ZEIT: Sie haben vorgeschlagen, künftig auch Flüchtlinge aus dem Ostblock, vor allem aus Polen, wieder in ihre Heimatländer zurückzuschicken, wenn sie nicht nachweisen können, daß sie zu Hause politisch verfolgt wurden.
Tagelang behaupteten die in Rettungsbooten vor der Küste Neufundlands geborgenen Tamilen, sie seien aus ihrer Heimat Sri Lanka erst nach Südindien und dann auf das Schiff geflohen, das sie in den Nordatlantik gebracht hatte.
„Die Tatsache, daß in diesem Jahr wohl an die 100 000 Asylbewerber in unser Land strömen, von denen nur sehr wenige politisch verfolgt sind, hängt mit einer Asylpraxis zusammen, die alles in den Schatten stellt, was andere demokratische Länder für möglich halten.
Von Fdp-Vorsitzender, zu den Csu-Angriffen auf seine Partei
Das Verständnis für die politische Situation unserer Stadt ist nicht weit verbreitet, Nachhilfe in Sachen Berlin ist angebracht", meint der Berliner Innensenator Wilhelm Kewenig.
Deutschland im Sommer 1986: Ein geteiltes Land macht sich häßlich. Und es ist schwer zu sagen, ob die kommunistische Diktatur im Osten oder die freiheitliche Demokratie im Westen mehr dazu beiträgt, das Bild der Deutschen zu verfinstern.
Zu der Zeit, da der junge Bertolt Brecht noch in seiner Geburtsstadt Augsburg lebte, war der riesige Backsteinbau im Vorort Göggingen ganz bestimmt noch gut in Schuß.
Bundesinnenminister Zimmermann klagt über eine wachsende Zahl von Asylbewerbern in der Bundesrepublik. In vergangenen Jahren reiste ein großer Teil der um Asyl ersuchenden Flüchtlinge über West-Berlin ein.
In dicken roten Lettern prangt eine Parole an der Tafel: "ZAST wie Knast" Darunter, auf einer schäbigen Decke, hockt ein fast weißhaariger Iraner, 46 Jahre alt.
Eine Irrfahrt ohne Ende ist das Schicksal von Nigiste Twelde aus Eritrea, seit sie mit ihren drei Kindern aus der von Bürgerkrieg und Hungersnot heimgesuchten äthiopischen Provinz nach Baden kam.
Rote-Kreuz-Heim in der Spandauer Streitstraße. Von der vielberedeten "Asylantenschwemme" ist hier nicht viel zu sehen. In dem ehemaligen 700-Betten-Hospital sind 200 Asylbewerber untergebracht: 62 Tamilen aus Sri Lanka (Ceylon), die übrigen sind Perser.
Ein Gespräch zwischen Wlodzimierz Nechamkis, dem Mitherausgeber der polnischen Exilzeitschrift "Archipelag" und dem Schriftsteller Jürgen Fuchs, der 1977 die DDR verlassen mußte; beide leben in West-Berlin.
Manchmal wird der Bock zum Gärtner. Wer einen erklärten Befürworter der Todesstrafe zum Vertreter seines Staates bei der Genfer UN-Menschenrechtskommission macht, braucht für den Spott nicht zu sorgen – wie Außenminister Hans-Dietrich Genscher, der im Februar dieses Jahres den 71jährigen Politpensionär und einstigen Bundesjustizminister Richard Jaeger (CSU) zum Leiter der Bonner Delegation ernannte.
In Berlin Kreuzberg wartet der türkische Schriftsteller Jusuf Ziya Bahadinli auf ein Wunder. Abgeschoben soll er werden, weil er sich über ein Jahr lang illegal in der Stadt aufgehalten hat.
Wer es nicht besser weiß, könnte geneigt sein, die Freien Demokraten für ein Häuflein politischer Masochisten zu halten. Just in der Woche, in der sie dem Koalitionspartner CDU/CSU das geplante Amnestiegesetz für Parteispenden-Sünder verweigerten, legten sie ihrerseits einen Gesetzentwurf vor, in dem neuer Streit mit der Union geradezu programmiert ist: Die FDP will sicherstellen, daß kein Asylbewerber vor dem rechtskräftigen Abschluß des Anerkennungsverfahrens an seinen Heimatstaat ausgeliefert werden darf, auch nicht, wenn ihm dort Mord oder Totschlag zum Vorwurf gemacht wird.
Früher einmal wurden Flüchtlinge aus dem Ostblock in der Bunndesrepublik als gern gesehene Einwanderer begrüßt. Das war die Zeit der heißen Konjunktur und des Kalten Krieges, als jede Arbeitskraft gebraucht wurde und jeder Flüchtling aus dem Osten einen willkommenen Beweis für die Unnvollkommenheit des kommunistischen Regimes darstellte.
Gerti Graff ist 55 Jahre alt, freundlich, aber resolut, Studienrätin und Kirchenälteste im Gemeinderat der evangelischen Jesus-Christus-Kirche – eine wohlsituierte Bürgerin also aus dem renommierten Berliner Stadtteil Dahlem.
"Wenn ein Fremdling bei euch wohnt in eurem Lande, den sollt ihr nicht bedrücken. Er soll bei euch wohnen wie ein Einheimischer unter euch, und du sollst ihn lieben wie dich selbst.
Den vernünftigsten Satz nach dem Tod von sechs Ausländern in einer brennenden Haftzelle sprach der SPD-Abgeordnete Momper. Er kritisierte zwar die katastrophale Unterbringungs- und Personalsituation in der Abschiebehaft, aber er warnte zugleich vor voreiligen Schuldzuweisungen.
