Ich war nie ein Superfan von irgendwem, auch nicht als Teenager. Ich mochte bestimmte Musik, aber die Menschen dahinter waren mir fremd; ich himmelte eher meine ein Jahr ältere Nachbarin an. Die Popstars von damals, etwa Britney Spears, strahlten zudem eine abgeklärte Sexyness aus, mit der ich mich als Spätzünderin nicht identifizieren konnte. Als ich nun Billie und ihre Anhänger sah, wie sie da zusammensaßen, die Misfits mit ihrer Verbündeten, war ich plötzlich gerührt. Sie wirkten weniger wie Fans und Idol, eher wie Menschen, die sich im Strudel des Erwachsenwerdens aneinander festhalten. Lange habe sie geglaubt, sie werde ewig ein Teenager sein, sagte Billie. Mir fiel ein, dass ich das mit 15 auch gedacht und wie einsam ich mich damit gefühlt hatte. Habt ihr ein Glück, dachte ich, als ich die Fünfzehnjährigen im Raum betrachtete, aber das schienen die längst zu wissen.