Das von der EU-Kommission geplante Embargo für russisches Öl kann nach Einschätzung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) im Osten Deutschlands und im Großraum Berlin zeitweise zu einer Benzinknappheit führen. "Es ist nicht auszuschließen, das muss ich leider sagen, dass es tatsächlich zu Knappheiten kommt", sagte Habeck in der Sendung RTL Direkt.

Grund sei, dass diese Landesteile von einer Großraffinerie im brandenburgischen Schwedt versorgt würden, die ausschließlich russisches Öl verarbeiteten. Es könne passieren, dass "für eine begrenzte Zeit zu wenig Öl und damit zu wenig Benzin verfügbar ist", sagte Habeck. Es werde jedoch an Lösungen gearbeitet.

Die Raffinerie PCK in Schwedt ist der wichtigste Lieferant für Mineralölerzeugnisse für Berlin und Brandenburg. Neun von zehn Autos fahren dort mit Benzin aus Schwedt. Wenn die Raffinerie den Betrieb einstellen würde, kann es dagegen an den Tankstellen kein Benzin mehr geben. Auch der Berliner Flughafen könnte beeinträchtigt werden.

Mehrheitseigentümer der Raffinerie ist der russische Staatskonzern Rosneft. Das bei PCK verarbeitete Rohöl wird über die Ölpipeline Druschba aus Russland angeliefert. Die EU-Kommission hat den Mitgliedsstaaten wegen des Ukraine-Kriegs einen schrittweisen Importstopp für Rohöl und Ölprodukte aus Russland bis zum Jahresende vorgeschlagen.

Habeck verweist auf Erdgas als Stütze

Zugleich warnte Habeck Umweltverbände davor, gegen ein geplantes Importterminal für Flüssiggas (LNG) in Schleswig-Holstein zu klagen. "Sollten wir die LNG-Terminals nicht haben und sollte das Gas nicht aus Russland kommen, ist die Versorgungssicherheit in Deutschland nicht gewährleistet", sagte Habeck. Deutschland habe auf dem Weltmarkt vier Schiffe gekauft, auf denen flüssiges Gas in Gas verwandelt werde. Zwei davon seien im Dezember verfügbar. "Hätten wir sie nicht, wären wir wirklich noch wehrloser in dieser Situation."

Die Deutsche Umwelthilfe hat Ende April einen Gesetzesentwurf der Regierung in Schleswig-Holstein kritisiert, mit dem das Tempo beim Bau eines LNG-Terminals erhöht werden soll. Die geplanten Änderungen sind nach Ansicht der Umweltschützer "klimapolitisch verheerend und verfassungsrechtlich zweifelhaft".