Der Besucher lernt Konstanz meist als idyllisches Ferienparadies am Bodensee kennen. Für die rund neunzig Asylbewerber syrisch-orthodoxen Glaubens, die hier teilweise seit zwei Jahren in der zur Sammelunterkunft umfunktionierten Jägerkaserne in Konstanz leben, ist die Idylle längst dahin.
Drei Tage nach dem Todessturz des 23jährigen türkischen Asylbewerbers Kemal Altun aus dem sechsten Stock des Berliner Verwaltungsgerichts fand in Hamburg die Jahreskonferenz der Innenminister von Bund und Ländern statt.
Die letzten Bilder, die Cemal Kemal Altun aus seinem Asylantenleben in Berlin mitgenommen hat, waren die vielen Autos auf dem großen Parkplatz hinter dem Verwaltungsgericht, rechts daneben die Rückfront vom "Theater des Westens" und links davon die Bahngleise vom Bahnhof Zoo.
Die Frage klingt unverständlich, fünfzig Jahre nach der "Machtergreifung"; jeder Demokrat wird sie empört von sich weisen: Wenn nicht die Asyl erhalten, wer denn dann? Doch die Antwort versteht sich leider nicht von selbst, wie die Haltung des Zirndorfer Bundesamtes für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge im Falle eines polnischen Asylbewerbers belegt.
Selbst Lob trifft einen Übersetzer manchmal hart. "In seiner charakterlosen Kunstfertigkeit kann er sich dem fremden Geist ganz liebevoll und treu anschmiegen" – solch Vorurteil war schon von Heine sehr vernichtend.
Zu einem Zeitpunkt, da jede Haushaltsmark dreimal umgedreht wird, leistete sich der Berliner Senat in einem teuren Umzugsspiel mit Studenten und Asylbewerbern ein unrühmliches Beispiel von Fehlplanung: Studenten der Hochschule der Künste ließ er aus dem bisher benutzten Gebäude aus- und in private Räume einziehen, die zu diesem Zweck teuer angemietet und extra hergerichtet werden mußten; statt der Studenten wies der Senat Asylbewerber in das Hochschulgebäude ein, das allerdings mit etwa einer halben Million Mark ebenfalls erst umgebaut werden mußte.
Der 13. Senat des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg hat mit Beschluß vom 27. Mai 1982 (A 13 S 641/81) die Klage eines Türken, Angehöriger der kurdischen, marxistischen Untergrundorganisation KAWA, auf Anerkennung als politisch Verfolgter abgelehnt.
Ein Gespenst geht um in der Bundesrepublik: die Furcht vor Überfremdung und Überfüllung. Mit einem Mal reden alle davon, wir könnten von den ausländischen Gastarbeitern und ihren Familien, von falschen – und wohl auch von echten – Asylbewerbern überschwemmt und im eigenen Lande erdrückt werden.
Fast wäre Bundesfinanzminister Hans Matthöfer im Sommer vergangenen Jahres ins Schwärmen geraten, als ihn sein Weg an der Tübinger Thiepval-Kaserne vorbeiführte.
Die Priener am schönen Chiemsee vollen sauber bleiben: Asylbewerber kommen ihnen nicht in den Kurort. Dabei hatte die Bezirksregierung rassistischen Ressentiments und der Angst um die Moral schon Rechnung getragen, als sie beschloß, nicht etwa asiatische Flüchtlinge oder alleinstehende Männer ins leerstehende Hotel "Chiemsee" zu setzen, sondern brave polnische Familien.
Uhlenhorst ist eine feine Adresse. Die Mieten für die schönen Villen und begehrten Altbauwohnungen können nur die besserverdienenden Hamburger bezahlen.
Zuerst gab es kaum Probleme: Als Halil Ibrahim Engin voriges Jahr im Mai aus der Türkei in die Bundesrepublik gereist, war, bat er gleich am ersten Tage das Ausländeramt in Rottenburg um eine Arbeitserlaubnis und die Anerkennung als Asylant.
Sonntag vergangener Woche: Bombenanschlag auf äthiopische Asylbewerber in Lörrach; zwei Frauen verletzt. Fünf Tage später: Ein Mann bedroht die Insassen eines Ausländerwohnheims in Lahr mit einer Gaspistole.
Seit der Frankfurter Oberbürgermeister Walter Wallmann in der vergangenen Woche anordnete, keine Asylbewerber mehr in der Stadt aufzunehmen, kann er sich vor Anrufen dankbarer Bürger kaum noch retten.
Der Wettlauf mit der Union um die Verschärfung des geltenden Asylverfahrens, um der Flut vor allem sogenannter "Wirtschaftsflüchtlinge" zu wehren, war in der vergangenen Woche durch einen anderen Wettlauf gestoppt worden: dem, wer in der Koalition wohl der liberalere sei.
Der Sohn des Feldmarschalls, sonst eher liberal und leutselig, gab sich militärisch: "Ich nehme das alles nicht als ein gottgewolltes Schicksal hin, daß man auf staatlicher Ebene untätig bleibt und die brave Fronttruppe, die Kommune, ausbaden soll, was oben alles verbrochen wird.
Sie kommen mit Interflug-Maschinen aus Damaskus oder auch mit KLM aus Holland auf dem Ost-Berliner Flughafen Schönefeld an. Ein Zettel in ihrer Landessprache weist ihnen den rechten Weg: mit dem Flughafenbus direkt nach West-Berlin oder mit der S-Bahn über den Bahnhof Friedrichstraße.
Karl Moersch, Parlamentarischer Staatssek-, retär im Auswärtigen Amt, erregte Unwillen beim Koalitionspartner SPD: Seine Erklärung, daß Bonn weder "Berufsrevolutionäre" noch politische Kriminelle aus Chile aufnehmen wolle, schien einigen Genossen jener Solidarität zu widersprechen, die der SPD-Parteivorstand den Opfern der Militärjunta zugesichert hatte.